Ich möchte es gleich vorweg verkünden: wir haben uns dieses Jahr für einen weiblichen Weihnachtsbaum entschieden. Konsequent gendergerecht bis in den Advent!
Die Uhr tickt! Es ist wohl eine der schwersten Entscheidungen des Jahres: welcher Weihnachtsbaum ziert die deutschen Wohnzimmer? Dabei geht es ausnahmsweise einmal nicht um die Frage Plastik versus Natur. Diese Diskussion möchte ich nicht auch noch aufmachen! Es dominieren die harten Fakten der subjektiven Ästhetik. Und, hier ist von Gleichberechtigung keine Spur – die Frau entscheidet! Alle anderen Versuche können nur aussichtslos im allgemeinen Adventsdekodesaster untergehen!
Zwischendrin sei angemerkt, dass ich ausnahmsweise einmal unserem Friede-rich, dem nicht erwiesenen Bierdeckelsteuermann, recht geben möchte: warum eigentlich vier verschiedene Steuersätze auf das Nadelgehölz?
Grundsätzlich bevorzugt werden Nord“mann“tannen. Und hier geht doch die Genderei bereits in die nächste Runde und erschüttert die besinnliche Vorweihnachtszeit in ihren Grundfesten. Selbstverständlich ist es ein Muss, dass sie bei Vollmond geschlagen werden muss. Die Tanne natürlich. Und Bio. Unbedingt Bio! Jede einzelne Nadel Bio! Dafür fahren wir auch gerne zig Kilometer, um eine Bionordmannstanne zu ergattern. Kommt „ergattern“ eigentlich von Gatten? Oder wird umgekehrt ein Schuh draus?
Als Variante zum Kauf bietet sich der volle körperliche Einsatz an. Wir schlagen unseren Baum selber! Mit Äxten und Fuchsschwänzen bewaffnet streunen ganze Familienverbände durchs Unterholz. Scheuchen Auerhuhn und –hahn auf, Hase, Reh und Wildsau. Gerne auch bei Pulverschnee, der Romantik wegen. Mit verharzten Fingern aber stolzgeschwellter Brust zwängen wir Familie und Beute artgerecht in den Van, respektive SUV oder Camper und dieseln schlammige Waldwege zurück aus Gottes freier Natur.
Glaubt bitte nicht, dass es beim Kauf weniger diskussionslos verläuft. Hier gilt es die kritischsten Fragen ehefrauengerecht zu beantworten. Ohne Telefon-Joker! Größe, gerader Wuchs, Ebenmäßigkeit und Ausrichtung der Zweige nach Feng Shui, dichte, gleichmäßige Benadelung, Vollmondschlag – wer hofft alle harmonischen Details zufriedenstellend erfüllt zu haben, dem sei in Sinne des häuslichen Friedens geraten: entscheidet euch für eine schirmartig klappbare Kunststoffvariante mit zertifiziertem Raureif aus der Spraydose!
Ist nun das Prachtstück eingenetzt und wohlbehalten auf Balkon oder Terrasse zwischengelagert, geht die Suche nach dem Ständer los. Lichterketten müssen entwirrt werden, Lametta aufgebügelt und Christbaumkugeln entstaubt werden.
Apropos Lichterkette. Ihr ahnt, worauf ich anspiele? Richtig, das Energiesparen. Bin ich ein braver Bürger und verzichte auf die schmückende LED-Beleuchtung im Vorgarten, am Baum selbst oder über dem Hauseingang harmonisch neben dem Mistelzweig? Nikoläuse auf Motorrädern, Rentiere mit und ohne Schlitten und Berge von großen, bunten, wetterfesten aber leeren Paketen, Lasershows an Hauswänden und Eiszapfen, die munter von oben nach unten blinken – der globalen Klimakatastrophe zum Trotz. Und wenn geschmacklose, individuelle Festtagsfreude über Gemein-nutz siegt, dann sollte wenigstens der Schein gewahrt und die Energievergeudungszeit minimiert werden. Von wann bis wann flutet das Lichtermeer Haus und Garten? Also, bis 22:00 Uhr ist auf jeden Fall absolut alternativlos! So, seid ihr bereit? Na, dann mal los!
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