Armins-Nach-richten

scharfsinnig - unsinnig - kurzweilig

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Rund um den Kaiserstuhl.

Dreihundertundvierundsechzig Meter hoch ist der aus roten Ziegeln gemauerte Schornstein eines Kohlekraftwerkes in Slowenien! Warum sage ich euch das? Ganz einfach, ich musste mir es auch anhören. Geteiltes Leid ist nun mal halbes Leid! Doch lasst mich von vorn beginnen.

Es war alles gerichtet für die erste gemeinsame Radtour als Rentner-Ehepaar. Zwei Tage Kaiserstuhl: Zum, Drumherum und zurück. Ordentlich wie ich nun mal bin, stand ein letzter technischer Check auf der To Do Liste. Die Satteltaschen waren gepackt, Kartenmaterial griffbereit, vollgetankt und Kette geölt, Lichtlein leuchten lassen (Obwohl keine Nachtetappe geplant war. Aber man weiß ja nie!), Probeklingeln und Luft aufpumpen. Das Schicksal nahm seinen Lauf, als das Ventil am Damenrad vorn die Luft nicht mehr halten konnte. Unter Ausstoßen von Verwünschungen, die nicht kinderzimmertauglich waren und auf eine nachlässige Erziehung schließen ließen, schob ich das Rad zum ortsansässigen Fahrradladen. In der Hoffnung passendes Schlauchwerk erwerben zu können. Der Besitzer, ein ausgewiesener Zweiradgeselle, eine Seele von Mensch, aber eben auch der Erfinder der Slowmotion. Da hätte ich aber großes Glück, dass ich ihn anträfe, er sei gestern erst aus Slowenien zurückgekommen. Und eigentlich physisch und psychisch noch nicht in der Verfassung seinem Handwerk nachzugehen. Als quasi Nachbar, und durch die Kenntnis unseres Reiseplanes bot er augenblicklich seine handwerklichen Fähigkeiten an. Das Damenrad und ich arbeiteten uns schon mal in die Werkstatt vor. Ein schier unglaubliches Arsenal an Schrauben und Muttern, Bremszügen und Lampen, verrosteten Pedalen und Gepäckträgern, Felgen mit Achtern und Ketten, Ketten, Ketten und noch einmal Ketten. Ich fasste sofort großes Vertrauen in den Zweiradgesellen meiner Wahl. Nach Sichtung des Malheurs begann er mit einem ausführlichen Reisebericht aus Slowenien. Wohin, warum, wie lange, Fahrtzeit, Freundlichkeit der Eingeborenen, Höhen von Schornsteinen eines Kohlekraftwerkes etc.. Nur ein flüchtiger Blick auf die Uhr spornte ihn an, sich im Laden, der eine Ewigkeit von der Werkstatt entfernt, vorne an der Hauptstraße lag, um sich nach einem passenden Schlauch mit intaktem Ventil umzuschauen. Nach der glücklichen Rückkehr genehmigte er sich erst einmal eine wohlverdiente Beruhigungszigarette, eher er sich intensiv dem Vorderrad widmete. Flugs war der Reifen von der Felge, der defekte Schlauch entfernt, des Übels Kern ausführlich begutachtet und unter Kopfschütteln in eine Kiste geworfen, in der haufenweise defekte Schläuche ein schlauchunwürdiges Dasein fristeten. Staub wirbelte auf. Nachdem die Sicht wieder frei war, folgte der fachgerechte Einbau des neuen Reifens. In wenigen Minuten war auch der Kompressor hochgefahren. Unter Schnaufen und Stöhnen, aber mit dem erforderlichen Druck wurde der Pneu unerwartet schnell in Fahrbereitschaft versetzt. Irgendwie hielt das Ergebnis dem prüfenden Blick des munteren Gesellen jedoch nicht stand. Bis zu drei Mal wiederholte sich die Prozedur, so dass ich allein vom Zuschauen eine Zweirad-Gesellenprüfung mit Summa Cum Laude hätte abschließen können.

Mit Entsetzen nahm der Reparateur die porösen Stellen des Mantels wahr. Seine Ehre als erfahrener Handwerker ließ es nicht zu, uns mit einem porösen Mantel zur Kaiserstuhlumrundung zu entlassen. Es war Gottes Fügung, dass er ein passendes Exemplar im Laden aus einem Regal aus der Jahrhundertwende kramte. Nach einer obligatorischen Beruhigungszigarette waren der poröse Mantel entsorgt, der neue montiert, die Luft eingeschnauft und der Prüfblick abgeschlossen. Mir blieb verborgen, was ihn zu einem erneuten Anlauf des gesamten Montagevorganges bewegte. Auch dann noch, als sich der Vorgang mehrere Male wiederholte. Ich beschloss nicht nach dem Grund zu fragen, da die gutgemeinten Erklärungen das jähe Ende unseres Planes bedeutet hätten. Irgendwie und irgendwann war das Werk vollbracht. Nur noch rasch das Vorderrad noch einmal ausbauen, die Profilrichtung entsprach nicht der Fahrtrichtung. Oder so. Als absoluter Fachmann für Zweiradtechnik und gemauerten Ziegelschornsteinen von slowenischen Kohlekraftwerken trat ich schließlich den Heimweg an. Ich wäre mittlerweile um eine ganze Schachtel Beruhigungszigaretten froh gewesen. Der Nichtraucher in mir siegte allerdings.

Meine Radelpartnerin und Ehefrau erwartete mich sehnsüchtig, abfahrbereit auf dem Hof. Die Satteltaschen waren im Handumdrehen angebracht. Es konnte losgehen. Es ist müßig zu erwähnen, dass mir die Rolle als Sherpa zufiel. Entgegen der Fliessrichtung des Rheins radelten wir, bei strahlendem Sonnenschein gen Kaiserstuhl. Ich hatte ausreichend Zeit von dem Werkstattaufenthalt zu berichten und die Höhe des gemauerten Ziegelschornsteins eines slowenischen Kohlekraftwerkes exakt verbal zu beschreiben.

Nach ein paar unwesentlichen Umwegen steuerten wir schließlich unser erstes Etappenziel an: Die Eisbude in Königschaffhausen. Die Köstlichkeiten der geadelten Eismanufaktur versüßten uns den warmen Herbsttag zusätzlich. Unweit der Eisbude begaben wir uns auf den Kaiserstuhlradrundweg. Obwohl es ein normaler Werktag war, nutzten offensichtlich diverse Artgenossen den goldenen Herbsttag, um ebenfalls diese Tour zu genießen. Wie Albert Einstein dereinst die Formel (e=mc²) entwickelte, kann ich die Rechte für das folgende Forschungs-Ergebnis anmelden (>60=e+). Mit unseren durch pure Muskelkraft angetriebenen Velos bildeten wir eine geduldete Minderheit. Quasi Relikte aus einer vorgeschichtlichen, akkulosen Ära. Im Schatten eines knorrigen Apfelbaumes genehmigten wir uns ein paar liebevoll gerichtete Schnittchen. Zweites Etappenziel war Breisach. Mit dem Glück des Tüchtigen ergatterten wir im Nu einen freien Platz im Café Ihringer. Die beiden jungen Mädchen störten uns nicht. Sie hatten wichtige Probleme zu klären, etwa welche Schuhe zu dem neuen Kleidchen passen würden. Die sauer gespritzten Biere zischten erquicklich und die Sonne hatte bereits an Strahlkraft eingebüßt, neigte sich langsam in Richtung Horizont. Ohne Eile genossen wir die letzten Strahlen, bevor wir uns aufmachten die letzten sechs Kilometer zum Hotel in Angriff zu nehmen.

Frisch geduscht und mit der Rückkehr des Tatendranges eroberten wir die City von Ihringen. Die Suche nach einem guten Lokal entpuppte sich als nicht ganz so leicht. Montage wurden auch am Kaiserstuhl gerne als Ruhetage genutzt. Wir landeten schließlich in einem Weinlokal (welch Zufall in Ihringen!). Mit einem knackigen Salat, Hechtklößchen, Zander auf der Haut gebraten und auf Weinsauerkraut gebettet, dazu ein ordentlicher Riesling versöhnte uns mit den Erinnerungen an gemauerte Ziegelschornsteine von slowenischen Kohlekraftwerke. Der hochwohlverdiente Erholungsschlaf war nur von kurzer Dauer. Unser Zimmer lag zur Straßenseite. Es erinnerte uns leidvoll daran, dass es ja auch noch eine arbeitende Schicht der Bevölkerung gibt. Das Frühstücksbuffett war im Internet korrekt beschrieben: Reichhaltig.

Der zweite Teil der Route war eindeutig der schönere. Und so radelten wir zufrieden und gemütlich gen Riegel, und von da wieder in Richtung gelobtes Land. Ohne besondere Vorkommnisse erreichten wir wieder Haus und Hof. Nun stand uns nur noch ein Opfergang bevor: Die Reparatur des Damenrades musste noch beglichen werden, da ich ohne Geldbeutel die Tatkraft und den Schlauch mit intaktem Ventil des Zweiradgesellen heimsuchte. An eine derartige Erweiterung der Dienstleistung hatte ich in meinen kühnsten Visionen nicht träumen wollen. Besagter vertraute auf unsere Redlichkeit und stundete uns den Betrag bis zu unserer Rückkehr. Da ich die Geschichten um den gemauerten Ziegelschornstein eines slowenischen Kohlekraftwerkes schon live erlebt hatte, ließ ich gönnend und ganz Kavalier alter Schule meiner Frau den Vortritt, um die offene Rechnung zu begleichen. Leider fand sich offensichtlich keine Zeit für einen ausführlichen Erlebnisbericht. Sonst waren es zwei wundervolle Tage. Eine Neuauflage zur Kirsch- bzw. Apfelblüte wurde schon mal angedacht. Kommt Zeit, kommt Rad.

Ja Maika

Die Fleischtöpfe zum Greifen nah, da kann man schon mal die Pinsel klar machen, um die roten Linien zu übertünchen. Zuerst ganz großes Gezeter, brutalst mögliche Verhandlungen und spätestens wenn die Pöstchen paritätisch bzw. nach Proporz verteilt sind, ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Jeder, ich wiederhole: Jeder hat selbstverständlich seine Positionen in den Koalitionsvertrag eingebracht, dabei die roten Linien höchstens tangiert, aber keinesfalls übersprungen! Vielleicht ein wenig verschoben. Na gut, aus politischer Verantwortung. Zum Wohle des Volkes. Wie wahre Samariter zu unserem Wohl. Na dann Prost.

Warum heißen die „roten Linien“ eigentlich „rote Linie“? Sind doch die allseits bekannten, begrenzenden Linien generell in strahlendem Weiß! Auf unseren Straßen, auf Tennis- und Fußballplätzen, selbst auf Spiegeln oder Silbertabletts, bereit von gierigen Näschen aufgesogen zu werden. Aber in rot? Noch nicht einmal die Schamesröte treibt es den Partizipanten ins Antlitz!

Auch der Glanz früherer Abgeordneter ist verblasst. Was tummeln sich heute doch für Charaktere in den Gremien? Aus Jamaika wird das ganze Spektrum eines Regenbogens! Rollstuhlfahrer müssen wahrscheinlich Bankrotteuren weichen, Fremdväter schwören auf die heilige Bibel und sogar Volksvertreter mit frisch gepflanztem Fremdhaar bedienen sich am Kabinettstisch. Wenn man doch auch Hirn verpflanzen könnte! Ganz nebenbei: Und um noch einmal auf Jamaika zurückzukommen, die weißen Linien, die fürs Näschen, sind mir als allererstes eingefallen. Und dann Dreadlocks! Aber nein – das Kopfkino schalte ich jetzt mal schnell wieder aus. Stellt euch mal Mutti mit Dreadlocks vor. Oder Vollhorst. Oder Flintenuschi mit einem gehäkelten Mützchen in Koalitionsfarben über dem blonden Schutzhelm. Oder Kauder mit einem Tütchen im Mundwinkel. Alpträume werden mich verfolgen! Hoffentlich nicht die ganze Legislaturperiode. Bei dem einen oder anderen Mandatsträger könnte man ja schon meinen, dass Joints den Verstand vernebelt hätten. Als ob Jamaika schon vor den Verhandlungen zur Realität geworden wäre. Da schweben einige durch Raum und Zeit und haben jeden festen Boden unter den Füssen verloren. Peter Michael Tauber zum Beispiel. Und Toni Hofreiter hat sich schon beizeiten auf diese Koalition angepasst. Frisurmäßig jedenfalls. Sofern man hier von Frisur sprechen kann! Da ist mein besonderer Freund B.Scheuert schon perfekter zurechtgegelt. Glattes Haar passend zu aalglattem Auftreten.

Ich hör jetzt auf. Zu schreiben. Die Bilder im Kopf überschlagen sich nämlich. Man sieht sich.

 

 

Auf dem Hohlweg!

In einer bisher nie dagewesenen Besetzung haben wir uns auf den Hohlweg begeben. Es war Sonntag, nach dem Kirchgang, wenn den Gesangbüchern langsam Henkel wachsen, als das Motto hieß: „Auf die Plätze, fertig, Löss!“ Wenn jetzt ein Raunen durch die Leserschaft geht, dann mit Recht! Ich möchte die Unwissenden aber nicht länger auf die Folter spannen. Was will uns das obige Motto sagen? Ganz simpel, es handelt sich um die legendären Lösshohlrundwanderwege! Wer schon gemutmaßt hatte, bei der Überschrift handelt es sich um einen Schreibfehler, und es sollte „Holzweg“ heißen, der begab sich umgehend auf denselben! Löss ist ein ockergelbes, samtweiches und flaumleichtes Gestein, aus dem der Kaiserstuhl zum Großteil besteht. Dolomitenstaub, sagt man soll es sein. Sagt man. Wie auch immer, in diesen Gesteins-Formationen haben Wind und Wetter Hohlwege gefräst, die inmitten der Weinberge einfach so herumschluchten.

Durch eben diese Lösshohlrundwanderwege wandert man so dahin, bestaunt die Bewohner des samtweichen und flaumleichten Materials, und liest die Täfelchen am Rande, um zu wissen, was ihr jetzt auch wisst. Da die Lösshohlwege stetig ansteigen liest derjenige laut vor, der noch über ausreichend Puste verfügt, oder seine Lesebrille nicht vergessen hat. So wie ich. Dafür trug ich mein neues Schuhwerk! E-Wanderschuhe, die mich hermesgleich noch oben tragen. Die biodynamische Federung nutzt dabei die Energie des Drucks der Fusssohlen auf die stoß-absorbierenden Einlagen, um sie augenblicklich wieder dem Auftrieb zuzuführen. Oder so. Ähnlich einem Perpetuum Mobile, wobei optional noch der Fussschweiß über Wärmetauscher für Frischluft im Goretex-Geläuf sorgen soll. Bei mir muss die App für diese Funktion allerdings noch nicht aktiviert worden sein. Wie auch immer.

Auf jeden Fall startet man an der WG in Bickensohl, weil sich der Ortsname am besten auf Hohl reimt. Wenn man zur Linken auf die Gartenwirtschaft schaut sollte man keine allzu großen Erwartungen und Gelüste an die Rast nach der Rückkehr setzen. Wer nach einem kühlen, erfrischenden Bierchen schmachtet, gerne auch mit einem Schuss Mineralwasser versetzt, der mögen seine Erwartungen nicht allzu hoch hängen. Die schöne Gartenwirtschaft ist kein Biergarten, sondern ein Weingarten! Es war zum Weinen, denn unbefriedigter Durst kann die Laune schon ganz schön in die Knie zwingen. Gegenüber, auf der Terrasse des Rebstocks, gab es zwar Bierchen in allen Größen und Verdünnungsvarianten, allerdings war der Koch krank, und die Karte auf ein paar Hungerstiller reduziert, die das verbleibende Personal ohne zertifizierte Ausbildung zuzubereiten im Stande war. Die Atmosphäre der Terrasse glich dem Bahnhofsvorplatz in Castrop-Rauxel.

Etliche Informationsschilder weiter verließen wir die Hohlwege, die man jetzt hätte auch Höhenwege taufen können, und erhielt freie Blicke auf die bunte herbstliche Terrassen-Reblandschaft. Die freien Blicke auf die Terrassen-Reblandschaft wurde bei jeder, ich wiederhole: Jeder, Gelegenheit schamlos ausgenutzt. Mir zwang sich der Eindruck auf, dass es mehr freie Blicke als gewanderte Schritte sein mussten. Und jedes Mal brach die Wandergruppe in schieres Entzücken aus. Dabei änderte sich das Panorama nur in Nuancen, die Bewunderung aber blieb konstant auf dem hohen Level. Ich musste meine neuen E-Wanderschuhe bremsen, um nicht ohne mich davon zu stürmen. Bereits auf der Hälfte der Strecke wurden wir mit der Ausblickbewunderungs-Medaille in Silber ausgezeichnet. Jeder erhielt eine Plakette, die in Wanderstabform gebogen war, incl. zwei Mininägelchen aus Messing. Das Hämmerchen zur Befestigung der Plakette muss hauseigen gestellt werden.

Das Bergfest fand hingegen meine vollste Bewunderung! In den Rucksäcken der Wandergruppe verbargen sich wahre Köstlichkeiten: Camembert, zum Dahinfließen, ein Stück Hartkäse, verschiedene frische Weckle, Salami in Miniformat und mit Pfefferkörnern in mundgerechten Scheiben, und: Eine Flasche französischer Rotwein, der sich alsbald als wahrer Gaumenschmeichler entpuppte. Aus den Tiefen der Rucksäcke zauberten die durstigen und hungrigen Seelen dann auch noch Weingläser aus Glas, mit Stil. Hat das nicht Stil? Mit jedem Schluck waren die Strapazen der Erklimmungen vergessen, aber der Glanz in den Augen bei den nachfolgenden freien Blicken auf die herbstliche Landschaft der Weinterrassen gewann weiter, durch die Wirkung des Rotweines, an Euphorie.

Wider alle Berauschungen an herbstlichen Farben, Gerüchen und freien Blicken fanden wir zu guter Letzt noch freie Plätze für Speis und Trank. Muse, um all die herbstlichen Eindrücke noch einmal Revue passieren zu lassen. Gesättigt und rundherum zufrieden ging es wieder gen Heimat. Die Frage nach dem obligatorischen Absacker wurde ohne lange Bedenkzeit dankend angenommen. Und so klang der schöne Tag mit Koalitionsverhandlungen und Aufarbeitung der Wahlergebnisse, mit den abnormalen Leistungen des Ironman und den unwiderlegbaren Vorteilen des Daseins als Bestager harmonisch aus. Morgen fahren Gattin, geliebte, und ich mit dem Fahrrad zum Kaiserstuhl, um den Kaiserstuhl herum, und wieder zurück. Na dann viel Spaß!

 

Wind von vorn!

Der Herbst hat auch seine schönen, bunten Seiten. Blättermäßig. Aber auch seine grauen Seiten. Auch blättermäßig. Und allzu gerne gehen das welke Laub und die herbstlichen Winde Hand in Hand übers Land! Grad zu leid aller Baum- und Buscheigner. Und wer schon einmal Laub gerecht hat, der weiß wovon ich spreche. Ganz nebenbei fällt mir völlig ungeplant auf – ob man Laub überhaupt rechen kann? Was hat es angestellt, außer Wege, Vorgärten, Nachgärten und sonstiges Gelände zu verunreinigen. Da erkenne ich keinen Grund jemanden zu rechen. Höchstens am Baum, der sich auf hinterhältige Art und Weise seiner bunten Pracht entledigt hat. Aber sonst?

Wer jetzt denkt: „Na warte, die Rache ist mein!“, dem sei mal gleich der Herbstwind aus den Segeln genommen: „Ätsch, war pure Absicht!“ Es bot sich halt phonetisch geradezu an. Aber zurück zum Thema.

Man recht also gemütlich so vor sich hin, scharrt ein colouriges Häuflein gelber, beiger, orangener und roter, sowie braunen Blätter zusammen und erfreut sich der Farbenpracht. Und dann? Dann bläst einer dieser blöden Herbstlüftchen in den Haufen, und die ganze Mühe ist eben nicht im Eimer! Der Wettlauf beginnt von vorn, bevor es: A) dunkel wird, und B) sich das Blattwerk in der gesamten Nachbarschaft herumtreibt. In der Regel wiederholt sich dieses Spielchen mehrfach, und die Freude über das ganze Farbspektrum kann zusehends kippen. Erste Rachegefühle keimen. Womit wir wieder beim Thema wären! 

Der Wind, der böse, bläst den Rechern ein übles Schnippchen. Er, der Wind, ist also ein unberechenbarer Laubbläser, wenn man es mal so betrachten will! Und damit kommen wir zum Kern des Berichtes: Dem Laubbläser an sich. Während der meteorologische Laubbläser ausschließlich blasen kann, können die elektromechanischen Laubbläser auch saugen. Sie müssten folgerichtig dann auch Laubsauger oder laubsaugende Laubbläser heißen, oder auch umgekehrt. Jeder wie er will. Ich persönlich bevorzuge Laubsauger, weil Laubbläser nicht den besten Ruf genießen. Obwohl es unter dem Strich ja eigentlich Wurscht ist.

 Ich weiß genau, dass jetzt ein Aufschrei durch die Gemeinde geht, aber ich bin bekennender Laubsauger! Die nachbarschaftlichen Proteste überhöre ich einfach – schon wegen der beeindruckenden Lautstärke meines Viking. Den Gurt lässig über der Schulter, den Auffangsack für das gehäckselte Laub unter dem Arm, wie bei einem Dudelsack, lasse ich Saugen. Bis das letzte Blatt, in unzählige kleine Blattstückchen zerfetzt im Sack ist! Und damit trotze ich allen Winden, egal aus welcher Richtung sie auch wehen. Ein wahrer Fels in der stürmischen Herbstbrandung.

 

Sommersockenwende

Das Wetter ist auch nicht mehr das, was es mal war. Anfang Oktober und die selbstgestrickten Socken werden schon vorgekramt. Die zum Erbarmen, selbstgestrickten von Mutti. Genau die, die von der Mutti mit den Rautenmustern. Blau-weiße Rauten wird sie sicher stricken müssen, unsere Mutti. Es gab ja mal Zeiten, da waren rote Socken absolut en vogue. Heute sind es eher triste, von alten Hüten aufgearbeitete, verfilzte Ladenhüter. Zwei Schritte rechts, zwei links und einer fallen gelassen, das scheint die neue Masche zu sein. Sie sollen eben allen passen. Den großen wie den kleinen Tretern, Unisex, für Stiefel und Budapester. Für Ballerinas und die groben grauen für Sandaletten mit Fussbett und Klettverschluss. Und kratzen, kratzen dürfen sie auf gar keinen Fall! Geschmeidig müssen sie sein, und als Sparstrumpf zu nutzen, in die man ggf. ein paar Steuergeschenke versprechen kann. Zins- und geruchsfrei sowieso. Also ganz ohne Geschmäckle! Streifenmuster ist gut. Schwarze, grüne und gelbe Streifen mit blau-weißen Rauten. Wenn die Wolle dick genug ist, dann friert es einem auch nicht. Jedenfalls nicht gleich. Vielleicht später, wenn sie aufgerieben, und untragbar verfilzt sind. Und sie nachhaltig entsorgt werden müssen. Sondermüll. Kostet extra! Und aus dehnbarem Stretchmaterial, dass man sie kräftig nach rechts ausdehnen kann, um ein paar extreme Zehen auch zu erwärmen. Ein paar Fäden Lurex wären sinnvoll, damit könnte man wenigstens einen Hauch Glanz einfädeln.

Natürlich ist Bio Pflicht! Aus nachfilzenden Rohstoffen. Fair verhandelt. Mit unausgegorener CO2-Billanz: Ökologisch, ökonomisch, ökumenisch, politisch geh-recht geformt. Was will man mehr? Der nächste Winter kommt bestimmt!

 

Block „B“

Die Anreise zum Treffpunkt verlief ohne Zwischenfälle oder Staus. Doch beim Anblick des Buses schwante mir Ungemach: Busunternehmer Schnurr hatte sein vor Jahren ausgemustertes Modell an den Start gebracht. Längst gelöschte Paradigmen erwachten und lösten ein spektakuläres Kopfkino aus. Zu Zeiten harter körperlicher und geistiger Arbeit, charterte mein Ex-Arbeitgeber gerne dieses Ungetüm, um seine tragenden Säulen zu einem teambildenden Wochenende zu chauffieren. Im technischen Museum haben sie die kostenlose Ausstellung des prähistorischen Busses abgelehnt, weil Objekte aus der Jungsteinzeit  nicht ins Portfolio passen. Ob zum Beispiel die Gardinen noch zu wärmenden Strickstrümpfen reanimiert werden können wird die Zukunft zeigen.

Wider aller Befürchtungen brachte uns der Herr über das Doppelschaltgetriebe sicher durch alle Verkehrshindernisse in sensationeller Zeit ans Ziel. Auf dem Busparkplatz angekommen, drängelten die Sportbegeisterten flugs aus dem Gefährt, um sich mit einem atemberaubenden Nikotinschub für die nächste Trockenperiode in der Arena zu dopen. Dort selbst warteten die obligatorische Stadionwurst und ein halb abgestandenes Bier im Plastikbecher auf die zusammengewürfelte Reisegruppe. Das Entgelt für Ticket und Busgenuss wurde bereits im Bus eingezogen. Die fälschungssicheren Tickets, Dank kreativer Hologramme, verhießen uns Block „B“, Reihe 6 und die Plätze11 und 12. Auf dem Weg zum reservierten Sitzplatz mussten wir mehrere Personenkontrollen über uns ergehen lassen. Leider streng aufgeteilt nach Männlein und Weiblein. Mit einem beruhigenden, sicheren Gefühl betraten wir die Sportstätte, wo bereits gedämpfte Aufgeregtheit herrschte.

Die verbliebene Wartezeit bis zum Anpfiff vertrieben wir uns mit fachkundigen Gesprächen und einer Kategorisierung der unterschiedlichsten Fantypen aus Nah und Fern. Die Meisten waren äußerlich kaum zu unterscheiden – lediglich die Farbe der Trikots respektive Schals gab uns Aufklärung über deren Herkunft. Aus der Arena klangen schon lange vor dem Anpfiff dumpfe Trommelrhythmen. Man groovte sich ein für die bedingungslose Unterstützung der geliebten Mannschaft. Schon vor dem ersten taktischen Angriff machte sich unser Tinnitus bemerkbar. Es sollte allerdings erst die Piano-Version sein, die uns für den Rest der Spielzeit erwartete! Block „B“ ist in den meisten Stadien und Arenen der Block, der den heimischen Fans vorbehalten ist. Das Schwenken von Fahnen, und Abrollen von überdimensionalen Bettlaken, bedruckt in den Farben des Vereins, mit Schmähtexten oder heroischen Versen, brach über uns herein. Eine Steigerung der Phonzahl schien geradezu unmöglich – wir sollten eines Besseren belehrt werden. Die Vorstellung der einzelnen Helden artete zur wahren Hysterie aus, und beim Absingen des Badner Liedes glaubte ich vereinzelt ein paar Tränchen bei den augenscheinlich beinharten Trommlern, Fahnenschwenkern und Betttuchabrollern zu erspähen.

Anpfiff! Wieder brandete ohrenbetäubender Lärm auf, der keinen Ausweg aus der geschlossenen Halle fand und deshalb von Tribüne zu Tribüne echote. Kaum hatte der Gegner das Objekt der Begierde, herrscht Totenstille im Oval. Vereinzelt jubelten ein paar weitgereiste Muschelschubser, was wie Balsam in unseren Ohren wirkte. Jedes erzielte Tor ließ den Sportdom erneut in seinen Grundfesten erschüttern. Zeitstrafen der Gegner wurden von Häme begleitet, und in den Auszeiten wurden flugs die überdimensionalen Betttücher wieder über alle Köpfe von Block „B“ gezogen. Was sollte man auch sonst machen? Es gab nichts zu bejubeln oder zu beschweigen. Der Trainer rief seine Sieben zur Disziplin und ordnete nächste, erfolgversprechendere Spielzüge an. Stakkatomäßig begannen die Trommler wieder die Phonzahl auf den erforderlichen Pegel zu bringen. So ging das Spielchen hin und her, bis es letztendlich 30 : 28 stand, und die Schiedsrichter mit einem besonders langen Pfiff das Gipfeltreffen beendete. Die Helden hopsten im Kreis, lagen sich in den Armen und die Trommler und Fahnenschwenker holten noch einmal alles aus sich heraus. Zu meiner großen Überraschung wurde das überdimensionale Betttuch nicht mehr über die erregten Köpfe gerollt.

Bevor ich über die Heimreise in unserem historischen Gefährt berichte, möchte ich noch auf eine äußerst angenehme Sitte am Rande des Spielfeldes zu sprechen kommen: Über die WM! Genauer gesagt über die Wisch-Mädels. Ausgestattet mit Wischmop und einer reklamationsfreien Figur lauerte je eine in den vier Ecken, bis ihnen die Schiris das Zeichen zum raschen Aufwischen der achtlos fallengelassenen Schweißtropfen zwischen Wurfkreis und Neunmeter-Linie gaben. Geschickt (in doppeltem Sinne!) kamen sie ihrer Aufgabe nach, was so manche erfahrene Hausfrau vor Neid erblassen ließ, denn ihnen ist eher selten eine derartige Anteilnahme und rauschender Applaus gewiss.

Die Raucher waren wieder die Ersten im Freien. Im Bus entschied man(n) sich den Bierbestand bis zum totalen Aus zu reduzieren. Aus diesem Grund gelang es auch den Geräuschpegel auf der Heimreise annähernd auf dem Niveau wie im Stadion zu halten. Leider flachte im Gegenzug aber auch das Niveau der Gespräche umgekehrt proportional ab. Sei´s drum. Der Sieg war unser.

 

 

Elefantenrunde

Das Interessanteste an Wahlen ist die Elefantenrunde danach im TV. Offensichtlich entstand der Name „Elefantenrunde“ nicht, weil die Teilnehmer einen miserablen Bodymaßindex aufzuweisen haben, sondern weil sie sich benehmen, wie ein Elefant im Porzellanladen. Obwohl eingeweihte Kundige des öffentlich rechtlichen Fernsehens auch einen Bezug zum dicken Oggersheimer erkannt haben wollen. Wie dem auch sei. Nach Außen soll es die politischen Schwergewichte herausheben, die in dieser Runde die Wahlergebnisse analysieren.

Alle wahltaktischen Ressentiments gehören der Vergangenheit an, Rücksichtnahme ist pünktlich auf die Sekunde um 18:00Uhr belanglos geworden, verbales „Feuer frei“ auf die politischen Gegner. Jeder hat selbstverständlich gewonnen, und sollte eine Niederlage einmal so gravierend sein, dass sie einfach nicht schön zu reden ist, dann muss sie in den kommenden Tagen erst einmal genauer analysiert werden. Schuld daran sind so gut wie nie die eigenen Leistungen. Der Wähler hat das Kreuz falsch gemacht. Warum der unmündige Bürger sein Votum ausgerechnet an eine radikale Partei vergeudet hat? Oder ist es auf die eigene Unfähigkeit zurückzuführen? Aber nein, nicht doch! Die ersten Fallrückzieher leichtfertig gegebener Wahlversprechen werden vorbereitet. Da haben alle Protagonisten mittlerweile eine beachtenswerte Routine entwickelt. Andererseits biedert man sich politischen Gegnern spontan an, wenn sich ein Platz an den lukrativen Fleischtöpfen ergattern lässt. Die Verantwortung für das Vaterland rechtfertigt alle konträren Aussagen und Handlungen. Versprechen eben! In vier Jahren denkt eh keiner mehr daran. Mit Steuererleichterungen werden wir das Kindlein schon wieder schaukeln.

Der AfD ist es immerhin schon vor den Wahlen gelungen, dass sich alle – alle Parteien in einer Kettenreaktion nach rechts bewegt haben. Mein Lieblingspolitiker (müsste eigentlich Liebrechtpolitiker heißen!) war und bleibt Andreas Scheuer – euch besser bekannt unter meiner Schreibweise B.Scheuer/t. Sein Statement heute Morgen hat er unzweifelhaft von dem Manuskript des Herrn Gauland auswendig gelernt. Nahezu wörtlich die identische Wortwahl. Beschämend, aber auch beängstigend! Dass es womöglich Möglichkeiten gibt, ohne es den Populisten gleich zu tun, wird erst gar nicht in Erwägung gezogen. „Die rechte Flanke muss geschlossen werden!“ Diese Flanke segelt hoffentlich ins Seitenaus!

Als nächster Schritt werden dann die „roten Linien“ geschmeidig übersprungen. Obergrenzen, Aufrüstung, Video-Überwachung, brutalst mögliche Aufklärung, härtere Gesetze etc., um jahrzehntelange Versäumnisse mit Macht zu beugen. Wie die Rümpfe der Rückradlosen. Ohne Verstand, und schon gar nicht mit Visionen. Es ist nur erbärmlich! Da muss man sich doch nicht wundern, wenn man den Etablierten den Rücken zukehrt. Verkehrte Welt!

Nach dem Frühnebel scheint wieder die Sonne. Morgen ist alles vergessen, das Wurschteln geht genau so weiter wie bisher. Ein paar neue Gesichter, die es sich nicht lohnt einzuprägen, verarmen den Bundestag stetig weiter. Oder kennt womöglich einer von euch wenigstens noch alle Minister im Bund der abgelaufenen Legislaturperiode? Ich sage nur Schmidt und Gerd Müller! Von den blassen Gestalten im Lande ganz zu schweigen. Wenn wir dann alle wieder eingelullt sind, können sie wieder schalten und walten wie sie wollen. Was interessiert sie die Wähler? Man schwebt schließlich auf einer höheren Ebene! Auf ein Neues in vier Jahren. Ach ja, jetzt wollen sie den Zeitraum des Vergessens auf fünf Jahre verlängern. Sollte sich doch jemand an den vergangenen Schwachsinn erinnern. Wir schaffen das!

P.S.: Fast hätte ich eine weitere gute alte Tradition vergessen: Mein Dank für das Vertrauen geht an alle Leser und Leserinnen, aber besonders auch an die Wählerinnen und Wähler, sowie an alle gewählten Volksvertreterinnen und Vertreter durch die dieser Bericht überhaupt erst ermöglicht wurde!

Internationaler autofreier Tag

Exakt 100 Tage vor Silvester haben es die beiden Rentner tatsächlich geschafft, die zweite Radtour 2017 zu starten. Und wie es der Zufall wollte, am: „Internationalen autofreien Tag“! Aber beginnen wir von vorn.

Der Wettergott und Katja Horneffer persönlich hatten es prognostiziert: Freitag, den 22.September 2017 Sonnenschein pur! Nichts hielt uns mehr in der guten Stube. Treffpunkt: Nach Auflösung des Nebels, um 10:30 Uhr in Eckartsweier. Schorschi hat hoch und heilig versprochen, keines seiner Navis mitzunehmen – obwohl er für die Wahl der Strecke verantwortlich zeichnete.

Nachdem ich mich durch den Dauerstau auf der A5 gekämpft hatte, traf ich in einem akzeptablen Zeitfenster ein. Nur noch rasch das Velo zusammenbauen, und los konnte es gehen. Vorderrad eingesetzt, Radwelle eingeführt, mit Radmuttern fest angezogen, jetzt nur noch den linken Bremsklotz fixieren – fertig. Denkste! So einfach sollte es nun doch wieder nicht klappen. Dieses Mal traf es mich, respektive mein Rad. Der Spannhebel des Bremsklotzes ließ sich nicht spannen. Als international erfahrener Spannhebel-Spanner analysierte der Vergötterte sofort den Fehler: Der Exzenter, der den linken Bremsbacken auf dem felsenfest montierten Bremsbacken-Haltegestänge fixieren sollte, war verschoben. Kein Spannen, kein Halt, keine Bremse, keine Vorderzähne. Was tun, da das multifunktionale Werkzeug-Set ausgerechnet den dringend benötigten Achter nicht parat hatte? Kurzum, wir mussten den Umweg von ca. drei Kilometer nach Marlen auf uns nehmen, um einen ortsansässigen Fachbetrieb in der dritten Generation zu konsultieren. Und natürlich zurück! Das ausgebildete Personal des zertifizierten Meisterbetriebes bestätigte die fachkundige Analyse des Spannhebel-Spanners zu seiner Genugtuung. Mit einem Griff war der Achter zur Hand, das Bremsbacken-Haltegestänge in seine angestammte Position gebracht – Start frei!

Zurück nach Eckartsweier, und ohne weiteren Zwischenstopp ging die rasante Fahrt über Willstätt in Richtung Urloffen, Renchen, etc. Entlang der Schutter, durch Wiesen und Wälder – durch Gottes schöne Natur. Das Auenland hätte nicht prachtvoller ersonnen werden können. Aus gegebenem Anlass möchte ich an dieser Stelle ganz herzliche Geburtstagsgrüße an die Hobbit-Gebrüder Bibo und Frodo Beutlin übermitteln! In einem Waldstück führte uns der Radweg bis an eine Brücke, die uns trockenen Fußes über einen Entlastungskanal bringen sollte. Sollte, weil ein Baufahrzeug der Straßenbau-Meisterei uns den Weg versperrte. Auf dem Fahrersitz döste bierselig ein Bediensteter in Warnweste, hinten, zwischen allerlei Werkzeugen und Absperrgittern, saß ein erkennbar nicht Einheimischer, ebenfalls bewarnwestet, und tippte nervös auf seinem Smart-Phone. Ohne uns zu beachten. Unter großen Sicherheitsmaßnahmen, und der extremen Gefahr ins Auge schauend, in die sich Schorschi begab, sprach er den Dösenden an. Es war Mittagspause. Die neu betonierte Brücke durfte nicht passiert werden! Ohne Geländer zu beiden Seiten der Brücke war die Gefahr einfach zu groß. Genüsslich wies uns der Bedienstete die Umleitung: 900 Meter, zwei Mal links, und eine weitere, allerdings begeländerte Brücke sollte uns sicheres Geleit über den ausgetrockneten Entlastungkanal bieten. Gesagt getan – obwohl uns, ganz ehrlich gesagt, das Verständnis für diese Notwendigkeit absolut fehlte! Aber in solchen Situationen haben Bedienstete einfach die besseren Argumente.

Die Zeit war schon fortgeschritten, als wir in Appenweier vor den Entscheidung standen: Eisbude jetzt, oder gleich durchfahren nach Ulm zum Bauhöfer. Und auf der Rückfahrt Eisbude. Die Qualität des Eises riet uns für sowohl als auch. Jedoch die magere Aussicht auf die, ab 14:00Uhr, reduzierte Speisekarte bei Bauhöfers ließ uns dann, allen Gelüsten widerstehend, die direkte Fahrt in den Biergarten wählen. An unserem Tisch hatte sich bereits ein älteres Paar breit gemacht, die durch ihre kanarienvogelgelbenTrikots weithin leuchteten. Uns blieb nur ein Schattenplatz. Die Bedienung war von den schnellen Art. A-Schorle und Frikadellen mit Kartoffelsalat standen im Nu vor uns. Schorschi ging mit dem Gedanken schwanger, uns von seiner Angebeteten abholen zu lassen, und auf die Rückfahrt zu verzichten – nicht allerdings auf eine ordentliche Portion Eis.

Schorschi hat noch nicht gewählt. Wen auch? Diese Gedanken teilt er mit Millionen anderer Bundesbürger. Hingegen habe ich mich vom Wahl-Oh-Mat überzeugen lassen, dass ich seinen Rat nicht befolge. Wie dem auch sei. Uns ist aufgefallen, dass die Wahl-Strategen der Parteien die Radwege noch nicht für ihre aufgehübschten Gesichter auf Plakaten genutzt haben. Obwohl die stetig wachsende Zahl der radelnden Rentner durchaus eine stimmbringende Zielgruppe darstellt. Dabei fallen mir gleich ein paar passende Slogans ein, die die volle Aufmerksamkeit der E-mobilen Bürger auf sich ziehen könnten:

  • SPD = Hätte, hätte – Fahrradkette!
  • CDU = Wir haben die besten Radfahrer im Büro!
  • CSU = Maut für jedes Radler!
  • Grüne = E-Bikes statt Diesel-Jeans!
  • FDP = FDP, und es läuft wie geschmiert!
  • AFD = Deutsche stramm-peln rechts!
  • Linke = Vorne bremst man mit links!

Weitere ernstgemeinte Vorschläge können politisch aktive Leserinnen und Leser bei mir umsonst abfragen. Auch kostenlos!

Die Fahrt zurück begann mit einer kurzen Abfahrt und einem folgenden steilen Anstieg, der nach den Frikadellen mit Kartoffelsalat eine echte Herausforderung darstellte. Die Aussicht auf das baldige Erreichen der Eisbude ließ jedoch alle Leiden verdrängen. Es folgte der Spruch des Tages. Nein, der Woche, wenn nicht sogar des Jahres. Mindestens! Schorschi musste sich seiner A-Schorle entledigen, während ich das Eis orderte und bezahlte. Auf meine Frage an Schorschi: „Wieviel Bollen willst Du? Zwei oder drei?“ Aus der Antwort sprach das blanke Entsetzen: „Ich fahr doch keine 60 Kilometer für 3 drei Bollen Eis!“ Und das am Tag des „Internationalen Tages der weißen Schokoladen“.

Jetzt musste ich doch noch eine frische Seite beginnen. Viel bleibt mir zum Schluss eines strahlend schönen Tages gar nicht mehr zu berichten. Natur und Sonne, und Schorschi haben alles gegeben. Wir hatten milden, seitlichen Rückenwind von vorn, und berauscht von der Fahrt beklagten wir, dass es uns beiden Rentnern nicht möglich gewesen ist, dieses Jahr eine mehrtägige Tour auf die Reihe bekommen zu haben. Nächstes Jahr ist ja auch noch ein Jahr! Zurück in Eckartsweier trachtete Schorschi nach schnellem Wechsel seiner Sportkleidung. Er wollte noch joggen, und vor Einbruch der Dunkelheit wieder Daheim sein. Ich hingegen zerlegte mein Velo. Bremsklotz raus, ebenso das Vorderrad, rein in den Kofferraum und ab durch den Dauerstau auf der A5 an dem internationalen autofreien Tag.

Zum statistischen Teil: 57,5 Km, bei einer reinen Fahrzeit von 3,4 Std. / durchschnittliche Geschwindigkeit 17 Km/Std. Besondere Vorkommnisse: Loses Bremsklotzgestänge, eine Umleitung, kein Verfahren trotz ohne Navi!

 

 

Liliental

Unsere spontane frühherbstliche Wanderung führte uns ins Liliental, was weder etwas mit dem Luftfahrtpionier zu tun hat, noch habe ich eine solche Blume gesichtet. Aber dazu später mehr.

Als wir uns zu Beginn der Woche auf den Freitag verabredet hatten, ließ der Dauerregen und der stürmische Wind arge Zweifel an der Realisation aufkommen. Doch wie es das Herrgöttle wollte – Freitag strahlte die Sonne. Kurz vor der geplanten Zeit erkundigte sich Lothar telefonisch nach dem erforderlichen Schuhwerk. Ob feste, wasserdichte, atmungsaktive Outdoorbeschuhung oder leichte Sportware. Dazu sind zwei Anmerkungen notwendig:

1. Offensichtlich ging Lothar davon aus, dass ich mich um eine geeignete Tour umgetan hätte. Dem war bei Leibe nicht so, denn das Wandern ist bekanntlich nicht meine originäre Freizeitaktivität.

2. Verursachte mein Bekenntnis, kein geeignetes Outdoorschuhwerk in multicoloroptik mein Eigen zu nennen, für Verwunderung. Um psychischen Schäden vorzubeugen ergänzte ich umgehend, dass wir uns allerdings bereits mit der Anschaffung eines solchen gedanklich trügen. 

Das bewährte Transportmittel traf mit den Offenburgern leicht verspätet ein. Einer der unvermeidlichen Staus. Nach kurzer Lagebesprechung wurde einstimmig als Ziel das Liliental auserkoren. Lediglich die sinnvollste Autobahn-Abfahrt galt es noch zu definieren. Die Sitzordnung im Camper gestaltete sich wie folgt von vorne nach hinten: Fahrer, der Beifahrersitz war mir vorbehalten, die drei Mädels platzierten ihre Allerbewehrtesten auf der Bank hinter dem Klapptisch und Lothar zwängte sich ins Fond des Campers zwischen Chemie-Toilette und zweiflammigem Gasherd. Zunächst wurden einmal die aktuellen zwischenmenschlichen Beziehungen im Bekanntenkreis abgearbeitet. Wer mit wem und warum, um schließlich über Urlaubserlebnisse zum Wahl-Oh-Mat zu kommen. Für mich beruhigend, dass die gesamte Wandergilde ebenfalls von der Existenz der Minister Schmidt und Müller überrascht waren. (Siehe dazu meinen ausführlichen Bericht „Wahl-Oh-Mat“)

 Die Fahrt verlief einigermaßen harmonisch, sieht man einmal von den mehrfachen Korrekturen und gutgemeinten Warnhinweisen der Gattin des Fahrers aus dem Fond ab. Mein Eindruck, dass der Fahrer durchaus in der Lage war uns ebenso sicher wie zielsicher ans Ziel zu chauffieren, bestätigte sich auf der gesamten Fahrtnachdrücklich. Wie dem auch sei.

 Als Beifahrer hatte ich nicht nur das Privileg der Bequemlichkeit, ich konnte mich auch an der vorbeifliegenden Natur ergötzen. Kurz vor dem Erreichen des Zieles passierten wir eine Streuobstwiese mit einer blau-lila Blütenpracht. Ich wollte mich gerade mit der Frage: „Was machen denn die Kroküsse um diese Jahreszeit?“ ganz nach vorne bringen, als aus dem Fond freudig erregt in die Runde geworfen wurde: „Schaut mal die schönen Herbstzeitlosen!“ Ich schluckte meine Frage in Windeseile herunter wie eine heiße Kartoffel. Die Herbstzeitlose gehört zu der Gattung der Zeitlosen, was bedeutet, dass es offensichtlich auch Frühlingszeitlose geben könnte, die evtl. auch unter dem Namen Kroküsse bekannt ist. Ich werde recherchieren!

 Natürlich war ich wieder einmal tief beeindruckt von dem biologischen Wissen und dachte darüber ernsthaft nach, welche Stunden ich in der Schule wohl versäumt hatte. Da der Start der Route zuerst an einer ausgeprägten Versuchskultur der Uni Freiburg Fachbereich Forstwirtschaft entlang führte, vertieften sich meine Wissenslücken von Schritt zu Schritt. Mit Erstaunen lernte ich die Mispel kennen, die mir unter dem Namen Holzapfel ebenfalls nicht geläufig war. Nachdem genügend bestaunt, bestimmt und erklärt war, nahm die Wanderung an Fahrt auf. Man erfreute sich an den Vorzügen des Rentier-Daseins und bemängelte die Altersarmut. Man geißelte die Autoindustrie, verurteilte die üblich Verdächtigen, wie Trump und co., und schlenderte, berauscht von der üppigen Natur, durch die Flur. Anlässlich einer Rast auf einer Park-Bank im herbstlichen Sonnenschein verfiel das Thema wieder auf die Flora am Wegesrand. Brezelverzehrend wurden die wilde Anemone und Scharfgarbe erspäht, sowie diverse Völker wilder Bienen, die sich im sonnigen Rain ihre Nester gebaut hatten. Im weiteren Verlauf durchschritten wir Wäldchen mit Mammutbäumen und diversen Birken, vorbei an Wacholderbüschen und Klettensträuchern.

 Zurück an Start und Ziel genehmigten wir uns eine wohlverdiente Auszeit bei Kaffee und Kuchen. Zur Diskussion stand die Wahl der geeigneten Lokalität für das Abendmahl. Besonders erwähnen möchte ich die Tatsache, dass auch in unserer Altersklasse das Smartphone eine gewisse Rolle spielte. In Ermangelung eines Netzes galt die Aufmerksamkeit allerdings recht bald wieder der Gruppe.

 Bei kellertrübem Bier, Wein, und ordentlichem Essen beendeten wir die Tour. Auf der Rückfahrt hielten sich die Korrekturen am Fahrverhalten in Grenzen, und alsbald erreichten wir den heimischen Hof. Mit einigen Absackern beschlossen wir nicht nur einen wirklich sehr schönen Tag, als auch eine baldige Wiederholung. Die Korrektorin übernahm nun das Steuer für die letzten Kilometer.

 

 

Wahl-Oh-Mat

Auch ich gehöre zu den ca. 50% der Wahlberechtigten, die nicht wissen, was bzw. wen sie wählen sollen. Die eine Partei könnte sicher, will aber nicht. Die andere will, aber kann nicht. Wieder eine andere kann nicht, und dürfte auch nicht. Und eine weitere will auf jeden Fall, kann allerdings gar nicht auf die Menschheit losgelassen werden. Also: Was wählt man? Wenn man nicht ein ähnliches Debakel erleben will, wie in GB und den USA. Gut soweit wird es in Old Germany wohl nicht kommen, aber wehret den Anfängen! Wenn die Paste erst einmal aus der Tube ist, wird es schwer sie wieder zurück zu zwängen. Wir wollen doch aber nicht Schwarzsehen.

Dass ich nach dem Ende des vorigen Absatzes mit der Betrachtung der CDU beginne ist rein zufällig. Der allgegenwärtigen Mutti verzeiht man ja alle politischen Pirouetten, sowohl vorwärts als auch rückwärts. Da wären weitere Jahre unter einem gewissen Einschläferungseffekt zu ertragen. Wenn nicht, ja wenn sie nicht im Laufe der Legislatur-Periode ihren Stuhl übergibt. Nicht im medizinischem Sinn! Da können wir nur innigst beten, dass sie dabei nicht an Flinte-Uschi denkt, und die Leyenschauspielerin von der Leine lässt. Zur Sorge Anlass gibt es auch, dass man sich die blau / weiße Rautenkombo automatisch mit aufhalst. Vollhorst, die nahezu unbekannten Minister Schmidt und Müller. Letzterer mit Vornamen Gerd, der beileibe keine Tore, eher Eigentore schießt. Und die wandelnde Schlaftablette Hermann (Nachname!) – fragen sie ihren Arzt oder Apotheker. Und als I-Tüpfelchen: B.Scheuer-t!!! Was waren das doch mit Karl-Theodor zu Guttenberg für geschmeidige Perspektiven. Sorry, fast hätte ich Mauti Dobrindt vergessen!

Achterbahn-Martin sind die Genossen abhanden. Jupp ausm Pütt ist nicht mehr der Schichtlümmel von einst. Der will freie Fahrt aufe Maloche. Und Opel is wech und aufe Zeche geht auch nix mehr, und die Rente reicht auch nich für ein paar Pilsken am Büdchen. Und überhaupt kommt mir Schulz immer mehr wie der Hase vor. Denn Igel Merkel ist allweil schon hier. Aber die roten Minister haben doch immerhin viele Änderungen in der GroKo durchgesetzt. Ob es immer zum Besten war sei dahingestellt, muss jeder für sich bewerten.

Kommen wir zu Phönix Lindner. Zuerst hat er seine Rasselbande taktisch verbrannt, sich dann mit frischem Skalp das Haupt schmückt, bevor er jetzt wieder Steuern verschenken will. Also uns unser Geld zurückgeben möchte. Mit dieser grandiosen Strategie haben die Quittegelben schon mal gepunktet. Aber welche Partei will das nicht? Vor einer Wahl jedenfalls. Seine Wirtschaftskompetenz hat er sich redlich mit ein paar Konkursen verdient, die er ganz klassisch hingelegt hat. Aus Fehlern lernt man ja bekanntlich am meisten. Sollte man jedenfalls. Obwohl, ein paar angegilbte Ideen sind auch dabei, da könnte man du zu sagen. Die Mannschaft hinter ihm ist allerdings noch nebulöser als die Rautenkombo. Macht wohl einen auf Macron!? Jung, dynamisch, liberaal.

Mit einem auf handwerklich bewährter Masche gestricktem Programm gehen die Grünen auf Stimmenfang. Zwei rechts, zwei links, eine fallenlassen. Mir scheint, dass die glorreichen Zeiten mit Fundies und Realos irgendwie verfilzt sind. Und Genosse Hofreiter haut auch keinen mehr aus dem Sattel. Sie haben zu lange den grünen Faden verloren und jagen nun alten Strickmustern nach.

Die neue Rosa Luxemburg aus den NBL erbringt den lebendigen Beweis dafür, dass Frau nicht blond sein muss, um ausgesprochen cool rüberzukommen. Ob jeder versteht was sie unter ihrer Politik versteht? Grundsätzlich ist jedoch nicht Alles grottenfalsch was Gnä Frau Sarah Wagenknecht so fordert. Dafür hat Sie ja sogar einen Oskar bekommen!

Zu anderen Alternativen möchte ich mich gar nicht äußern. Durch sie hat sich die Mitte ohnehin bereits deutlich nach rechts verschoben.

Tja, solche Gedanken schwirren mir nun im Kopf herum. Und wem soll ich jetzt im Ernst meine Stimme geben? Der Wahl-Oh-Mat muss helfen. Gedacht, getan. 38 Fragen nach meiner innersten Überzeugung, und nach reiflichem Nachdenken beantwortet. Acht Parteien ausgewählt, neben den etablierten auch ein paar Exoten von allen Flügeln, denn in der Mitte war mir das Gedränge dann doch zu unübersichtlich. Das war eindeutig ein riesen Fehler! Jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr, welcher Kandidat auf mich zählen kann. Es war eng, verdammt eng. Trotzdem gibt mir das Ergebnis ernsthaft zu denken. Mit einem leichten Plus stehen die „Grauen“ auf Rang eins. Hat das was mit dem Alter zu tun? Woher weiß der Wahl-Oh-Mat das?! Und jetzt kommt der absolute Hammer: Im Windschatten folgt die Marxistisch-Leninistische Partei. Danach, ich mag es kaum nennen, die NPD. Dann der ganze Pulk der arrivierten, aufgereiht wie Perlen: Linke, Grüne, Schwarze, Rote und Gelbe.

Und – wen soll ich jetzt wählen?

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