scharfsinnig - unsinnig - kurzweilig

Kategorie: E Kultur (Seite 1 von 2)

Expertenrunde

Es ist zum Verzweifeln, die Talk-Show-Tide spült Abend für Abend dieselben besserwissenden Experten durch alle Studios der „öffentlich rechtlichen“ und der „unöffentlich unrechtlichen“ Anstalten (wie der Name schon sagt!). Auf der Corona-Welle surfte mit unglaublicher Präsenz Karl Lauterbach und seine Virologenkombo.

Dann standen kurzfristig die weichgespülten, maul- und klauenfaulen Bundeskicker im Anstoß-Kreis in klarer Abseitsposition. Elf St(D)umme müsst ihr sein!

Es folgte der grüne Kriegsdienstveganer, Frontmann Antonia Hofreiter und Frontmann*in Marie-Agnes Flack-Zimmermann. Eine wohl einmalige grün-gelbe Liaison.

Eine Miniepisode war für den Energiesparer-um-jeden-Preis-Robert Habaeck und dem mit allen Lappen gewaschenen Landesvater aus the Länd reserviert.

Aktuell gehört die mediale Aufmerksamkeit den beiden Friedensengeln Sarah Wagenknecht, gewandet im figurbetonten, kniefreien Kostümchen. In ihrem Wind-schatten Alice Schwatzer, ganzkörpergehüllt in einem altgedienten Emanzen-Vorleger, umweltfreundlich gewoben aus recycelten, geschönten Steuererklärungen. Die Schöne und der Biest!

Warum ich gerade in diesem Zusammenhang auf das jüngste Thema „KI“ (künstliche Intelligenz) zu schreiben komme, muss ich unbedingt Alexa fragen. Oder Siri? Wurscht, Fakt ist jedoch, dass die KI es wohl nicht allzu schwer haben dürfte, in Bälde die humanen Pro-Banden eines Besseren zu belehren.

Stellt euch bitte mal vor, dass eine Runde Humanoide den Selbstdarsteller Markus Lanz, nicht, wie er es anstandslos in jeder Sendung gerne selber praktiziert, zu Worte kommen lassen! Naja, man wird ja noch träumen dürfen!

Kann KI eigentlich auch gendern? Wenn sie wirklich intelligent ist, dann lässt sie wohl ihre Finger davon! Von mir aus darf KI auch ruhig weiblich sein. Gibt sie ja schon grammatikalisch im Artikel preis.

Schlußfrage: was ist der Unterschied zwischen KI + HI? Stimmt, die KI lernt dazu! Das Letzte: Fast hätte ich ihn doch glatt vergessen zu berücksichtigen: Friede-rich im Merzen der Schlauer, der Sozialtourist im eigenen, selbstgefälligen Jet-Straem und Paschahascher. Aber, dazu ist mir bisher noch nichts wirklich witziges eingefallen.

Fürchtet euch nicht!

Mal so gesagt: Wenn Glauben nicht Wissen ist, dann stehen da noch ein paar historische Fragen zur Weihnachtszeit offen. Man kann es glauben oder nicht. Ich weiß es einfach nicht.

Die unbefleckte Empfängnis, da bleiben in mir doch Zweifel. Ethisch und medizinisch auf wackeligen Füssen steht eine künstliche Befruchtung. Zumal in diesen Zeiten! Sollte es demzufolge also die erste Fake News sein?

Oder, wenn der Heilige Geist im Spiel war, oder gar die ganze Heilige Dreifaltigkeit, alle männliche (!), war es dann der erste Fall von Metoo?

Gab es durch die Heiligen drei Könige den ersten Bestechungsskandal durch skrupellose Scheichs? Und wurden die „Spenden“ ordentlich versteuert?

Die edlen Gaben, wo sind sie geblieben? Die Familie Maria, Josef und Jesus war weiterhin bettelarm. Wurden sie womöglich Opfer arabischer Clans? Immerhin wurden sie persönlich überbracht, nicht durch einen Parcelservice!

Positiv zu verkünden ist das Tierwohl von Ochs und Esel. Keine Massenhaltung und artgerechte Haltung.

Als besonders umweltfreundlich schlägt auch die gesamte Beleuchtung zu Buche. Da gibt es heutzutage noch Potential nach oben!

Selbst die Nutzung vorhandener Gebäude ersparte eine absolut unnötige Flächenversiegelung. Und, folgt man den Medien der letzten Tage, entlastete die Heimgeburt die missliche Lage in den Kinderkliniken.

Offensichtlich waren dazumal auch keine Allergien durch Hausstaub und Gräser verbreitet. Jedenfalls sind keine diesbezüglichen Überlieferungen bekannt.

Wie auch immer – wünsche euch eine schöne Bescherung!

Oh Pannenbaum

Ich möchte es gleich vorweg verkünden: wir haben uns dieses Jahr für einen weiblichen Weihnachtsbaum entschieden. Konsequent gendergerecht bis in den Advent!

Die Uhr tickt! Es ist wohl eine der schwersten Entscheidungen des Jahres: welcher Weihnachtsbaum ziert die deutschen Wohnzimmer? Dabei geht es ausnahmsweise einmal nicht um die Frage Plastik versus Natur. Diese Diskussion möchte ich nicht auch noch aufmachen! Es dominieren die harten Fakten der subjektiven Ästhetik. Und, hier ist von Gleichberechtigung keine Spur – die Frau entscheidet! Alle anderen Versuche können nur aussichtslos im allgemeinen Adventsdekodesaster untergehen!

Zwischendrin sei angemerkt, dass ich ausnahmsweise einmal unserem Friede-rich, dem nicht erwiesenen Bierdeckelsteuermann, recht geben möchte: warum eigentlich vier verschiedene Steuersätze auf das Nadelgehölz?

Grundsätzlich bevorzugt werden Nord“mann“tannen. Und hier geht doch die Genderei bereits in die nächste Runde und erschüttert die besinnliche Vorweihnachtszeit in ihren Grundfesten. Selbstverständlich ist es ein Muss, dass sie bei Vollmond geschlagen werden muss. Die Tanne natürlich. Und Bio. Unbedingt Bio! Jede einzelne Nadel Bio! Dafür fahren wir auch gerne zig Kilometer, um eine Bionordmannstanne zu ergattern. Kommt „ergattern“ eigentlich von Gatten? Oder wird umgekehrt ein Schuh draus?

Als Variante zum Kauf bietet sich der volle körperliche Einsatz an. Wir schlagen unseren Baum selber! Mit Äxten und Fuchsschwänzen bewaffnet streunen ganze Familienverbände durchs Unterholz. Scheuchen Auerhuhn und –hahn auf, Hase, Reh und Wildsau. Gerne auch bei Pulverschnee, der Romantik wegen. Mit verharzten Fingern aber stolzgeschwellter Brust zwängen wir Familie und Beute artgerecht in den Van, respektive SUV oder Camper und dieseln schlammige Waldwege zurück aus Gottes freier Natur.

Glaubt bitte nicht, dass es beim Kauf weniger diskussionslos verläuft. Hier gilt es die kritischsten Fragen ehefrauengerecht zu beantworten. Ohne Telefon-Joker! Größe, gerader Wuchs, Ebenmäßigkeit und Ausrichtung der Zweige nach Feng Shui, dichte, gleichmäßige Benadelung, Vollmondschlag – wer hofft alle harmonischen Details zufriedenstellend erfüllt zu haben, dem sei in Sinne des häuslichen Friedens geraten: entscheidet euch für eine schirmartig klappbare Kunststoffvariante mit zertifiziertem Raureif aus der Spraydose!

Ist nun das Prachtstück eingenetzt und wohlbehalten auf Balkon oder Terrasse zwischengelagert, geht die Suche nach dem Ständer los. Lichterketten müssen entwirrt werden, Lametta aufgebügelt und Christbaumkugeln entstaubt werden.

Apropos Lichterkette. Ihr ahnt, worauf ich anspiele? Richtig, das Energiesparen. Bin ich ein braver Bürger und verzichte auf die schmückende LED-Beleuchtung im Vorgarten, am Baum selbst oder über dem Hauseingang harmonisch neben dem Mistelzweig? Nikoläuse auf Motorrädern, Rentiere mit und ohne Schlitten und Berge von großen, bunten, wetterfesten aber leeren Paketen, Lasershows an Hauswänden und Eiszapfen, die munter von oben nach unten blinken – der globalen Klimakatastrophe zum Trotz. Und wenn geschmacklose, individuelle Festtagsfreude über Gemein-nutz siegt, dann sollte wenigstens der Schein gewahrt und die Energievergeudungszeit minimiert werden. Von wann bis wann flutet das Lichtermeer Haus und Garten? Also, bis 22:00 Uhr ist auf jeden Fall absolut alternativlos! So, seid ihr bereit? Na, dann mal los!    

Klara Fall

Als Nach-Richter, so denke ich hin und wieder, es muss doch auch ein Leben jenseits des Richtens geben. Also auf der kriminellen, die dunklen Seite der Macht. Ohne gleich ins Fadenkreuz unseres Rechtsstaates zu geraten. Also, seine Abartigkeiten legal ausleben, in einem Roman. Und wer bietet den Gaunern Paroli? In jedem Fall – ein klarer Fall für Klara Fall!

Nun, als eifriger Quarantänekonsument diverser TV-Krimis, macht es mir das Schreiben eines  Kriminalromans kinderleicht. Man benötigt dazu lediglich ein Konzept. Einen roten Faden. Die Handlungen sind eigentlich Nebensache. Es ist wie ein Gerippe, an das man nur die einzelnen Fleischbrocken hängen muss. Also beginne ich mit einem roten Leitfaden. Der Roman muss dann erstmal noch warten. Oder, ihr fühlt euch animiert, um mit eigenen Filetstückchen Klara Fall ein gruseliges Gaunerstück auf den Leib zu schreiben. Hier nun das Rüstzeug, welche Personen und Paradigmen absolut notwendig sind.

Klara Fall (Hauptkommissarin): Fürs Casting: Blonde Mitteleuropäerin, mittleren Alters, überzeugender, intelligenter, repsektheischender Blick, Mundwinkel leichte nachdenkliche Abwärtstendenz. Wegen zu vieler Überstunden in Scheidung lebend.

Ihr zur Seite ein zur Schnodderigkeit neigender, übermotivierter Oberkommissar, ohne besonders ausgepräge Karriereambition. Ausschweifender Single.

Im Innendienst ein introvertierter, schüchterner junger Nerd. Gerne auch ein in Deutschland aufgewachsenes Gastarbeiterkind der zweiten Generation.

Der Chef der SOKO ist unbedingt mit einem trotteligen Altgedienten zu besetzen. Laut „Peterprinzip“ hat er bereits seit seiner vorletzten Beförderung den Grad seiner Unfähigkeit erreicht. Sein Auftritt, der Besoldungsstufe entsprechend = ins Büro kommen, auf die Brisanz des Falles verweisen und dringend schnelle Ergebnisse fordern. Zügiger Abgang, um höhere Aufgaben zu erledigen.

Die Forensik ist immer mit schrillen, sterilen Typen zu besetzen. Sie müssen Fragen nach dem Todeszeitpunkt und der Ursache aus dem Effeff beantworten können. Und, ganz wichtig, auf verwertbare Ergebnisse, Spuren und DNA verweisen, wenn sie das Opfer erst auf dem „Tisch“ hatten. Brillenträger*in bevorzugt. Leichte anrüchige Sprüche sind vom Drehbuchautor*in unbedingt einzuarbeiten. Lieblingstatursache ist der Schlag mit einem stumpfen Gegenstand.

Neben einer Schar beliebiger Statisten*innen an Hästräger*innen ist eine Rolle von herausgehobener Notwendigkeit. Ein Polizist*in muss ohne Wenn und Aber das rot-weisse polizeiliche Absperrband hochheben, um den Ermittler*innen beugungsfreien Zutritt zum Tatort zu ermöglichen. Sie müssen der Aufforderung, die Neugierigen auf Abstand zu halten, mit Nachdruck nachkommen können.

Die Leiche, weiblich frivol bekleidet, um den Verdacht auf einen Sexualdelikt zu fokussieren. Oder männlich, aus irgendeinem fragwürdigem Milieu. Hier sind Ostblock, Balkan und Nordafrika geeignete, aus überaus einleuchtenden Herkunftsländern. Wasserleichen sollten aus Gründen der Glaubwürdigkeit Nichtschwimmer sein.

Zeugen können den Tatvorgang nie so genau schildern. Es ging alles so schnell. Aufmerksame, neugierige Rentner*innen nerven eigentlich immer die Ermittelnden. Ein hochgradig Verdächtiger ist hier und da unter den Schaulustigen zu platzieren. Er wird allerdings nie, ich wiederhole, NIE(!) auch der Täter sein. In vielen Fällen entzieht sich ein der Tat dringend Verdächtiger spontan durch hastiges Davonlaufen dem Zugriff der Staatsmacht. Wer auf der Flucht stolpert bleibt dem Zufall überlassen. Sowohl der / die Flüchtige als auch der / die Verfolgungaufnehmenden eignen sich aus nachvollziehbaren dramaturgischen Gründen. Sollte der Verfolgungsaufnehmende gewinnen, erhält er / sie nach Feierabend ein Bier spendiert. Bei Platz zwei erntet er / sie Hohn und Spott der gesamten SOKO:

Der Täter kann der Gärtner sein. Kann, muss nicht! Auch wird er erst gegen Ende der Sendezeit überführt. Überziehungen werden nicht geduldet, da die Werbeblogs stringent einzuhalten sind. Will heißen: Wir, die Konsumenten und GEZzahler*innen, überführen den / die Ertappten quasi indirekt mit.

Um den gruselnden Zuschauer*innen vollends zu verwirren, gilt es absichtlich verschiedene undurchsichtige Spuren zu legen. Erste Tatverdächtige sind grundsätzlich niemals der / die Täter*in! Sonst wäre der Film ja zu schnell enden, vor Ablauf der Sendezeit. Man kann darauf wetten, dass der oder die Täter*in ausschließlich kurz vor Sendeschluss überführt werden. Es sein denn, es handelt sich um einen Mehrteiler. Hier kann es allerdings auch durchaus vorkommen, dass mehrere Leichen benötigt werden.

Allgemeine Standards: 1. Die städtischen Ordnungsbehörden haben rechtzeitig dafür zu sorgen, dass die Ordnungshüter*innen grundsätzlich einen optimalen Parkplatz vorfinden. 2. Tatverdächtige sind nahezu ausschließlich Zuhause anzutreffen, um sich einer ersten Befragung zu unterziehen. Ob sie Urlaub haben oder Babypause oder Harz 4 erhalten oder von Schwarzarbeit leben oder von zwielichtigen Geschäften oder eine Pause im Schichtdienst abfeiern, ist für die Ermittlung nicht relevant. 3. Das Eintreten von Türen, bei Gefahr im Verzug, wird als Kollateralschaden akzeptiert. 4. Wird ein dringend der Tat Verdächtiger in ein Polizeiauto verfrachtet, hat das Streifenhörnchen die Hand aufs Haupt zulegen. Das Handauflegen kann in der Mediathek anschaulich studiert werden. Es gehört neben dem Füssewaschen für Päpste, Kardinäle und andere Kuttenträger zur kläralen Berufsausbildung und kann kritiklos adaptiert werden.

Fast hätte ich es vergessen! Die unvermeidliche Frage nach dem Alibi! Bzw. die Standardantwort auf die Routinefrage: „Wo waren sie zum Zeitpunkt der Tat?“ Und: „Gibt es dafür Zeugen?“ Zu 99% war der / die in den Fokus geratene allein Zuhause, ohne einen Entlastungszeugen*in!

Bei den Dreharbeiten zu ungünstigen Tageszeiten oder gar Wochenenden können keine Überstunden und geldwerte Vorteile geltend gemacht werden.

Um die Schurken dingfest zu machen, bedarf es gesicherter Beweise und Indizien. Sollte es am Geständnis mangeln. Geradezu unerlässlich sind dafür die Aufzeichnungen von Überwachungskameras, Auswertungen der Handydaten, das gezielte Durchstöbern der Mülleimer – auch in Laptops, Portraitfotos von Gewindigkeitsüberwachungssäulen, oder ganz profan Fingerabdrücke und DNA. Um den Übeltäter sozial verträglich erscheinen zu lassen, empfiehlt es sich, den brutalen Tathergang als unglücklichen Unfall, z.B. siebzehnmal ins offene Messer, laufen zu lassen. Schwere Kindheit sind ebenfalls gern strafmildernde Umstände.

Die letzte Szene gehört der zufriedenen Obrigkeit. Im Halbkreis stellen sich alle Akteure*innen wie zufällig ein und freuen sich über ihren Erfolg. Klara Fall hat den Fall einmal mehr souverän gelöst.

Hätte, hätte, Lichterkätte!

Oder: Hette, hette, Lichterkette!

Der Illuminationsterror rekrutiert unsere letzten eisernen Nervenreserven. In den Neubaugebieten der Gemein-den ballern Laser-Kanonen ökumenische einwandfreie Motive in changierenden Farben auf nackte Hauswände. Aufgeblasene, lebensgroße Weihnachtsmänner erklimmen Fassaden in Richtung Kamine, Sherpas tragen mit Luft und Lampen prall gefüllte, knallbunte Geschenkkartons hinterher. Andere lümmeln auf Harleys und rauben den Kindern die letzten Illusionen von prächtig geschmückten Schlitten mit Rentiergespannen. Stattdessen blinken sie an allen Ecken und Kanten ohne einen ernsthaften Plan abbiegen zu wollen. Ganze Galaxien mit Dekokampfsternen bevölkern Fenster und Türen, dass man sich nach schwarzen Löchern sehnt.  Und die jüngsten Generationen LED-Lichterketten winden sich um Bäume und Zäune, um Geländer und Strumpfbänder. Die winzigen Birnen wechseln ihre Farben im Takt eines opulenten Farbkastens von Pelikan.

Das Angebot in den Märkten lässt seit Wochen keine noch so absurden Wünsche mehr offen. Von laktosefreien Lebkuchen, über geothermisch in Dresden gebohrten Christstollen, von freilaufenden Nikoläusen in Bioqualität  und fair gehandelten Plastikweihnachtsbäumen aus biologischem Anbau, die per Knopfdruck knirpsschirmmässig automatisch zusammengeklappt werden können. Inklusive Lametta selbstverständlich! Optische und haptische Orgien von Pullovern, die vor Chemiefasern nur so knistern und auch die Motive einem alle Haare zu Berge stehen lassen. Die Luft ist hochschwanger sowie niederträchtig mit künstlichen Aromen geflutet, die zu unnützen Spontankäufen anspornen sollen. Zu wahren Höhepunkten animiert Amorellie. Mit Spielzeug für Erwachsene verspricht man be-sinnliche Weihnachten und amouröse Befriedigung in ansonsten kontaktarmen respektive abstandsvollen Quarantänetage. Flankiert von einem runtergeleierten Schallschwall abgedroschener, althergebrachter Weihnachtslieder, die uns den Restverstand verdudeln. Unzählige Kinder- und Kirchenchöre, sowie ganze Horden von Flötenorchestern bringen uns in Endlosschleifen die Flötentöne bei, ohne Rücksicht auf Verluste. Rentner schalten verzweifelt ihre Hörgeräte aus oder auf Durchzug. Leider ist uns auch der rettende Glühwein untersagt, der für eine milde Betrachtung gesorgt hätte. Es ist doch wieder eine gelungene, besinnliche Adventszeit. Nun können wir uns auf die Bereicherung durch die Jahresrückblicke freuen. Mir fällt dazu eher nix mehr ein. Wie dem auch sei. Frohe Wei(h)nachten!

Talk Shows

Seit Monaten quälen uns die Öffentlich-Rechtlichen mit Wiederholungen von Sokos und Schmonzetten aus den konservierten Perioden der Fernsehgeschichte. Im Sommer scheinen die Mittel für neue Produktionen eingefroren zu sein. Abwechslung bieten die unzähligen Talk-Shows mit den unvermeidlichen Mastern und Masterinnen zu den ewig aktuellen, zähen Themen. Gott sei Dank verübt ein Asylsuchender mal ein Verbrechen oder stürzt eine Brücke ein oder fordern die Bauern wieder Entschädigungen oder schänden die Gottesanbeter ein paar Kinder oder so, dann sitzen sie sich sofort ihre Expertenärsche in den Talk-Schlaus breit. Ist ja auch billiger als bildende Kultur! Manchmal werde ich den Eindruck nicht los, dass nur die Oberklugscheisser das Studio wechseln, die Experten bleiben einfach sitzen.

Eines der beliebtesten Schwalltalk-Themen ist das Kima. Das Wetter bot ja dieses Jahr grandiose Laberrunden. Anne Will startete neulich mit den Worten: „Ist es noch Wetter oder ist es schon Klima?“ Ein grandioses Entree! Schon mit der Definition lässt sich minutenlang gebührenpflichtige Sendezeit verschwenden. Anne Will oder treffender Anne will. Will heißen, sie will, aber kann sie auch? Allein das Posing ist allen Mode-Ratoren und Moderat-Orinnen auf den Leib geschneidert. Die intellektuell sehenswerte leichte Schrägstellung des Kopfes ist Stilmittel Nr.1, gepaart mit einem alles- gleichzeitig auch nichtssagenden Blick „Frei geradeaus ins Unendliche des Studioversums“. Gespickt mit solch genialen Statements wie: „Ist es noch Wetter…..?“. Donnerwetter!

Je intellektueller der Blick, frei geradeaus, die Teilnehmer in der Runde und die Teilnahmslosen vor dem TV ergreift, umso folgenschwerer trifft uns Stilmittel Nr.:2.

Es wird geradezu diabolisch ausgekostet – der Abbruch eines Gedanken mitten im Satz! Da steht es nun im Raum, das Satzfragment: Allen schauen ratlos drein. Die Länge der Sprechpause gewinnt von Sekunde zu Sekunde an Dramatik. Nach einem meist oberflächlichem Atemzug wird die sprachlose Pause abrupt und stilvoll beendet. Nachdem sich die Teilnehmer in der Runde und die Teilnahmslosen vor dem TV ihrer absoluten Unwissenheit bewusst geworden, oder in einen leichten Dämmerschlaf versunken sind, kann der Pausensprechen unmöglich nahtlos in seiner Gedankenwelt fortfahren. Was folgt ist die einmalige oder gar mehrmalige Wiederholung (wie bei den Sokos!) voran geäußerter Worte mit und ohne Zusammenhang. Gestattet mir, zum besseren Verständnis, ein niedergeschriebenes Beispiel: „Ist es noch Wetter oder ist……….(Pause)……..oder ist es schon Klima?“ Es könnte allerdings auch so zelebriert werden können: „Ist es noch Wetter oder ist……..(Pause)…….oder…….(Pause)……..oder ist es schon Klima?“

Wer hier nicht spätestens vor Neugier schier implodiert, der sollte lieber die Zweitausstrahlung der Soko Köln aus dem Domplattenjahr 2016 anschauen und sich fragen, ob in diesen 45 Minuten der Täter auch wieder innerhalb der Sendezeit gefasst wird. Nahtlos schließen sich die Werbeblocks an, die ihre wichtigen Verbraucherinformationen jede Atem- und Denkpause füllen.

Sollte einem Experten einmal ein zusammenhängender Satz entfleuchen, der wird bei Markus Lanz konsequent eingebremst. Er, Markus Lanz, ist der perfekte, smarte Unterbrecher vor dem Herrn und der Frau. Er, Markus Lanz, zwingt jeden zu Satzfragmenten. Wann und wo er, Markus Lanz, es will. Ob es passt oder nicht. Selbst relativ neutrale, unbefangene  Zuhörer merken augenblicklich – hier stimmt was nicht! Der hoffnungslos Überforderte, in ganzen Sätzen Sprechende wird unvermittelt und unvorbereitet mit dieser Situation, dieser Gedanken-Sollbruchstelle konfrontiert. Und mit welchem bisher unausgesprochenen Gedanken soll er dann fortfahren? Vorausgesetzt er kommt überhaupt noch einmal zu Wort. Und lässt er, Markus Lanz, ihm dann ausreichend Zeit seine Gedankenspiele in Gänze loszuwerden? Oder fällt er, Markus Lanz, ihm schon beim ersten Luftholen erneut ins Wort? Es ist nicht einfach in so einer Talk-Show.

Sollte nun wirklich gar keine Katastrophe, aber auch wirklich gar keine, die Runden der Talk-Shows beleben, hätte ich evtl. ein paar Dauerbrenner beizusteuern. Wie wäre es mit den katholischen Kinderschändern in äh……..(Pause)…..in äh den USA? Oder unmittelbar….(Pause)…..vom der eigenen Portal? Oder, wenn wir schon bei den Scheinheiligen sind: Sind Katholiken Kannibalen? Denn wie sonst wäre der Spruch anlässlich der Kommunion zu erklären: „Nehmet hin und esset, das ist mein Leib…….(Pause)…..nehmet hin und trinket, das ist mein Blut.“ Na dann Prost Mahlzeit!

Genial sind auch die Expertenrunden zum Thema Sport. Besonders zum Fußball. Die Themen gehen hier nie aus. Irgendeine Mannschaft gewinnt immer. Eine andere verliert überraschend. Tausend Einwürfe jeden Pass, jedes Foul, jedes Tor, jeden Thor in epischer Breite abzugrätschen. Hier würden übrigens Wiederholungen keinem auffallen. Die beeindruckende Leistung besteht für mich darin, nach jedem Spieltag den gleichen Senf mit großer Ernsthaftigkeit über die Mattscheibe flimmern zu lassen. Andernfalls, was würden ohne diesen Talk unsere Dauerbrenner Lodda, Stinkefinger Effe und Teflon Wontorra sonst sinnloses anstellen? Lodda könnte noch mal heiraten, Effe könnte Trainerstatement nacheffen und Wontorra könnte nix anbrennen lassen. Darüber ließe es sich dann wieder bei Anne Will oder Markus Lanz……(Pause)… vortrefflich ereifern.

Jaja, was waren das noch für goldene Zeiten, in denen Werner Höfer sonntags zur besten Mittagszeit den „Internationalen Frühschoppen mit sechs Journalisten aus fünf Ländern“ moderierte? Mit Format! Hier rauchten nicht nur die Köpfe.

Vernissage

Die Sichtweise auf bestimmte Ereignisse liegt immer im Auge des Betrachters. Da es von mir nicht unbekannt ist, dass ich stets eine spezielle Interpretation bevorzuge, möchte ich auch hier und heute meine eigene Reflektion auf die Vernissage gestern zu Papier bringen.

Vorweg bemerkt: Es ist mir ein besonderes Bedürfnis ein paar persönliche Worte über den Schaffenden zu verlieren. Als Mensch, Freund und Künstler kenne und schätze ich Axel Bleyer überaus und bewundere seine Arbeit und seine Arbeiten. Die Artefakte seiner aktuellen Ausstellung sind absolut sehenswert. Ein lohnender Blick auf seine beeindruckenden Bilder war uns vergönnt. Kreativität gepaart mit perfektem handwerklichem Können und einem sicheren Gespür für den richtigen Zeitpunkt etwas Außergewöhnliches auszulösen.

Zurück zum eigentlichen Geschehen. Es war eine weise Entscheidung ein wenig eher die Galerie aufzusuchen, um in Ruhe die Werke betrachten zu können. Trotz TV-Primetime fanden sich bei Zeiten Familie, Freunde und eine große Schar kulturaffiner Bürger in der Städtischen Galerie ein. Der und die ein oder andere hatten sich prächtig herausgeputzt, einige wenige hätte wenigstens ihr Schuhwerk putzen können. Aber die Kunst ist für alle da. Auch für, die sehen und nicht nur gesehen werden wollen.

Zur Begrüßung hatte sich die Oberbürgermeisterin persönlich auf die Einladung setzen lassen. Ich war angenehm überrascht, welch` passende Worte sie gewählt, dem erwartungsvollen Publikum darbot. Jaja, die Sprache der Kunstaffinen ist beileibe keine geläufige. Es stellte sich jedoch alsbald heraus, dass die passenden Worte buchstabengetreu so in der Einladung zu finden waren. Wahrscheinlich von des Meisters Hand höchstpersönlich verfasst. Augenblicklich geisterte mir Karl-Theodor zu Guttenberg durch den Kopf, dem einstigen Haargel- und Hoffnungsträger der unchristlichen unsozialen Union. Der Adel war ohnehin im deutschen Parlament unterrepräsentiert. Mir fallen im Moment lediglich Alexander Sebastian Leonce, Freiherr von Wenge Graf Lambsdorff, kurz Graf Lambsdorff, Konstantin von Notz, Beatrix von Storch und M. von Würselen ein, und natürlich der Hochadel aus Niedersachsen: Flinten Uschi, Ursula von der Leyen. Die Herrin über ein Heer von Freiwilligen und dem größten militärischen Schrotthaufen aller Zeiten. Das Gerede fand trotz meiner gedanklichen Fremdgänge seine Fortsetzung und die Frau OB reichte das Wort sinnbildlich an Herrn Prof. Dr. Dingenskirchen weiter. Übrigens schneller als im weiten Rund befürchtet.

Dem Lehrkörper der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe widme ich zwei eigene Absätze. Als beredeter Laudator ließ er es sich nicht nehmen darauf hinzuweisen, dass er gerade an einem Buch arbeitete, welches sich überraschend mit dem Thema Kunst beschäftigte. In Karlsruhe bereitet er seine Studenten auf ein Leben als Künstler, Laudatoren oder Taxifahrer vor. Er ergriff sogleich beherzt das dargebotene Wort. Ohne großen Prolog kam er direkt zum Thema und auf die staunenden Besucher regnete ein Schatz von bisher ungehörten Worten nieder. Deren Münder wuchsen in Dimensionen, die einer Zahnbehandlung zur Ehre gereicht hätten. Andere zogen sich gekonnt in ihr inneres Ich zurück, was erfahrungsgemäß mit geschlossenen Augen nahezu perfekt gelang.

Normalerweise reicht dem erwachsenen Erdenbürger im Alltag ein Wortschatz von ca. 400 Wörtern. Der durchschnittlich gebildete Sprecher verfügt über ein Depot von 4.000 bis 10.000 Wörter und Johann Wolfgang von(!) Goethe gar von 80.000. Andererseits kommt ein amerikanischer Präsident spielend mit 280 Zeichen aus! Die Wortgewalt des Prof.Dr.Dingenskirchen hingegen übertraf alle Erwartungen. Mein zunächst gehegter Gedanke, die Unbekannten später zu googeln, scheiterte bereits zu Beginn des zweiten Absatzes mangels ausreichend Speicherkapazität. Ich ließ es einfach geschehen und fand mich mit der Schmach ab, als Unwissender unter der staunenden Menge mein jämmerliches Dasein zu fristen. Plötzlich und unerwartet für alle Anwesenden endete die Laudatio. Waren ihm die Worte ausgegangen? Oder zeigte er ein Einsehen mit den offensichtlich hoffnungslos überforderten Kleingeistern?

Wie dem auch sei. Jetzt schlug die Stunde der üblich verdächtigen Intellektuellen. Im Nu fand sich der Kreatör und Wortschöpfer umringt von Bewunderern (ich erspare mir die beiden verbleibenden, politisch korrekten Genderansprachen. Man möge es mir verzeihen!), die ihn umgehend mit intelligenten Fragen löcherten, um ihren schier unendlichen Wissensdurst zu löschen. Der Großteil der kunstaffinen Anwesenden löscht dagegen seinen Durst am Buffet(t) mit einem Gläschen Prosecco.

Zu guter Letzt: Möge dem kunstschaffenden Lichtbildner der kreative Blick erhalten bleiben, damit er uns noch viele bildschöne Artefakte präsentieren kann!

Lang lebe der Tod

Nein, nein, die November-Depri hat nicht ihr erstes Opfer gefunden! Der Nach-richter war auf einem Konzert, von dem ich einfach berichten muss. Und meinen Titel habe ich lediglich vom Konzert-Titel abgekupfert. Ja, ich war als sicher ältester Fan ever auf dem Konzert von Casper in der Stuttgarter Porsche-Arena. Freiwillig, auch wenn ich auf der persönlichen Gästeliste des Gitarristen von Casper stand. Jaja, Beziehungen sind einfach alles. Und hoffentlich habe ich noch ein paar Mal Gelegenheit dazu, denn es war richtig klasse!

Casper ist (lt. Stuttgarter Nachrichten) der: „..derzeit wohl erfolgreichste deutsche Pop-Musiker, der die größten Hallen füllt….“ Der Stil, ein Mix aus Hip-Hop, Rock und Pop. Gefällt sicher nicht jedem, aber mir! Egal. Nach-richten-swert ist allemal das Drumherum. Da bin ich als Grufti dann doch nicht mehr so am Start. Obwohl, es waren nicht ausschließlich Zahnspangen unter den ca. 10.000 textsicheren Casper-Fans. Außer mir, soweit geht die Liebe nun doch nicht.

Samstag, am späten Nachmittag nach Stuttgart fahren ist auch nicht gerade prickelnd. Besonders wenn parallel der Zirkus Krone gastiert, die Wasen noch tagt und die Läden bis 24:00Uhr geöffnet haben. Das Christkind lässt bereits grüßen. Von Stammheim bis zur Porsche-Arena haben wir genauso lange gebraucht, wie von Nonnenweier bis zur P.A.. Wir, will heißen, Sohn nebst Freund. Altersgerechte Fans. Als erfahrener Ex-In-der-Weltgeschichte-Rumkommer wusste ich natürlich wo die besten Parkplätze sind. Nur Geduld war angesagt, aber das sollte sich auf der Heimfahrt bezahlt machen. Bezahlt, im wahrsten Sinne des Wortes, denn das perfekte Parken hat seinen Preis. Aber wir haben es ja! Ruck zuck an die Kasse, den Blues abgedrückt, dass wir auf der Gästeliste stehen, Ausweis als Beweis vorzeigen, Top-Kärtchen empfangen – fertig. Die Mädels hinter uns waren schon ganz aufgeregt und wollten wissen, wie man denn an solche Karten kommt. Wir haben mangels besserer Idee den Pressebonus angeführt. Offenbar gaben sich die Mädels damit zufrieden, bewunderten aber weiterhin unser Glück für solche Plätze.

Ich reihte mich in die Schlange der Leibesvisitationen ein. Meine Priorität lag auf der Absperrgitter-Allee, an deren Trichter eine nette junge Frau mit geübten Handgriffen nach Was-weiß-denn-ich fahndete. Trotz privilegierter Karte wurde ich in die Absperrgitter-Allee nebenan umdirigiert, wo mich ein grobschlächtiger zwei mal zwei mal zwei Meter Mann aus allen Fantasien riss. #Metoo hatte sich bis Schwaben herumgesprochen und galt offensichtlich auch für das männliche Geschlecht. Mann kann eben nicht alles haben! Jetzt kurzer Rückruf bei unserem Gönner, ein quasi Familienmitglied, und die Warteposition am Fanartikelstand beziehen. Michael, unser Gönner und Gitarrist ließ nicht lange auf sich warten. Mit ein paar Bierchen zur Einstimmung.

„Das ist doch…ist das nicht… schau mal wer da steht…kann ich ein Selfie machen (früher stand man stundenlang für ein Autogramm an), bist du das auf dem Bild hier?, meine Freundin hat dich erkannt…….“ wir verschoben unser privates Gespräch auf das nächste Familienfest in Ostwestfalen. Auch nach dem Konzert war ein Treffen nicht günstig, denn mit fünf eigenen Night-Linern ging es gleich weiter nach Berlin zum nächsten Auftritt.

Wir bezogen unsere Plätze, mussten aber noch die letzten Klänge einer Vorgruppe ertragen. Von herausgehobener Position hatten wir perfekten Blick auf die tosende Masse und die Bühne  sowieso. Allen Unkenrufen zum Trotz, das Konzert begann überaus pünktlich. Kaum wurde das Licht in der Arena gedimmt, verstummte das allgemeine Gemurmel und ein frenetisches Gejohle brach aus. Zeitgleich mit einem Tinnitus-Anfall. Und es war noch keine einzige Note gespielt! Ich hatte irgendwie vergessen, wie durchdringend laut so ein Konzert sein kann. Der Pegel steigerte sich noch einmal drastisch beim ersten Klang der Instrumente und noch einmal als Casper die Bühne rockte. Die Ohrstöpsel von Formel 1 Rennen hätten garantiert für ein wenig Dämpfung gesorgt. Ein wenig!

Casper hatte die 10.000 textsicheren Brüller total im Griff. Er kasperte auf der Bühne von einem Eck ins andere. Und wenn er sie alle hopsen sehen wollte, dann hopsten alle, und streckten den Effe-Finger in die Höhe, wenn er ihn sehen wollte. Zu meiner Überraschung wussten alle welchen der zehn Finger er sehen wollte. Ohne auch nur ein einziges Wort darüber zu verlieren! Überrascht hat mich ebenso, wie viele Zuhörer und Mithopser doch Sitzplätze gebucht hatten, obwohl sie zwei Stunden ausschließlich standen oder eben hopsten. Neben der Lightshow sorgten tausende von Smartphones für ein stakkatomäßiges Blitzlicht-Gewitter. Der dazugehörige Donner prasselte bauchfellbebend unaufhörlich aus den Trommeln und Gitarren. Besonders der Pfänderbass ließ die Mitte des Körpers zwei Stunden vibrieren.

Ein Mix aus den besten Songs aller Alben begeisterte die hopsende Schar. Auch mein Lieblingslied war dabei: Perfekt. Wie der Titel schon sagt. So pünktlich wie es  begonnen hatte, so pünktlich endete das Konzert. Die Ruhe war wohltuend aber irgendwie unerwartet. Der kurze Weg zum Auto war ja geplant, und so gelang es uns vor allen die Landeshauptstadt zügig zu verlassen. Auch A8 und A5 boten freie Fahrt für freie Bürger. Ohne einen Zwischenstopp bei Burger King wären wir noch am Samstag wieder in Nonnenweier gewesen.

Abendgrauen

Zugegeben, ich berufe mich gerne auf die Wissenschaft. Ist sie doch sehr wahrscheinlich die einzige zuverlässige Komponente in dieser merkwürdigen Zeit. Wenn auch das Trumpel im Weißen Haus manchen wissenschaftlichen Erkenntnissen keinen Glauben schenkt. Und können sich so viele Millionen US-Bürger, die ihn gewählt haben, irren?! Schließlich ist die überwiegende Mehrheit  als Wirtschaftsflüchtlinge europastämmig. Also aus Ländern, denen man eine gewisse Kultur nachsagt. Haben sie doch anerkannte Koryphäen aus Kultur und Wissenschaft hervorgebracht.

Genug der Vorrede. Uneinigkeit jedenfalls herrscht unter allen Gelehrten, ob nun das Abendgrauen vor dem Morgengrauen war – oder umgekehrt. Hier lassen sich gewisse Parallelen zum Huhn und dem Ei nicht verleugnen. Wie dem auch sei. Auf jeden Fall überfiel mich das Abendgrauen neulich in einem Restaurant plötzlich und völlig unerwartet in Persona des Stefan Mross! Nahm er doch mit schmückendem Beiwerk und seinem Hofstaat am Nachbartisch Platz. Wie bitte? Ihr kennt Stefan Mross nicht? Den Sonntags-Vormittags Fernsehgärtner aus dem ZDF? Macht gar nichts! Zur Erklärung: Die Fernsehgemeinde unterteilt sich in vier Gruppen:

  1. Die jungen Seher. Diese schlafen zu den Übertragungszeiten noch tief und fest. Somit bleibt ihnen das Morgengrauen (in diesem Fall) erspart.
  2. Die mittlere Generation. Sie walken oder joggen zu dieser Tageszeit, nachdem sie sich bewusst glutenfrei ernährt haben.
  3. Die Nachkriegsgeneration. Hier steht Mutti, nach dem Kirchgang, am Herd, und bereitet das Sonntagsmahl vor. Sollte es an einem Zweitfernsehen in der Küche mangeln, entgeht auch ihr diese bedauernswerte Sendung.
  4. Die älteren Bürger haben die Muse sich dem Programm hingebungsvoll zu widmen. Ihnen wird das Sonntagsmenü per Kurier unmittelbar auf den Esstisch geliefert. Diese Klientel ist die treueste aller Treuen.

Bemerkenswerter Weise stammen etliche weitere Selbstdarsteller wie Stefan Mross ausnahmslos aus Alpenländern. An dieser Stelle sei nur auf die Barden Florian Silbereisen und Hansi Hinterseher verwiesen. Der eine oder andere mag dem einen oder anderen geläufig sein.

Apropos geläufig: Werfen wir gemeinsam einen Blick auf das schmückende Beiwerk. Einige Lenze jünger als St.M. (in diesem speziellen Fall sind die Initialen bitte nicht mit Sankt Martin zu verwechseln! Oder sollte ich besser S.M. verwenden? Obwohl diese aber auch falsch interpretiert werden könnten.), mehr oder weniger gehüllt in ein Kleidchenchen, dessen Materialkosten gen Null tendieren. Das Kleidchenchen war schlicht und rot, das schmückende Beiwerk schlicht und blond. Den oberen Saum schmückte ein weißer gehäkelter Bord, wie sie uns aus hölzernen Sennhütten bekannt sind, wo solche Schmuckstücke die Küchenfenster zieren. In beiden Anwendungsfälle gestatten sie einen ungetrübten Blick auf prachtvolle Alpenpanoramen. Während die einen durch Verschiebungen der tektonischen Platten vor Jahrmillionen entstanden sind, erhoben sich die anderen unter fachmännischer Hilfe modernster Chemie. Die beiden unteren Enden des schmückenden Beiwerks waren in Plateausandalen festgezurrt, die das schmückende Beiwerk auf ein körperlich höheres Niveau hievten. Körperlich wohlgemerkt! Bei dem Anblick überfielen mich Panikattacken, da ich extrem unter Höhenangst leide. Mit unsicheren, ungelenken Schritten bewegte sich das schmückende Beiwerk gelegentlich zwischen Tisch und „Stuhl“.

Im Hofstaat befanden sich außerdem zwei erwähnenswerte Personen. Unter anderem offensichtlich eine Kameraassistentin, wie wir sie aus dem Fernsehen kennen, wenn sie ab und an unbeabsichtigt durchs Bild huschen. Unschwer auszumachen an der für Kameraassistentinnen unvermeidlichen Kleidungsstücken aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen, fair hergestellt und umweltfreundlich transportiert. Sie erinnern an Ökos, deren Pullover aus diversen ausgeleierten Socken bei einem Tütchen gestrickt wurden, und Jahre später aus den unverfilzten Resten erneut zu solchen reanimiert wurden. An den Füssen die altgedienten, klassischen Jesussandalen.

Zur Rechten von St.M. lungerte ein ganz in weiß gekleidetes Individuum. Von seinem Hemd waren die obersten vier Knöpfe geöffnet, zum Vorschein kam eine grobgliederige Kette an der ein schweres Kreuz hing. Ob die gebeugte Haltung der Schwere des Materials geschuldet war bleibt unerforscht. Das Pendant zur Kette zierte das rechte Handgelenk, während eine Uhr im Format einer Kirchturmuhr für den statischen Ausgleich am linken Gelenk sorgte. Offensichtlich der Manager.

Die restlichen Personen entsprachen durchaus ganz normalen Durchschnittsbürgern.

Ach ja: Über St.M. selbst gibt es nun wirklich nichts Aufregendes zu berichten. Abendgrauen eben.

Erlitten und beobachtet an einem eigentlich herrlich warmen Frühlingsabend, dem 28. Mai 2017.

 

 

 

 

Aschermittwoch

Frohe Kunde im Lande: Die Narren haben ihre Schuldigkeit getan. Leider nicht alle. Wenn man die Tageszeitungen aufschlägt, sind die Seiten voller Verrückter. Es dominieren partiell natürlich die Hästräger, aber die Anzugträger gewinnen zusehends wieder die Oberhand. Sie sind im realen Leben leider nicht am Aschermittwoch zu begraben, oder als Hexen zu verbrennen. Der Wunsch bleibt Vater des Gedanken.

Paradox, dass sich sogar in der sogenannten fünften Jahreszeit die Narren über die Narren lustig machen, und die Narren über die hintergründigen Witze und Zoten der Narren lachen. Der Unterschied zwischen Narren und Narren ist folgender: Die wahren Narren müssen wir nur über einen definierten Zeitraum ertragen. Sie sind nach einem genauen, festen Zeitplan verrückt. Sie tragen Strumpfhosen und rote Schühchen (wie der Papst!), trinken unmäßig Alkohol, hopsen wie aufgezogene, trommelnde Spielzeughasen herum, quälen uns mit mehr oder weniger gelungenen Reimlingen, schneiden den Anzugträgern die Krawatten ab, plärren merkwürdige Schlachtrufe, ziehen mit Händen auf den Schultern der Vorderleute durch Gemeindehallen, und bewerfen sich mit bunten Papierschnipseln. Ist der Spuk vorüber werden Heringe gegessen und anschließend gefastet.

Die dauerhaften Narren erhöhen erst einmal ihre Diäten, kaufen sich neue Krawatten, ihre Büttenreden reimen sich nicht – man kann sich sogar keinen Reim darauf machen. Sie sind inhaltslos und man kann so gar nicht darüber lachen. Manchmal wünsche ich mir, dass sie lieber auch eine Polonaise durch Bundestag und Europarat veranstalten, dann wären sie wenigstens sinnvoll beschäftigt. Achtung: Kopfkino! Jetzt, so kurz vor den Wahlen werfen sie anstelle von Kamellen verbal virtuelle Steuergeschenke unters Volk. Irgendwie auch olle Kamellen. Aber diese Drops sind wieder schnell gelutscht. Wenn am Wahltag die Lokale schließen hat jeder gewonnen, und die Steuergeschenke waren eben nur Versprechen. Kann ja mal passieren. Kommt erst in vier Jahren wieder vor. Versprochen!

Spontan kommt mir ein Gedanke: Könnte man nicht die beiden Narrengruppen gegeneinander austauschen? Mal auf Probe! Wäre doch einen Versuch wert. Die einen könnten so viel Blödsinn reden wie sie wollen, und die anderen sind ja ohnehin schon in den Rathäusern. Man könnte anstelle der PKW-Maut eine Maut auf die Polonaisen erheben. Ein kräftiges Prost auf eine Promille-Steuer. Schlechte Reimlinge sollten mit Haft in einem Narrenkäfig geahndet werden. Das Dreigestirn wird für sondierende Gespräche in die USA, die Türkei, nach Ungarn und Polen entsandt, um den größten Narren den Orden „Wider den demokratischen Ernst“ zu verleihen. Alle Lobbyisten sollten an den Pforten des Bundestages Lollies statt Zuwendungen verteilen. Ach, wie schön könnte der politische Alltag doch sein! Buntes Treiben statt grauer Tristesse. Hästräger statt Hosenträger. Papierschlangen statt Papierstapel. Motivwagen statt Dienstwagen. Törö statt Trara.

Nun kommen wir wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Schade. War gerade so schön im Flow. Saure Herringszeit ist angesagt. Wenigstens verschwinden die Pappnasen aus der Presse. Jetzt bleiben uns nur noch die anderen Narren. Hm.

Obwohl, uns beglückt ja gelegentlich eine weitere Gattung von Maskenträgern. Die selbsternannten Prominenten. Auf dem roten Teppich zum Oskar ließen sie sich bestaunen wie die Affen im Zoo. Magersüchtige Damen, zum Teil in Naturdarm gepresst, wandeln auf dem Catwalk der Eitelkeiten. Ein wahres Botoxfestival. Ein Schaulaufen für Silikonprodukte vorn und hinten. Garantiert unbiologisch gehaltene, freilaufende Klamottenständer aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen. Hofnarren der Verblödungsindustrie. Hofiert von vernarrten Fans und Sponsoren.

Uns bleibt aber auch nichts erspart. Narri!

Aschermittwoch 2017

 

 

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