scharfsinnig - unsinnig - kurzweilig

Monat: Februar 2022

Walhalla

Zu meinem Zyklus „Ich, OWL* und das wahre Leben!“ möchte ich heute eine weitere heitere Episode hinzufügen. Die Protagonisten hatten die 68er schadlos überstanden und stellten sich tapfer den neuen Herausforderungen des Lebens. Und Walhalla, ein gerne besuchtes Ausflugslokal in der Nähe von Bad Salzuflen. Es war, neben dem bereits beschriebenen Hotel Twachtmann, ein zweiter Zufluchtsort zur aktiven Entspannung unseres kurzweiligen Alltags. Soweit der Prolog.

Zum Entsetzen meiner Eltern und meiner Leber startete ich nach erfolgreichem Erwerb der Hochschulreife meine Karriere in einer Werbeagentur. In einer Zeit, in der Werbung noch Reklame genannt wurde und das Image nicht auf den vordersten Rängen der seriösen Berufe rangierte. Im Nachhinein kann ich diese Einstufung nachvollziehen. Als Kreativdirektor der Agentur heuerte mich Barni (ebenfalls bereits bekannt aus „Hotel Twachtmann“), während eines ausufernden Frühschoppens in vorgenanntem Hotel Twachtmann, als Volontär an. Für Kreative war es Usus, in einer prachtvollen Villa aus der Gründerzeit zu residieren. Und in einer solchen sollte ich nun das Handwerk des Werbers von der Pike auf erlernen. Es sollte mein weiteres Leben maßgeblich prägen, wenn auch die „Lehrjahre“ nicht wirklich koordiniert bzw. ergebnisorientiert gestaltet wurden. Immerhin hatte Barni aber meine Talente entdeckt und gefördert, die schlummernde Kreativität in mir wachgeküsst.

Eine der konsequent beherzigten Regelmäßigkeiten war das ausgiebige Feiern des Bergfestes. Will heißen, pünktlich jeden Mittwoch um 12:00 Uhr begannen die wöchentlichen Feierlichkeiten. Der harte Kern der Traditionalisten Barni, seine Frau Petrilein, der freie Graphiker Klaus, meine Wenigkeit sowie Kinski, der Agentur-Basset. Suchtartig zog es uns in das nahegelegene China-Restaurant „Zum goldenen Drachen“ (oder ähnlich), in dem es noch kein „All you can eat –Buffet“ gab. Wer dazumal zum Chinesen essen ging, der zählte schon zur kreativen Avantgarde. Der Volksmund hingegen munkelte, man würde Hund, Katze und Maus serviert bekommen. Oder gar Schlimmeres! Die Intoleranzen gegen Laktose, Glutamin und Co. waren noch nicht erfunden und Veganer gaben sich noch ausgiebig der Fleischeslust hin und es gab kein Thai-Curry-Grünkohl mit Tofu-Würstchen. Das reichhaltige Speisenangebot interessierte uns eigentlich nicht wirklich. Es gab nur einen einzigen Grund warum wir jeden Mittwoch den Drachen heimsuchten: Die Speisen Nr. 18 + 88! Die 18, als Vorspeise, „WanTan Suppe“, die 88 „Weisses Huhn mit Gemüse, Pappreis und Soße süss/sauer“. Letztere konnte man auf der Rückseite eines Löffels löffeln, da der Glutaminanteil derart dominant war, dass die Soße süss/sauer wie der schwere Samtvorhang am Portal schlaff über dem Besteckrücken herabhing und am Stück zu verzehren war. Nicht, dass dieses Gericht sich zu kulinarischen Höhen aufschwang, nein, es war die Tatsache, dass die Bedienungen

sich äußerst dämlich mit der Aussprache der 8 anstellten. Die Bestätigung unserer Bestellung hörte sich demzufolge folgendermaßen an: „aaaaaaaaaghtzen (18) und aaaaaaaaaaaaaaaaghtunaaaaaaaaaaaahgtzig (88). Ich warne jeden Leser eindringlich sich an einen Eigenversuch zu wagen!

Allein diese Sekunden waren es uns wert, WanTanSuppe und Weisses Huhn zu unseren absoluten Favoriten zu erklären. Woche für Woche. Selbstverständlich bestellte jeder für sich. Außer Kinski natürlich! Und jedes Mal wieder freuten wir uns diebisch, denn die Prozedere wiederholte sich beim Servieren und Bezahlen abermals. Das Bergfest war gerettet!

Voller Freude und Glutaminsoße, nebst einiger Gläschen Reiswein folgte, was folgen musste – die Einkehr in der Walhalla. Das Schicksal wollte es, dass Klaus mit der Wirtstochter der Walhalla, Ingrid, leiert war. Ganz zu ihrem Leidwesen, war sie von ihren Eltern als legitime Nachfolgerin erkoren, worüber sich ihre Begeisterung in übersichtlichen Grenzen hielt. Wir profitierten allerdings von der Liaison mit Klaus, denn mittwochs war mit unglaublicher Zuverlässigkeit der schattigste, beste Tisch auf der Terrasse für uns reserviert. Doch damit nicht genug. An der Fusssohle der kurvenreichen Auffahrt genügte ein kurzes Hupzeichen, um an unserem Stammtisch ein kühles Pilsken, sowie ein wohlverdientes Verdauungsschnäpschen anzutreffen. Der Einstieg in einen bunten Nachmittag war damit gesichert. Die Villa aus der Gründerzeit blieb regelmäßig unbevölkert. Da es weder Internet, Handy noch Rufumleitung gab, konnten wir uns ungestört dem kreativen Bergfest hingeben.

Mit zunehmendem Promillewert erweiterte sich auch unser Horizont und die spontanen Ideen steigerten sich, denn schließlich deklarierten wir die Aufenthalte während der offiziellen Arbeitszeit in Walhallas Biergarten als konstruktiven Gedankenaustausch (heute Brainstorming). Und alsbald wähnten wir uns auch in der nordischen Mythologie, im Götterpalast angekommen, dem Ruheort für tapfere, gefallene Kämpfer, den sogenannten Einherjer. Das „Gefallen“ interpretierten wir mit „Gefallen finden“ frei- und großzügig zu unseren Gunsten. Am Ende des arbeitsreichen Tages checkte Klaus bei Ingrid ein, Petrilein chauffierte Barni, mich und Kinski heim zu sich, wo wir die Wartezeit auf meine Frau, die mich abholte, mit einem Scheidebecher (badisch bekannt als Fluchtächtele) sinnvoll verkürzten. Eine deckungsgleiche Kopie erfolgte konsequent, konstant jeden Mittwoch – das nennt man ostwestfälische Tradition.

Epilog: Das Ausflugslokal Walhalla existiert heute leider nicht mehr. Ebenso die Werbeagentur. Ob es den „Goldenen Drachen“ noch gibt ist nicht überliefert. Und ob die Bedienungen sich mit der Aussprache der 8 immer noch eine Stimmbandzerrung zuziehen ebenfalls. Die legendären Speisen 18 + 88 sind sicher immer noch unverzichtbare Bereicherung asiatischer Gastronomie. Sicher ist ebenfalls, dass reichlich Glutamin die Soße süß/sauer schwängert.

*Kleine geographische und histerische Exkursion.

Mich erreichen immer wieder von Ortsunkundigen die Fragen: „ Was ist oder wo liegt OWL?“ OWL ist die amtliche Abkürzung für die Region „Ostwestfalen-Lippe“. Sie ist wie folgt zu verorten: Sicher kennt jeder den Nabel der Welt! Und gleich daneben, quasi nur eine Handbreite entfernt, da liegt OWL! Also genau da, wo uns dereinst Arminius heldenhaft von den Römern befreite. Genau da, wo Arminia Bielefeld auch diese Saison wieder erfolgreich in der ersten Bundesliga stürmt. Die Chinesen haben das Schiesspulver erfunden. Das Backpulver kreierte Dr. Oetker aus OWL! Und die TK-Pizza. Das Rezept haben die Römer auf ihrer schmachvollen Flucht einfach liegenlassen. Es gibt tatsächlich Bielefeld, die Stadt, die es eigentlich nicht gibt, und das real existierende Herford, incl. dem Modehaus Klingenthal (siehe auch die Episoden 1 + 2: „Hotel Twachtmann“ sowie „Der fliegende Frisör“). Soweit, so gut.

MRB Januar 2022

Willkommen in 2022!

Bald stehen uns ja die olympischen Winterspiele in China ins Haus. Und, man muss feststellen, dass der olympische Geist final den Bach runtergeht. Wer legt wann diesen unkontrollierbaren Bach trocken? Dabeisein um jeden Preis, selbst wenn es die Moral kostet! Also nicht bezogen auf die Sportler, sondern auf die IOC-Muftis. Die mathematische Gleichung heißt: Funktionäre = Millionäre. Und damit das Gremium der Jasager weiter in Saus und Braus existieren kann, wird es mit Geldspritzen geboostert. Unglaubliche Gelder fließen in Kassen und Taschen. Das Fatale daran ist, mit unseren TV-Gebühren finanzieren wir diesen Propaganda-Feldzug auch noch kräftig mit.

Wie dekadent doch die Völker geworden sind, dokumentiert sich einmal mehr am aktuellen Fall des Novak Djokovic. Nur, weil da einer etwas besser kann als die meisten Menschen, meint er sich alles leisten zu können (im wahrsten Sinne des Wortes „leisten“!) und meint sich über Regeln du Gesetze einfach hinwegsetzen zu können. Und noch schlimmer ist die Tatsache, dass sein serbischer Staatspräsident Vucic, gleich einen Angriff auf sein Volk sieht. Ok, es sind bald Wahlen in Serbien. Und Vater Djokovic setzt seinen Sprössling sogar in der göttlichen Rangliste auf Position 1. Gibt es denn inzwischen nur noch Idioten und Despoten in dieser Welt?

Das Wichtigste zum Jahresbeginn: der Moderator Jörg Palawa verlässt die ARD. Er wechselt von den Öffentlich Rechtlichen zu den Unöffentlich Unrechtlichen. Da ist der IQ der Zuschauer eher für das ganze geistlose Palaver empfänglich.

Auf der Suche nach den wahren Problemen der Menschheit, stolperte ich beim Rückrundenstart der Fußball-Bundesliga über das folgende ungelöste Problem: „Es roch nach Abseits“. Daraus resultieren die wissenschaftlichen Fragen: „Wie riecht Abseits?“ Ähnelt es in seiner Substanz eher dem Achsel- oder Fussschweiss? Und, wenn das Abseits aufgelöst wird, riecht es dann nicht mehr?

In diesem inhaltlichen Zusammenhang gratuliere ich von ganzem Herzen dem „Tor des Monats“ zum 50sten Geburtstag! Sollte man eigentlich nicht auch den Tor des Monats prämieren? Da hätte ich schon ein paar aussichtsreiche Favoriten!

Die Narren verhindern eine rasche Einführung der Impfpflicht. Nein, nein, nicht die Deppen, die sich als Spaziergänger zum Narren machen, sondern die, die sich selbst als Narren erkoren haben, bei denen selbst die Männer Strumpfhosen tragen und mit albernen Hütchen rumlaufen.

12.01.: das Unwort des Jahres ist „Pushback“. Aber sowas von gerecht! Wo sind die goldenen Zeiten geblieben, in denen der „Pushup“ noch für Furore sorgte?

14.01.: Das Affentheater um diesen irrlichternden Tennisspieler bietet weiterhin ein erschreckendes Beispiel, wie Geld Hirne zersetzt. Was glaubt dieser Mensch eigentlich, was er nicht ist? Sein Vater vergleicht ihn mit Jesus, der Staatschef erhebt ihn zum Freiheitskämpfer und Nationalhelden. Wie degeneriert ist doch unsere Gesellschaft inzwischen! Oder, kurz gesagt: Dumm gelaufen!

16.01.: So ändern sich die Zeiten. Vor 50 Jahren wurde die Anrede z.B. für Bedienungen mit Frl. offiziell beerdigt. Heute wollen sie Ober*in gerufen werden. und mit ein wenig Wehmut denke ich an meine Schulzeit zurück, bei unserer Klassenlehrerin Frl. Böser und die eineiigen Zwillinge Frl. Konischer und Frl. Konischer. Ob alle drei Mädels heute noch ledig sind, ist dem Schreibenden nicht bekannt.

Der Europaabgeordnete Rainer Wieland CDU, hat sein Büro für schlappe 630.000,-€ in Brüssel renovieren lassen! Warum nicht? Klotzen statt kleckern = zum Kotzen!

Gestern noch dachte ich, hm, gar nix Lästerliches und Lächerliches in den trüben Tagen. Und heute schwappt gleich ein ganzer Tsunami mit Richtens wertem übers Land. Allen voran natürlich wieder der Fürst aus dem Grauenland: Solo für Söder. Er kann es einfach nicht erwarten vorweg zu stürmen. So sind sie halt die Narzisten.

Apropos stürmen. Martin Suter, der eidgenössische Schreiberling mit pomadig gegeltem Resthaar, haargenau, die Kopfhaut tangierend, von vorn nach hinten plattiert und im Nacken luftig locker gelockt, klassisch, im guten alten Vokohilalook, hat ein neues Buch geschrieben – über Schweini. Also ein Au-Tor und ein Nichtleser finden zusammen. Basti Schweini soll sich ja bereits ein Bücherregal angeschafft haben, um s-ein Buch prominent zum Bestaunen platzieren zu können.

5000 Helme für die Ukraine. Das heißt auf gut Badisch: Mit den Großen pinkeln wollen, aber das Bein nicht heben können.

Und, wär hätte das gedacht, Andrea Ba-Nahles taucht aus den Untiefen der Eifel wieder auf, um genau den Job zu machen, für den sie mal Chef*in war.

27.01.: Wir gratulieren dem kleinen Covid zum zweiten Geburtstag!               

Neues aus dem erzbischöflichen Ordinäriat München / Freising: Reinhard Marx bezichtigt sich eines Kardinalfehlers. Aus lauter Konsequenz bleibt er im Amt!

Bei dem ganzen Debakel um Corona habe ich den Überblick verloren. Seit Stunde eins wird Gleichklang gefordert und Kuddelmuddel praktiziert. Und bei allem Verwaltungschaos werde ich den Verdacht nicht los, dass es vordringlich um die Frage geht: Wieviel Zuschauer in die Fußballstadien dürfen.