scharfsinnig - unsinnig - kurzweilig

Kategorie: D Regional

Zwickmühle

Alles Bio, oder was? Diese hysterische Frage sei gestattet, seit wir beim Einkauf bewusst konsequent auf Bio setzen. Ja, gesund ernähren, die heimischen Hersteller priorisieren, das eigene Gewissen beruhigen. Was liegt da näher, als bei dem Biobauern seines Vertrauens zu kaufen, der sein Feder- und Borstenvieh und seine Wiederkäuer in Gottes freier Natur grasen, toben und zeugen lässt und sie alle vertraulich beim Vornamen nennt. Gleiches gilt für den Fischer und sin Fru, sowie den Kartoffel- und Karottenstreichler. Alles Bio!

Wer jetzt glaubt, dass die Welt so in Ordnung sei, der irrt gewaltig! Denn wie man`s macht, man macht`s verkehrt! Sehe ich da jetzt etwa fragende, erstaunte Blicke? Nun, ich will euch ein wenig auf die Sprünge helfen und ein schlechtes Gewissen einschreiben. Denn, das mit dem Bio hat auch seine gar finsteren Schattenseiten! Der Tierwohl-Biobauer kuschelt mit seiner Viecherei bergauf im Tal. Gute 20km entfernt, durch diverse Dörfer mit 40er Zonen und an jedem Haus ein beschmiertes Bettlaken „Für unsere Gesundheit, Umgehung sofort!“ Oder „Lärm und Gestank machen uns krank!“ Übrigens, die Fischbude ist nur unwesentlich näher, nur eben in der Ebene. Aber die Kartoffeln, Karotten und Co. beschaffen wir vor Ort. Und Tomaten sowie Kräuter züchten wir natürlich höchstpersönlich auf der hauseigenen Terrasse. Wenigstens das!

Ok, alle essen weniger Fleisch. Der Tierwohl-Biobauer züchtet deshalb weniger Vierbeiner, verlangt aber dafür höhere Preise. Er will ja schließlich über die Runden kommen! Ergo, weniger Rindviecher furzen* auch weniger = saubere Ökobilanz! Allerdings, wie ich ja stets bekenne, kutschiere ich mit dem SUV talaufwärts. Nur, um gesund zu leben. Theoretisch lebe ich also auch länger und kann viel länger talaufwärts zum Biobauern fahren. Und in die Fischbude selbstverständlich auch. Also lebe ich gesund auf Kosten der allgemeinen Ökobilanz und der Dorfbewohner, die absolut nichts dazu können, in der Einflugschneise zum Biobauern zu wohnen. Oder? Da soll man mal kein schlechtes Gewissen bekommen!

*Ist es nicht merkwürdig, dass sehr häufig die Schattenseiten eines, wenn auch gut gemeinten Trends, ganz einfach ignoriert werden? Darum ist es mir ein inneres Bedürfnis dieses stillgeschwiegene Thema in die vegane Öffentlichkeit zu zerren. Zwar liegen mir keine qualitativ seriös verwertbaren Erhebungen vor, dennoch! Wie sehr belasten die Fleischeslustverweigerer das Klima durch ihre analen Verpuffungen? Die Auswirkungen vom häufigen Genuss der diversen, blähenden Kohlarten und besonders der Hülsenfrüchte werden landläufig nicht nur unterschätzt, nein, sogar unterschlagen. Ganz abgesehen von den olfaktorischen Belastungen!

Annexion des Westens

Mal ganz ehrlich, im Grunde ist für die Krim der Weg zurück in den Schoß der Russen ein nachvollziehbarer Schritt. Und der gebildete Mitteleuropäer verkraftet ihn sicher locker, wenn auch unter runzeliger Stirn, da sie sich weder als bevorzugtes Reiseziel, noch als auserkorener Lieferant erlesener, edler Tropfen eine nachhaltige Marktposition erworben hat. Auch, wenn der Begriff des „Krim-Sektes“ in aller Munde ist, so beprickelt und bespasst er seltenst die Gaumen renommierter Trinker. Also im doppelten Sinne kein wirklicher wirtschaftlicher Verlust.

Weitaus nachdenklicher sollte uns der Weg der östlichen Eingeborenen durch die westlichen Instanzen stimmen. Hier hat doch nicht nur eine heimliche Annexion des Westens bereits stattgefunden, sondern bereits eine unheimliche.

Betrachten wir unsere Region einmal intensiver. Ein untrüglicher Beweis für die friedliche Übernahme kann an Werktagen ab 08:00 Uhr beim Amt zum An-, Ab- und Ummelden von Kraftfahrzeugen bestaunt werden. Invasionsmässig erstürmen Horden von Putins Vasallen diese Behörde. Gönnen Sie sich eine Atempause und inhalieren sie die Ausdunstungen bolschewickischer Duftfassetten. Ein harmonischer Mix aus blutdrucksenkendem Knoblauch, gepaart mit Nuancen von hochprozentigem Vodka, umhüllt von einer Note badischer Tabake und abgerundet von betörenden, maskulinen, moschusähnlichen Uraromen machen jede Sekunde der Wartezeit zu einem unvergessenen Erlebnis.

Unter den fiskalischen Gesichtspunkten gewinnt eher die Region um Baden Baden. Während sich hier eine beträchtliche Kaufkraft aus langer Tradition angesammelt hat, dominiert in Lahr eher die Sauf- und Raufkraft jüngst rübergemachter Generationen. So ist eine strukturierte Gliederung der Gesellschaftsschichten in sauber definierten Zonen zu erkennen.

Die Herren Hug und Langen würden sich in Weier bzw. im Winkel umdrehen, wenn sie sehen würden, wie sich ihre Gemeinden entwickelt haben. Ganze Siedlungen wurden sich von den Mündern abgespart. Was sich in dem Index der Bodymasse allerdings absolut nicht bestätigt.

Wer gebürtig welcher Landsmannschaft zuzuordnen ist, ist relativ rasch und fehlerfrei zu erkennen. Während sich die Weibchen nach zwanzig bis längstens dreißig Jahren aus schmetteringsgleichen Cocons entpuppen, und zur vollen Blüte mutieren, lässt sich die Herkunft bei den Männchen schon in frühesten Kindheitstagen nicht verleugnen. Bei diesen Geschlechtsgenossen findet keine weitere Metamorphose mehr statt. Normalerweise bestechen in der Natur doch die Männchen durch Farbenpracht und geschmeidige, feengleiche Körper. Warum hier die Evolution der Natur ein solches Schnippchen geschlagen hat, ist bis in die heutige Zeit unerforscht geblieben.

Wie fortgeschritten die Annexion in der bitteren Realität angekommen ist? Bilden Sie sich ein eigenes Urteil an gleichnamigem Platz! In diesem strategisch bedeutendem Sektor patrouillieren im Viertelstundentakt Boliden, die ausreichend Raum für Hub und Körper bieten. Da die Scheiben dem ahnungslosen Flaneur den neugierigen Blick ins Innere der Karossen verwehrt, sind die Scheiben auf Höhe der vorderen Insassen, vorzugsweise bei meteorologischen Hochs, herabgelassen. Der ungetönte Blick auf gebräunte, von allerlei Hormonen, Eiweißen und Hanteln deformierte Körper verfügt über ausreichend Abschreckungspotential, um ggf. auf die unerlaubte Benutzung moderner Kommunikationsmittel hinzuweisen. Recht und Ordnung machen diesem Platz keine zufriedenstellende Ehre.

Neben den an Hub und Raum voluminösen Mobilen schwäbischer Herkunft mit getönten Scheiben, prägen sich dem erfahrenen Eisdielenbesucher weitere typische Merkmale ein, die zur raschen Identifikation der Freischärler führen. An LR-Kennzeichen (Lahrer Russen), festgeschraubt auf Trägerplatten aus hochwertigem Chromnickelstahl, und, nach der Parade, von Achtern, an diversen Abgas- und Lärm-Röhren – ebenso aus V2A.

Diese körperlichen, bzw. geistig einfach strukturierten, Eliten, sind unmissverständlich einer paramilitärischer Organisation zuzuordnen. Fashion und Konfektionsgröße, Frisur und Geschmeide lassen auf einen zentralen Ausstatter schließen. Gestik und Gehabe auf einen zentralen Ausbilder mit handfestem Drill. Betonte Lässigkeit soll uniforme Kleidung, und lückenhaftes Wissen kaschieren. Es gelingt nicht immer wirklich.

Um ihren Lebensgewohnheiten näher kennen zu lernen, empfiehlt sich eine Reise ins Kaufland. Es gilt überraschender Weise der Euro, die Amtssprache ist allerdings durch ihr rollendes „R“ unzweifelhaft zu identifizieren. Auch mit anderen zivilisierten, westlichen Sprachen tun sich rasant unüberwindbare Grenzen auf. Auch hier spiegelt sich ein Laune der Natur wider. Stammen doch aus dem östlichen Riesenreiche etliche viel und hoch gepriesene Dichter, Komponisten und Visionäre. Die Lahrer Kameraden halten dies geschickt verborgen.

Neben den geistigen Größen dürfen wir die Unzahl siegreicher Sportasse nicht ignorieren. An dieser Stelle sei nur die unvergessene Anna Bolika genannt.

Last but not least, die Lahrer Shoppingmeile bietet vielfältigste Angebote. Die Ein-Euro-Shops, Kiks, NKDs, und wie sie alle heißen, unterbieten sich mit unwiderstehlichen Angeboten. Der Ausverkauf des guten Geschmacks ist allgegenwärtig.

Zum Schluss das Letzte. Von der Immobilie in der Gemeinde bis zum Mandat in den polemischen Gremien, der Weg durch die Instanzen ist geebnet. Die Annexion des Westens hat nicht erst begonnen, sie steht vor dem Abschluss. Aus Mutti wird Madga, aus Flädlesupp wird Borretsch. Und wir, wir müssen die Suppe auslöffeln. Na Prost!