Widmen möchte ich diese Niederschrift meinem Schatzele, ohne das es nie zu einer derartig fundierten Betrachtung dieses täglichen Phänomens gekommen wäre. Ich bedanke mich für die nicht nachlassen wollende Penetranz mich an das Versprechen einer Aufarbeitung mit Nachdruck zu mahnen. Danke, Schatzele!

 

Die tagaktive Ephemeroptera führt ja nun wirklich ein bedauernswertes Dasein. Kurz, aber an Tristesse nicht zu unterbieten. Jetzt werden sie sicher genau wissen wollen: Wer ist diese Ephemeroptera? Das ist auch ihr gutes Recht, und so möchte ich sie auch nicht länger auf die Folter spannen, oder sie gar nötigen, sich Wikipedia oder dem alt herkömmlich Konrad Duden vorzunehmen, um Licht in das lateinische Dunkel biologischer Abgründe zu erlangen.

Hinter Ephemeroptera verbirgt sich keine Geringere als die gewöhnliche Eintagsfliege. Gewöhnlich – wohl eher außergewöhnlich! Der Name hätte nicht treffender gewählt sein können, denn dem armen Kerbtier ist es nicht vergönnt, wenigstens ein einziges Mal einen Sonnenuntergang zu erleben, oder Carmen Nebel, Florian Silbereisen oder Johannes B. Kerner. Wobei ich, wenn schon zeitlich begrenzt, jederzeit den Sonnenuntergang favorisieren würde. Natürlich überlasse ich diese Entscheidung jeder Ephemeroptera selbst. Bedauerlich ist allerdings, dass eine einmal getroffene Entscheidung zu Gunsten z.B. des Aktuelle Sport Studios nie mehr korrigiert werden kann.

Noch schlimmer als der Verzicht auf eine Talk Runde mit Anne Will ist die wissenschaftlich nachgewiesene Tatsache, dass sie niemals in ihrem jämmerlichen Vegetieren in den Genuss eines One-Night-Stands kommen kann. Die zunehmende Lebenserwartung bremst unmittelbar vor den Sechsbeinern jäh ab. Ganz im Gegenteil: Moderne chemische Mittelchen, die den, in urbanen Stuben unersetzlichen, gelben Klebebändern, wirkungsvoll ersetzen, bereiten ihnen mitunter ein plötzliches Ende. Noch vor Ablauf ihres Lebenszyklus.

Die Eltern der Eintagsfliegen begrüßen die Tatsache, dass ihnen jedwede pubertäre Anwandlungen erspart bleiben. Sofort nach dem Schlüpfen erlangen sie die volle Geschlechtsreife. Während wir Menschen in der Regel gerne festen Boden in Form von allerlei Möbelstücken zum Vollzug der Fortpflanzung bevorzugen, kopulieren die Ephemeropteras im Fliegen. Wer dies, gegen jedes besseren Wissens, ausprobieren möchte, dem sei geraten, sich um eine umfassende Berufsunfähigkeits-Versicherung zu bemühen.

Nach der Paarung pflanzen sie sich mit 1.000 bis 8.000 Eiern überproportional fort. Auf diese Art und Weise ist eine humane Alterszeit mit gesichertem Auskommen gewährleistet. Selbst über Minuten!

Brigitte, und ihre gleichnamige Diät, findet in Insektenkreisen kaum Interessenten. Schlüpfen, Fliegen, Paaren, 1.000 bis 8.000 Eier legen – da bleibt für eine kalorienbewusste Nahrungsaufnahme keine Zeit. Wen wundert es da, dass Vegetarier, Veganer, sowie Laktose- und andere Unverträglichkeiten weitgehends unbekannt sind. Auch unter Mitgliedern artverwandter Flugbegleiter, wie z.B. der Obstfliege oder der gemeinen Schmeißfliege gehören Allergien nicht zur Allminute.

Die ohnehin kostbare Zeit der Eintagsfliegen wird bei ihrem penetranten Flug um Lampen und dem ständigen Anfliegen von Fensterscheiben, sinnlos verschwendet. Ohne eine Entwicklung der Lernkurve nach oben wird deutlich, dass der Besuch einer ordentlichen Kerbtierschule sowohl kostenlos, als auch umsonst war. Besonders wissbegierige Exemplare sind beim ABC nicht über das Ypsilon hinaus gekommen, da sie, abgelenkt durch didaktisches Material, vorzeitig einer Klatsche zum Opfer erlegenen sind.

Was auch immer die heutige Zivilisation prägt, die Eintagsfliege kennt weder den Drei-Tage-Bart, noch Mario Bart. Weder die Menstruation-Tage, geschweige denn die Wechseljahre. Ihr Aufenthalt in Stundenhotels hat ebenfalls keinerlei Auswirkungen auf ihre Lebenserwartung, sowie der Erwerb einer Monatskarte bei der Deutschen Bundesbahn. Sie interessiert keine Wetterkarte und keine Stauinformation. Weder DAX noch Wahlprognosen beeindruckt bzw. beeinflusst ihre Kreise um Leute und Lampen. Der Sinn ihres Lebens scheint darin zu bestehen, sich irgendwann selber zu überholen. Bei so manch ehrgeizigem Yuppie erkenne ich ähnliche Verhaltensmuster. Sei`s drum.

 

  1. April 2016