Jedem, aber auch jedem, der von unserem Urlaub auf Sylt erfährt, fallen die rechtsradikalen Partys vom Pony ein. Wenn aber jemand nach Dresden oder an die Mecklenburgische Seenplatte oder ins Bayrische fährt, wo exakt die gleichen Entgleisungen stattgefunden haben, fragt keiner danach, sondern wie es denn war. Obwohl die Rechtsradikalen und sogar Nazis dort eher zu verorten sind. Tja, so ist es eben. Aber seid beruhigt, ich ertrage es ohne Posttraumatische Belastungsstörungen. Und meine sensorische Verarbeitungssensitivität hält jeder rechten Anfeindung stand!
Als Wiederholungstäter muss ich mich wundern, dass mir immer noch Lustiges und Wissenswertes zu Sylt einfällt. Nein, nicht einfällt, die wahren Geschichten schreibt das Leben. Ich schreibe sie nur nieder!
Das erste Abendessen genossen wir in der „Kleinen Küchenkate“ in Keitum. Die Scholle kam aus Finkenwerden und war ebenso platt, wie das Gerede der Kaschmirklientel. Beim Bezahlen der Rechnung war ich dann platt. Obwohl ich gar nicht aus Finkenwerder komme.
Selbst in Kampen unterhält Herr Sale Filialen. Hier kann man echt viel sparen! Denn je höher der Preis und verlockender der Rabatt, desto größer ist die Ersparnis. Gut, die Preise liegen eher nicht im Ottonormalverdiener-Segment, aber nur so kann man auch, auch als Milchmädchen, wirklich sparen!
Man macht wieder verstärkt Urlaub in deutschen Landen. Und so wundert es keinesfalls, dass auch das Inselidyll entsprechend nachgefragt war. Und wen wundert es da nicht, dass wir einen Strandkorb erschöpft erst in der Dämmerung erobern konnten. Manch illegitim belegter Strandkorb konnte von den bezahlenden Mietern nur mit Androhung von Handgreiflichkeiten bezogen werden.
Das Meer schlägt hohe Welle und die roten Flaggen waren gehisst. Nicht nur die kühnen Freiwasserschwimmer und unerschrockenen Badenixen blieben auf dem Trockenen sitzen. Selbst die Baywatcher hatten weder Muse noch Zeit, sich nach den Strandschönheiten der Natur den Hals zu verdrehen. Ein altes Sylter Sprichwort heißt: Gegenwind formt den Charakter.
Leinen los! Nene, auf Sylt ist dies kein Kommando, um in See zu stechen, für einen standesgerechten Segelturn. Auf Sylt ist es der ultimative Startschuss, die Hunde von der Leine zu lassen! Abertausend deutlicher Hinweisschilder gebieten eindringlich Vierbeiner und Herrchen stets und überall an der Leine zu führen! Dem puren Zufall war es geschuldet, dass uns ein sechsbeiniges, angeleintes Paar über den Weg lief. Ich notierte Namen und Adresse, um ihn für das Hundesverdienstkreuz an der langen Leine vorzuschlagen.
Bleiben wir beim treuesten Freund des Menschen. Unverkennbar halten sich die Halter ausschließlich solche Vierbeiner, die auch alle anderen Tierliebhaber lieben. Diese Saison ist es der Pudel in allen Größen, Farben und Kreuzungen. Retriever, Beagle oder Labradore sind total uncool. Dackel geht gerade eben noch. Aber Pudel sind meilenweit vorn! Für mich sind Pudel eher Gelsenkirchener Barock. Damit es Urlaubern ohne ein kleines Scheisserchen nicht hundsmiserabel geht, habe ich eine neuste Startup-Idee: Rent a Dog! Als Sonderausstattung eine Pseudoleine aus Krokoleder, maßgeschneiderte Kaschmirumhänge für kühle Abendstunden. Filetspitzen von argentinischen Angusrindern, auf Wunsch mit Blattgoldauflage. Neben Frikassee von artgerecht freilaufendem Geflügel ist auch die vegane Gemüse-Mousse im Portfolio! Selbstverständlich biete ich auch Dog-Catering, Wellness-Programme wie Haare waschen, legen, föhnen, sowie einen Spa-Bereich incl. Wellnessoase mit Personaltrainer, Gassilaufband und Whirlpool. Eben, was das Hundeherz begehrt. Fast hätte ich das Hündchensitten unterschlagen! Incl. Häufchenbeseitigung nebst Entsorgung.
Dummerweise hatte ich ein Buch dabei, dass ich bereits vor ein paar Monaten gelesen hatte. Hm! Um nicht in Schwermut zu verfallen und nicht ständig die Strandschönheiten ins Visier nehmen zu müssen, habe ich mich mit der Mathematik beschäftigt. Ich addierte die Nummern der Strandkörbe im Kopf. Teilte sie durch deren Anzahl und kannte somit, als einziger am weiten Strand, die durchschnittliche Nummer aller Strandkörbe. Ein erhebendes Gefühl der geistigen Überlegenheit!
Was zum Sundowner das Kaschmirpullöverchen ist, bzw. die Weste von Moncler, das ist am Strand die Badehose von Villeroy & Boch! Ein Muss! Ohne dieses Lable am Po ist man ein Nichts! Ich frage mich: wie prahlen die Nudisten ohne dieses Must Have Accessoir? Tattoos wäre eine Möglichkeit. Ach ja: Villeroy & Boch sage nur ich. Ich kann den richtigen Namen nämlich nicht aussprechen. Oder kann mir jemand sagen, wie man das fehlerfrei ausspricht? Vilebrequin. Für sachdienliche Hinweise möchte ich mich schon hier bedanken!
Apropos Mode. Die leichten, luftigen Strandkleidchen, deren Print aussieht wie Delfter Kacheln, die sind megaout. Heute posiert man in schlichtem aber unschuldigem Weiß. Ob als Leinenhose mit Schlag oder in Raffstoreoptik als Supermini. Im Prinzip bleibt es aber beim Vorbild aus der Küche. Früher Kachel heute Küchenfenster. Es sei mir die ketzerische Frage erlaubt, warum tragen eigentlich immer gleich alle die gleichen Klamotten zur selben Zeit?
Heute gönnen wir uns einen gemütlichen Abend beim Gosch in List. Zu uns gesellten sich zwei Mütter mit insgesamt fünf Kindern. So weit, so gut. Die Bestellung ließ mich dann aber zweifeln, ob der Heli schon gelandet ist. Ich zitiere den Wortlaut in Fragmenten: wir hätten gerne einmal Hmhmhm, aber ohne Hmhmhm. Dann bitte die Hmhmhm aber mit Hmhmhm, dafür ohne Zwiebeln. Dann das vegane Curry ohne Gemüse. Usw. und so fort. Warum die angetrauten Männer nicht anwesend waren, um ein gemeinsames, harmonisches Familienessen zu zelebrieren, kann ich leider nicht beantworten. Hege aber so einen Verdacht.
Der „Blanke Hans“ wehte uns zum Bummeln nach Westerland, um den Weltcup der Kite-Surfer zu bewundern. Kaltes Wetter, heiße Musik und coole Typen, aber auch waagerechter Regen – genau so, wie man es sich vorstellt. Und alles gleichzeitig!
Ach ja, an einem Abend speisten wir an einem Tisch zusammen mit Steffi Jones. Ach, ihr kennt die ehemalige Nationaltrainerin der Frauen-Fußballmannschaft nicht? Die Fußballwelt- und Europameisterin?
Und so geht der Urlaub mit einem besonderen Kick zu Ende. Wir haben für nächstes Jahr schon gleich wieder gebucht. Mal schauen, was die Mädels dann tragen. Welche Hundchen dann getragen wird und welche Kleidchen.
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