Es ist mal wieder an der Zeit aus dem Nähkästchen zu plaudern. Aus dem wahren Leben eben. Vater Staat, oder muss man jetzt gendergerecht sagen Eltern Staat oder so, überweist mir brav meine wohlverdiente Rente pünktlich seit gut vier Jahren. Will sagen, ich habe mein Berufsleben an den Nagel gehängt. In der aktiven Zeit war ich viel auf Reisen und erfreute mich einer Firmen-Kreditkarte, der American-Express-Karte (AMEX). Bei meinem Ausscheiden bat ich deshalb u.a. um die ordentliche Kündigung der Benannten. Nach einigen Mahnungen gelang dies schliesslich auch. Zu meiner vollsten Unzufriedenheit allerdings mutmaßten die Kreditkartenschlaule, dass ich wohl gut bedient sei, wenn ich die geschäftlich oft und gern Beanspruchte weiter zu meinem Privatvergnügen nutzen sollte. Ich ging in den Ruhestand und meine Amex folgte mir, ganz unauffällig, anhänglich in den Unruhestand. Diesen Umstand bemerkte ich allerdings erst, als auf meinen Kontoauszügen die fälligen Gebühren zu Buche standen. American first!
Wer schon einmal das Glück hatte in einer automatischen Schleife einer Service-Telefon-Nummer zu landen, der ahnt sicher die weiteren Erlebnisse. Wem das Glück noch nicht hold gewesen ist, dem empfehle ich dringend einen Probeanruf – egal bei welchem Dienstleister. Beim ersten Versuch hörte ich mir brav alle Möglichkeiten an, die von dem Automaten angeboten wurden. Ein kostenloser Service! Kostenlos aber umsonst! Die After-Sales-Service-Spezialisten hatten für dieses Problem keine spezielle Nummer, die ich hätte drücken können. Ich lauschte noch ein weiteres Mal der freundlichen Dame zu, um eventuell eine mögliche Annäherungsvariante zu erkunden. Nach einer lächerlichen Ewigkeit wurde ich auch automatische an eine freie automatische Sondierungs-Software durchgestellt. Die 3 sollte bei allgemeinen Fragen zum Kontostand Aufklärung automatisch Hilfe leisten. Die freundliche Dame hieß mich auch gleich wieder herzlich Willkommen. Zur Identifizierung und um an eine kompetente leibhaftige Amex-Mitarbeiterin weitergeleitet werden zu können, sollte ich meine Amex-Karten-Nummer über die Telefon-Tastatur eingeben. Anschließend forderte mich das freundliche Automatenmädel auf, ein Stichwort zu nennen, damit die Leibhaftige ohne große Verzögerung Herr meines Problems werden könne. Mehrere ernsthafte Stichwörter schlugen fehl. Die freundliche Dame vom Band fand keinen Algorithmus und forderte mich mehrfach auf, mein Problem zu nennen. Auch ein leichtes Anschwellen meiner Stimme und der ganz offensichtlich erkennbare Nachdruck führten zu keinem einvernehmlichen Resultat. Die freundliche Dame schaltete deshalb konsequent und mich wieder auf die Ausgangsposition, die Warteschleife zurück. Ich mache ihr keinen Vorwurf, denn sie handelte wider besseren Wissens ausschließlich ihrem Schöpfern zur Freude.
Weitere Versuche eine befriedigende Lösung zu finden verliefen ebenso ergebnislos im Sande wie alle bisherigen. Und so gab ich meinen sehnlichsten Wunsch an die Ex-Personalabteilung ab, mit der Bitte, Kraft ihrer starken Großkunden-Position und womöglich per persönlichem Kontakt zu einer Leibhaftigen, zu einem versöhnlichen Abschluss zu kommen. Es kam tatsächlich zu einem Resultat: Der Vertrag wurde final gekündigt. Allerdings wurden mir die Gebühren nicht zurück erstattet. Mit der abenteuerlichen Begründung, ich hätte ja schließlich die Karte weiter benutzt. Also eher theoretisch benutzen können.
Exakt vier Jahre und vier Monate später erhielt ich eine Nachricht von meiner Ex-Personalabteilung: „Lieber Herr Elsner, nach Prüfung der jährlichen Amex-Abrechnungen haben wir festgestellt, dass sich auf ihrem (!) Konto ein Guthaben von12,- € befindet. Ich gebe ihnen anbei die Telefon-Nr. von Amex, damit sie das Guthaben auf ihr Privatkonto überweisen lassen können.“ Gesagt, getan und flugs besagte Nr. gewählt. Ein freundliches Retorten-Fräulein flötete in den digitalen Äther: „Herzlich Willkommen bei American Express!“
Ich gehe mal davon aus, dass Du vehement auf die Zahlung der 12.- Euro bestanden und sie auch postwendend bekommen hast!!!
Trotz Altersarmut – ich habe auf die mir zustehende Rückzahlung verzichtet. Meine Nerven waren mir mehr wert!
Ich nehme aber Spenden jederzeit gerne entgegen.