Liebe Bundesrepublikanerinnen und Bundesrepublikaner.
Als steuer-, kranken-, renten-, und pflegeversicherungs-zahlendes Mitglied unseres einigen, rechtlichen, freiheitlichen Vaterlandes, mit blühenden Landschaften, bleibt es mir unbenommen das neue Jahr gebührend zu begrüßen. Willkommen sind mir alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, die ihren körperlichen, geistigen und monetären Beitrag zum Wohle unserer Gesellschaft leisten. Willkommen in 2017!
Von meiner Willkommenskultur ausschließen möchte ich alle arroganten, ignoranten, sowie unverbesserlich Dummen, oder die, die uns für dumm verkaufen wollen. An dieser Stelle sei der FCB stellvertretend herausgehoben.
Ich frage mich jedes Jahr aufs Neue: “Brauchen wir wirklich jedes Jahr ein neues Jahr? Tut es nicht auch ein gutes Gebrauchtes? Die Jahre wachsen nun einmal nicht gerade so auf den Bäumen. Gut, für 2016 könnte ich mich generell schon für einen Wechsel erwärmen. Das hinter uns liegende Jahr war nicht wirklich der Brüller. Und das davor eigentlich auch nicht. Ergo haben wir jetzt schon zwei neue Jahre in Folge verbraucht. Wir sollten hier allerdings sorgsamer mit den Ressourcen umgehen, und an das Erbe unserer Reproduktionen denken, die einen legitimen Anspruch auf weitere gute Jahre haben. Gehören Jahre eigentlich zu den nachwachsenden Rohrstoffen, oder sind sie endlich? Da diese Frage selbst bei Wikipedia nicht hinreichend beantwortet, ja nicht einmal gestellt ist, müssen wir Wohl oder Übel bis zum Jüngsten Tag warten. Erschwerend kommt hinzu, dass 2017 ein ungerades Jahr ist. Aber das ist mir grad egal!
Mit Sorge betrachte ich ebenfalls die Entsorgung der alten Jahre. Wohin mit dem ganzen Unrat, der aus schlechten Jahren an uns hängen geblieben ist? Gibt es ausreichend Sondermülldeponien für alle Despoten, Idioten und Chaoten? Wie lange ist die Verfallsdauer für Worthülsen, Schwachsinn, Lügen und Talkrunden im TV? In welchen Archiven faulen unberechtigte gelbe bzw. rote Karten, übersehene Abseits Tore, hinterhältige Fouls und alle Schwalben von Ian Robben? Welche Cloud wird mit den Darbietungen von Helene Fischer, Xavier Neindu, Florian Silbereisen, Carmen Nebel, J.B.Kerner, Til Schweiger und Peter Maffei – um nur die unerträglichsten zu nennen – verunreinigt? Fragen über Fragen, die es nachhaltig für dieses noch jungfräuliche Jahre zu klären gilt. Ich wünsche mir, dass uns Kriege, Not und Elend, Hunger und Seuchen erspart bleiben – sowie Heidi Klum, Uschi von der Leyden, Alice Schwatzer, Markus Söder, Be.Scheuert, und eine weitere, leider viel zu große Horde nichtsnutziger Artgenossinnen und Genossen. An die Vielen darf ich hier und heute noch gar nicht denken, welch Unrat und Gedankenschlecht über uns Wähler ausgekübelt wird. Doch wenden wir uns doch lieber dem realen Leben zu, und bleiben wir optimistisch! „Et hät noch ewer jut jejange!“
Unmittelbar nach dem Jahreswechsel beginnt ein tagekurzer Zeitraum, in dem ein Gros der bundesrepublikanischen Bürgerinnen und bundesrepublikanischen Bürger die Zentren der Metropolen, die Tempel des Konsums stürmen. Die Einen wedeln mit beschenkten Gutscheinen freudig erregt vor dem Kassenpersonal, anderen haben Farbe, Größe oder Form ihrer gutgemeinten, im letzten Augenblick erworbenen Weihnachtsgeschenke, nicht zugesagt. Sie starten im Tauschrausch ins neue Jahr. Wieder andere frönen ihrem Erbgut als Sammler und Jäger bei der Schnäppchenjagd. Die Rabatte überbieten sich an Tiefstleistungen, und man fragt sich, ob der Einzelhandel bei den Preisen nicht an den Rand des Ruins getrieben wird.
Ich persönlich bevorzuge eine besonders raffinierte, wenn auch perfide Art den Regeln des Marktes ein Schnippchen zu schlagen. In der Adventszeit lasse ich mich voll vom Konsumterror umzingeln. Erwerbe ein paar gute Stücke für mein gutes Stück und platziere sie stolz unter der Nordmannstanne. Lob, Anerkennung und Freude der ach so Guten dankend entgegen nehmend. Jetzt folgt der taktisch geniale Schachzug, um den zu verstehen es die volle Aufmerksamkeit erfordert: Mit der bewussten Wahl einer erkennbar zu kleinen Größe erreiche ich gleich zwei Effekte: Die Dame fühlt sich überaus geschmeichelt ob der offensichtlich positiven optischen Wahrnehmung. Alsbald wird sich herausstellen, dass der baldige Umtausch eine durchaus vernünftige Lösung darstellt. Und da innerhalb weniger Tage, ja fast Stunden, der Preis des Präsentes erdrutschartig sinkt, erwerbe ich den Artikel, aber eine Nummer grösser, erneut zu einem beachtlich entspannteren Preis und schwupps ist das Budget entlastet. Echt geil! Oder?
In den folgenden Tagen kann man sich nun in aller Ruhe auf die anstehenden Arbeiten konzentrieren. Die artgerechte Entsorgung der freilaufenden Nordmannstanne aus veganer Bodenhaltung, die sichere Lagerung aller bunten Kugeln, Kerzen, Duftkerzen mit Zimtaroma, Teelichter, Lichterketten und diverser Rumstehchen in Kellern, auf Dachböden oder angemieteten Hallen im nahen Industriegebiet. Auch die Holzblasinstrumente mit den acht Löchern müssen wieder sorgsam in die Veloursäckchen verstaut werden. CDs mit Aufnahmen von gemischten- sowie diversen Kinder-Chören unseres Vertrauens verschwinden in den Tiefen der Schubladen, zusammen mit Ausstechformen und Rezepten von allerlei hüftgoldigen Keksen und anderen Kalorienbomben.
Überglücklich sind einige Gänse ins neue Jahr gerutscht, die den Braten bei Zeiten gerochen haben, und sich als Festtagsschmaus rar gemacht haben. Sie selbst, sowie militante Veganer, begrüßen diesen Umstand aufs herzlichste. Ob diese Tarnaktion auch noch im neuen Jahr von Erfolg gekrönt bleiben wird, wird uns die Geschichte nachträglich dokumentieren. Drücken wir ihnen kräftig die Daunen. Allerdings nicht ohne darauf zu verweisen, dass es womöglich zu Ungunsten anderer schmackhafter Leidgenossen ausgehen kann.
Nach gut gemeinten Ratschlägen, nützlichen Tipps und hilfreichen Räten möchte ich allen bundesrepublikanischen Bürgerinnen und bundesrepublikanischen Bürgern alles erdenklich Gute wünschen: Neues Jahr, neues Glück! Nehmt euch mal nicht zu viel vor! Es wird doch wieder nichts damit. Ich spreche da aus Erfahrung.
Gehabt Euch wohl!
- Januar 2017
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