scharfsinnig - unsinnig - kurzweilig

Kategorie: H Dies und Das (Seite 3 von 4)

Geistiger Entzug

Erst das Getier auf dem Dach, und jetzt auch noch das: Was tun, wenn morgens keine Tageszeitung im Briefkasten ist? Kann sich irgendjemand auch nur ansatzweise vorstellen, wie hilflos wir Rentner sind, wenn wir beim oder nach dem Frühstück mit leeren Händen dasitzen? Rumrentnern ohne Zeitung ist zwar möglich, aber sinnlos! Mit akuten, unerträglichen  Entzugserscheinungen! Wohin mit den Händen? Wie damals beim Rauchen aufhören! Der Zeigefinger tippt nervös auf dem Drücker des Kugelschreibers. Jederzeit startklar, um das Kreuzworträtsel zu lösen. Oder man schnäppert mit dem Clip des Kulis, was dem Partner allerdings gehörig auf die Nerven gehen kann. Das ganze Rentnerdasein ist ohne Sinn. Kein Kreuzworträtsel. Kein Sudoku. Keine Sportnachrichten. Keine Neuigkeiten aus den Königshäusern. Keine schaufelnden Politkasper aus der Region  für irgendeinen Neubau. Es ist Wahljahr und da schaufelt man doch besonders gern. Keine Gruppenfotos von Vereinsvorständen und Mitgliedern, die für viele Jahre treue Zugehörigkeit geehrt werden. Die Jahrgänge der Verblichenen rücken auch immer näher. Wenigstens davon bleibt man an diesem Morgen verschont! Keine Beilagen von Aldi, Dehner, Rewe und so. Wie soll man da einen vernünftigen Einkaufszettel zustande bringen? Sollen wir womöglich plan- und ziellos durch den Supermarkt irren? Apropos irren: Von dem Irren im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es zur dieser Stunde auch noch nichts Neues. Er schläft wohl jetzt den Schlaf des Gerechten. Der andere gerechte Irre vom Bosporus hat wieder hunderte Beamte verhaftet. Ist das nun eine gute oder schlechte Nachricht? Wer verwaltet dieses Land denn jetzt eigentlich? Wenn die geistige Elite im Knast schmort. Wer lehrt den Schüler Recht und Freiheit? Und Anstand?

Wir sitzen weiter vor einem leeren Tisch, die Kaffeetassen sind auch leer. Gedankenverloren sinnen wir über das sinnlose Rentnerdasein nach, die bekloppten in der Welt und orakeln über den Ausgang des Dieselgipfels. Dabei steht der eigentlich doch fest. Alibiszenarien. Es ist Wahljahr! Es muss dringend eine Entscheidung her! Wir greifen zum Telefon. Halt erst noch die Rufnummer der Zeitung suchen. Hoffentlich liegt die Ausgabe von gestern nicht schon im Müll- Container. Es gibt ja bekanntlich nichts Älteres als die Zeitung von gestern. Aber bei der Rufnummer wollen wir heute mal eine Ausnahme gelten lassen! Oder?

Tüt Tüt Tüt Tüt. Besetzt. Fünf Minuten später: Tüt Tüt Tüt Tüt. Immer noch besetzt. Ca. fünf Mal weitere fünf Minuten später: Tüütüt Tüütüt Tüütüt: Eine freie Leitung. „Badische Zeitung, guten Morgen! Sie sprechen mit Frau Soundso.“ Ach, dass tut mir leid. Ich verbinde sie mit unserer Service-Abteilung.“

Tüütüt Tüütüt Tüütüt. Auf eine weitere freie Leitung waren wir so zügig gar nicht vorbereitet und stotterten Name und Anschrift in die Sprechmuschel. Wir sprechen übrigens mit Frau Soundso 2.0. „Der Austräger hat sich krank gemeldet. Sie sind leider nicht die Einzigen mit leeren Händen.“ Das große und kleine Weltgeschehen musste heute eben ohne uns auskommen! „Bis elf Uhr ist die Zeitung bei ihnen! Vielen Dank für ihr Verständnis!“

Kann sich jemand in die hoffnungslose Lage eines ungeduldigen Rentners versetzen, der auf seine Zeitung wartet? Wie ewig lange die Zeit dahin schleicht. Und was anstellen mit der trostlos langweiligen Zeit? Erst einmal die Küche aufräumen, Zähne putzen, die Blätter auf der 160er Rolle zählen*, usw.

Wir haben uns in der missligen Notlage entschlossen, völlig losgelöst von knackigen Sonderangeboten, uns heute mit einem besonderen Essen zu belohnen. Wir haben Kochbücher und gehortete Rezepte studiert, und ohne jede Fremdeinwirkung einen Einkaufszettel verfasst. Inzwischen klapperte ein Bote am Briefkasten. Die BZ war da! Die Einkaufspläne mussten warten. Ach du Schande: Der FCB hat schon wieder verloren. Es ist doch noch ein schöner Tag geworden.

*Nur für Konsumenten meines Artikels „Die zarteste Versuchung“ verständlich!

In Westen nichts Neues!

Wer jetzt den Zeigefinger hebt, und berechtigt verbessert: Es heißt „Im Westen nichts Neues“, der hat Recht. Und auch wieder nicht! Denn wenn ich schon einmal so eine Formulierung verwende, steckt sicher ein Hintergedanken dahinter. So ist es!

Also, noch einmal von vorn: „In Westen nichts Neues!“ Gemeint ist bei Leibe nicht der geographische Westen, sondern schlicht und anziehend die Weste als Ober-bekleidung. Anzüglich sind logisch auch die folgenden Beobachtungen. Zunächst die Frage: Wo liegt die Altersgrenze für Westenträger? Spontan würde ich vermuten, unmittelbar beim Eintritt in die Rente. Die Vermutung, dass mit dem Erhalt des Rentner-Ausweises automatisch eine Weste ausgegeben wird hat sich zerschlagen. Wer könnte das besser beurteilen als ich? Noch größer war allerdings meine Verwunderung, dass die einschlägigen Oberbekleidungshäuser keine Angebote verschickt haben: Zwei Westen kaufen – nur eine zahlen. Hier befinden sich die Marketingstrategen noch in einer Art Tiefschlaf, denn schließlich gehören die Best Ager zu einer ausgemacht finanzstarken Zielgruppe. Jedenfalls für Westen.

Die Modedesigner hingegen haben es unglaublich einfach. Bei den Rennern dominieren die beigen, respektive khakifarbenen Modelle! Gefolgt von den Tönen schwarz und mit einem beruhigenden Abstand halbschwarz. Die Farbe Khaki harmoniert nahezu mit den Kargo-Westen, die ausschließlich bei den o.g. Käuferschichten ihre Berechtigung haben. Ursprünglich waren die diversen aufgenähten Täschchen für das sichere und griffbereite Aufbewahren von Kompass, Munition für Großwild, sowie Schweizer Taschenmesser konzipiert. Heutzutage dienen sie zur Aufbewahrung von Asthma-Spray, Herztropfen und Messgeräten für den Blutzucker. Auch ein Smartphone mit überdimensionalen Tasten finden ein bequemes Täschchen – man kann jedoch vor der Platzierung in der Nähe der Herzschrittmacher nur ausdrücklich warnen!

Neben den schlichten Farben drängt sich bei den Materialien die Baumwolle geradezu auf. Optik und Haptik in schier atemberaubender Harmonie. Für die Übergangszeit empfiehlt sich Leder oder Wildleder oder gar Loden, mit bzw. ohne Inlett aus kuscheligem, wärmendem Fell. Wer ein paar Euro mehr investieren will, wählt die Variante mit Inlett zum Ein- / Ausknöpfen oder mit Reißverschluss. Sowohl Innen wie Außen ist durchaus auch eine Leder- bzw. Fellimitation tragbar. Es versteht sich von selbst, dass die Westen generell ohne Kragen zu tragen sind, maximal ein kleiner Stehkragen ist akzeptabel.

Keine Weste ohne Ausnahme. Deshalb vollziehen wir jetzt eine doppelte 180° Merkelwende und wenden uns dem absoluten, alters- und alternativlosen Mode-Accessoire zu. Und weil es gerade so schön in die Semantik passt, den Wendewesten, beidseitig tragbar. Kein beige oder khaki – knallbunt, wenn es denn sein muss auch in schwarz. Kein Leder, keine Baumwolle, kein Loden – nein, ausschließlich atmungsaktive Hightech-Materialien! Unverzichtbar, die nicht zu übersehenden Logos der Hersteller, die aus einer ganz normalen Weste eine Haute Couture Weste schneidern. Sie prangen an prominenter Stelle, direkt über dem Herzschrittmacher. Was bei den Kargo-Westen die vielen Täschchen sind, sind bei den Westen die Steppvarianten und Reißverschlüsse. Waagerecht, diagonal oder rautenförmig lockern sie die eigentlich schlichte Struktur der Oberfläche auf. Personen mit unvorteilhaften Proportionen sollten darauf achten, dass sie nicht zu einem Zwillingsbruder des Michelin-Männchens mutieren. Ok, der Preis ist nicht allein vom Logo des Herstellers abhängig. Das Futter spielt eine wichtige Rolle. Daunen sind selbstverständlich kostspieliger als Plastikfüllungen. Da man diese allerdings nicht für jeden ersichtlich zur Schau stellen kann…. Aber gut.

Ganz ehrlich: Entgegen dem Titel ergibt sich in Westen doch einiges Neues! Hätte ich gar nicht gedacht.

Auslöser der Gedanken waren gestern, Mitte Juli 2017, bei 30°C, zwei Klassiker, die vor mir auf der Tennisanlage saßen. Einmal Khaki / Kargo, einmal Leder / schwarz.

Die zarteste Versuchung

Zugegeben, es ist jetzt nicht gerade das Brüller-Thema am Frühstückstisch. Hier behalten doch die Ereignisse der Weltpolitik die Oberhand. Und sollten noch keine Arbeiten das Rentnerdasein voll in Anspruch nehmen, steht natürlich die Gestaltung des Tages im Vordergrund. Dennoch beschäftigt mich täglich aufs Neue eine Frage, deren Antwort ausschliesslich auf dem sogenannten stillen Örtchen zu finden ist. Nebenbei: Warum das stille Örtchen „stilles Örtchen“ genannt wird, ist mir manchmal recht unklar. Wie auch immer.

Als ausgesprochen bequemer Vorteil erweist sich die Planung unseres Hauses mit vier solcher stillen Örtchen. So ist es jedem Familienmitglied vergönnt seine Geschäfte in Ruhe abzuwickeln. Nebenbei Teil 2: „…in Ruhe…“ Eventuell deshalb stilles Örtchen? Wie auch immer.

Nun, die Frage ist nicht: Warum vier stille Örtchen bei lediglich drei Familien -mitgliedern? Das wäre zu simpel. Die Frage ist sogar wesentlich profaner. Gewinnt allerdings an Bedeutung, da ich sie mir nahezu täglich stelle. Es ist der Isolation auf dem stillen Örtchen geschuldet, dass ich nie ernsthaft nach der Lösung geforscht habe. Warum auch immer.

Jetzt, so denke ich, ist ausreichend Spannung aufgebaut, um die berühmte Katze aus dem Sack zu lassen. In großen Lettern lacht mich die folgende Zahlenkombination seit Jahren an: 4 / 10 / 160. Im Klartext: 4-lagig, 10-rollig, 160-blättrig. Die 4-Lagigkeit konnte ich problemlos überprüfen, und kann es als absolut korrekt bezeichnen. Die 10-Rolligkeit ist bereits beim Kauf offensichtlich. Bleibt die Frage nach der 160-Blättrigkeit. Und hier quälen mich täglich die Zweifel nach der Richtigkeit. Ohne ins Detail zu gehen, ich verwende konsequent generell jeweils zwei Blatt. Ergo müssten 80 Verwendungen möglich sein. Das habe ich bisher nicht in Frage gestellt. Aber: Warum bleibt dann bei jeder Rolle immer ein einzelnes Blatt übrig? Ist es eins zu viel? Oder eins zu wenig? Oder gar bei einer Rolle mehr, und bei der nächsten weniger? Und würde ich in der Haushaltswaren-Abteilung des Verbrauchermarktes den Griff zum Angebot mit dem Aufdruck 161-blättrig oder 159-blättrig greifen? Wenn ich mir doch genau um die Differenz eines einzelnen Blattes bewusst bin! Wie auch immer.

Da sich die Recherchen über Tage hinziehen würden, und sich repräsentativ über mehrere Rollen erstrecken müsste, sowie zahllose Daten statistisch erfasst werden müssten, erscheint mir der Aufwand doch ein wenig überbewertet. Also verschiebe ich die weiteren Überlegungen auf die nächste Sitzung. Morgen nach dem Frühstück. Warum auch immer.

Gedacht an einem regnerischen Mittwoch, mitten im Juli 2017.

Die Geometrie des Wurstbrotes

Warnung: Vor dem geistigen Verzehr dieses Artikels wird eindringlich gewarnt. Gefährdet sind besonders folgende Personengruppen: Der gemeine Esser und Mitesser, sowie Vegetarier, Veganer und Streichwurstlegastheniker. Aus- und Nebenwirkungen sind akute Schädigungen des vegetativen Nervensystems bis hin zur selbstzerstörerischen Zerfleischung.

Während o.g. Verweigerern des traditionellen Wurstbrotes jede Sensibilität für die urbane Schnitten-Essthetik abhandengekommen ist, werden die praktizierenden, bekennenden Wurstbrot-Geometriker jede Zeile dieses Berichtes gierig verzehren. Grundsätzlich sei bemerkt, dass die Nahrungsaufnahme nicht ausschließlich dazu dient, den banalen Hunger zu stillen, respektive schlechthin zu Überleben. Wurstbrot-Geometriker genießen mit allen Sinnen – das Auge isst bekanntlich mit!

Das unbestrichene Wurstbrot ist im Urzustand bar jeder essbaren Geometrie. Erst durch die Zuwendung des Geometrikers reift es zunächst in der Fantasie zu einem Meisterwerk der Essthetik. Kein gestaltetes Wurstbrot ohne einen gesunden Belegungsplan. Bereits beim Ansatz des Brotmessers an den Laib gilt es die finale Form vor Augen zu haben. Da grobschlächtige Metzger generell die Scheiben ohne Rücksicht auf den späteren Genuss elektromechanisch herunterschneiden, bleibt es der Kreativität des Lebensmittel-Gestalters überlassen, Form und Funktion in einen harmonischen Einklang zu bringen. Nichts ist unappetitlicher, wenn unförmige Wurstscheiben das Brot an schief geschnittenen Rändern überlappen, oder zum Rand der Schnitte unbelegte Butterfelder sichtbar bleiben.

Die unnatürlichen Formen der Wurst und des Brotes werden leider allzu häufig zu Gunsten von höheren Margen technisch optimierten Herstellungsprozessen geopfert. Dabei stimmen sich die Handwerker – selbst in unmittelbarer regionaler Nähe – selten untereinander ab. So kommt es immer wieder zu Kollisionen zwischen rund und eckig. Die Wahl des Handwerkers seines Vertrauens ist hier von vorentscheidender Bedeutung!

In den südlichen Regionen Europas sind die Hersteller der Grundnahrungsmittel bereits seit Generation schlauer. Denken wir an die Italiener, deren guter Geschmack sich nicht nur bei den Lebensmitteln dokumentiert, sondern auch bei Schuhen, Handtäschchen, Kleidung allgemein und: Natürlich den Autos! Wer sich die Pane und Salamis genauer betrachtet wird zwangsläufig in Verzückung geraten, da die Formen, bestens aufeinander abgestimmt, bereits im Regal und in der Theke eine optimale Belegung erahnen lassen. Kleinere Salamischeiben können mit leichten aber schicken Überlappungen im Kreis auf eine formal größere Panescheibe drapiert werden. Hier treibt die Vorfreude schon lange vor dem Zubiss die Geschmacksfäden in die Mundhöhle. Dabei spielen die Verfeinerungen der Wurst keine ausschlag-gebende Rolle. Fenchel, Knoblauch oder Pfeffer runden den Genuss wohltuend ab. Man darf sich nicht dem Trugschluss hingeben, dass Streichwürste einfacher zu servieren sind. Die Gleichmäßigkeit der Auftragsstärke, ohne sonderliche Wellenstrukturen, sowie komplette Bedeckung bis in die letzten Ecken erfordern Konzentration und Hingabe. Bei raschen, oberflächlichen Streichungen kann es zu fettigen Seitenrändern kommen. Wie häufig ist dem Hungrigen dabei schon das ersehnte Wurstbrot entglitten, und der Physik folgend auf dem sogenannten Gesicht zum Liegen gekommen. Man möge uns davor bewahren!

Zum guten Schluss noch ein paar hilfreiche Anmerkungen. Das oben aufgeführte Prozedere ist im Grunde auch für Käse zu adaptieren – auch wenn hier der Begriff „Wurstbrot“ fehl am Platze ist. In diesem Fall verweise ich speziell auf die Sorte Velveta Käseecken „Vollfett mit Salami“, die sich bereits seit Generationen als besonders appetitlich und streichfähig bewährt hat. Die Geschmacksvariante mit Salami erlaubt hier sicher eine akzeptable Ausnahme.

Verfasst zum Ende des Ramadan in Juni 2017

 

Hundsmiserabel

Aus gegebenem Anlass muss ich einfach zu diesem Thema ein paar persönliche Anmerkungen loswerden. Es betrifft die Haltung der lieben Vierbeiner. Gut, Vierbeiner gibt es diverse. In der Regel ist allerdings der treue Freund des Menschen gemeint – der Hund. Obwohl, treuer Freund? Treffender ist mittlerweile die Einstufung: Modisches Accessoire. Grundsätzlich sollte man den Großteil der modischen Accessoires nicht als Hund bezeichnen. Diese vermenschlichten Etwasse mit vier Beinen, die in den Flaniermeilen an jeder Laterne, jedem Blumenkübel und jeder Hausecke eines der hinteren Geläufe anheben, um ihre unhygienischen Duftmarken zu hinterlassen. Und erst einmal ein Artgenosse sein Revier abgepinkelt, folgt garantiert der nächste Beinheber und benetzt das Urinal, um es für sich zu kennzeichnen. Die größeren Geschäfte werden vom Halter immerhin gelegentlich entfernt. Gelegentlich. Ok, die Hundchen können nichts dafür. Das wahre Problem befindet sich am anderen Ende der Leine! Wobei – bei den Ähnlichkeiten, die Hund und Herrchen im Laufe ihres Zusammenlebens annehmen, kann man nicht einwandfrei klären, wer sich an welchem Ende der Leine befindet. Am sichersten ist es, wenn man sich auf die Anzahl der Beine verlässt.

Es ist keinesfalls hinreichend geklärt, wer letztendlich diese Mutation vollzogen hat. Hat sich die Optik des treuen Freundes dem Herrchen, bzw. dieser dem des Herrchen bzw. dem des Herrinchen angeglichen – oder umgekehrt? Zur Ausgehuniform gehört heute standesgemäß neben dem schmucken Handtäschchen eben auch das Ebenbild mit vier Beinen. Tolerieren wir einmal die wandelnden bzw. herumgetragenen Schmusekissen, auch wenn sie an Überflüssigkeit nicht zu überbieten sind – die Probleme wachsen mit der Größe. Und, mit der Form des Schädels! Hier kann man ein weiteres Phänomen beobachten: Die Quadratur des Kreises. Oder noch wirklichkeitsnäher, die Variante in der dreidimensionalen Version: Würfel und Kugel! Diese hässlichsten aller Geschöpfe werden keinesfalls als modisches Accessoire gehalten, sondern passend zum Imponiergehabe der eher bildungsfernen Schichten.

Da stellt sich mir die Frage: Sollten Vierbeinern nicht generell und ausschließlich sinnvolleren, nützlichen Aufgaben vorbehalten bleiben? Als Wach-, Such-, Polizei-, Therapie- oder z.B. Jagdhunde? Meinen Segen hätten sie!

Welch schier unglaublicher Kult inzwischen mit den armen Tieren getrieben wird, ist in jedem Kaufmarkt und in speziellen Zoohandlungen zu bestaunen. Manch Zweibeiner würde sich glücklich schätzen, wenn er aus so einem Repertoire schöpfen könnte. Kleidung, natürlich von Harald Kötler, oder wie der heißt, Kettchen und Spangen, Bettchen und Rouge für die Wangen. Ein Riesengeschäft verspricht die Ernährung! Neben den feinsten Gourmet-Angeboten, zu denen getrocknete Öhrchen von argentinischen Rindern gehören – selbstverständlich reinste Bioware, bis zu Vitaminen- und Schlankheits-Präparaten. Sicher wird auch veganes Dosenfutter angeboten! Welche Abgründe sich auftun verdeutlichen uns auch Luxus-Coiffeure, Wellnessoasen und Fitnessstudios, bis zu Yoga-Kursen, genannt Doga. Dog-Lodges für den Urlaub gehören ebenfalls zum Programm. Neuster Gag ist ein spezieller Radiosender für Wuffies! „Hallo Hasso“ sendet sanfte Weisen von Coldplay und Donovan – für Deutsche Schäferhunde Reinhard Mey. Der Redakteur heißt auch noch Stephan Stock. Da kann ich nur sagen: „Hasso, hol das Stöckchen!“ Fehlt nur noch das vierlagige, softzarte Toilettenpapier in den Duftmarken Laternenpfahl ganz unten, oder Betonhausecke, oder Kübelübel für struppig behaarte Zonen unterhalb der Rute. Mir fällt dazu nun wirklich absolut nichts mehr ein!

 Ende Juni 2017, unmittelbar nach dem zehnten Termin zur Wundbehandlung.

 

Parkplätze

Nun, es war ungewollten Umständen geschuldet, dass ich eine Studie der besonderen Art durchführen konnte. In den repräsentativen Monaten Mai – Juli suchte ich zwei bis drei Mal wöchentlich das öffentliche Parkhaus des Krankenhauses auf. Die zwei Etagen hielten ausreichend Plätze für Besucher und mehr oder weniger Kranke bereit. Unten, die schattigen Plätze im Parterre erfreuten sich in der sommerlichen Jahreszeit größerer Beliebtheit, als die gleiche Anzahl der Parkplätze auf dem schattenlosen Oberdeck. Auch Besitzer von Fahrzeugen mit Klimaanlage wussten dies zu schätzen. Schon beim Einbiegen in die Zufahrt war unmissverständlich zu erkennen, ob begehrte, kühle Parkboxen auf Deck 1 frei waren oder nicht. Eine rote Ampel signalisierte, unterstützt durch den zusätzlichen Text „Besetzt“, dass diese Ebene bereits besetzt war. Für die Alphabeten und Alphabetinnen erwies sich der Hinweise auf weitere freie Plätze auf dem Oberdeck darüber hinaus als zielführend. So man ihn denn zur Kenntnis nahm!

Die Dramen begannen grundsätzlich bereits vor der ersten Schranke. Wer sein Glück trotz des deutlichen Hinweises „Besetzt“ dennoch versuchte, sah sich rasch mit der harten Realität konfrontiert. Das Parkdeck war in der Tat besetzt, und hinter dem Unbelehrbaren lauerten schon weitere Suchende. Es galt also so geschickt wie irgend möglich sein Automobil aus der vordersten Stauzone zu rangieren, um nicht den totalen Zusammenbruch des Anreiseverkehrs zu verursachen. Hupend und wild gestikulierend machten die Suchenden auf sich aufmerksam, um ihre Karossen vor möglicher Kaltverformung zu bewahren.

Nach etlichen Hins und Hers gelingt es dann in der Regel in Richtung Oberdeck zu manövrieren. Unmittelbar nach dem Einbiegen tut sich das zu erwartende nächste Hindernis auf: Die Schranke. Und davor ein seltsamer Kasten, der auf Anforderung per Knopfdruck ein Ticket auswirft, auf dem die Ankunftszeit registriert ist und sich dann auf wundersame Weise die Schranke öffnet. So die Theorie. In der Praxis entpuppt sich dieser Akt jedoch als ein wenig komplizierter. Der Radius bei der Einfahrt wurde ein wenig unglücklich gewählt, sodass die Entfernung zum heilsbringenden seltsamen Kasten in schier unerreichbarer Ferne steht. Bis das Gefährt auf eine akzeptable Armlänge in die Nähe des seltsamen Kastens chauffiert wurde, wuchs der Unmutsfaktor der folgenden bereits um mehrere Kragengrößen. Die Position der Rückenlehne des Fahrers im Abstand zum Lenker erlaubt nur einen geringen Spielraum an Bewegungsprofil, was das fahrige Hantieren, um das Ticket aus dem seltsamen Kasten zu zetteln, nicht gerade beschleunigt. Andererseits ist der Abstand dann doch zu gering, um durch das Öffnen der Fahrertür geschmeidiger an das Ticket zu gelangen. So hart und unerbittlich kann das Leben sein.

Die Schikanen finden ihre Fortsetzung in den viel zu engen Parkboxen. Auch die Orientierungslinien sind garantiert nicht für eine optimale Parkposition aufgemalt. Ungeachtet derselben ist es wesentlich bequemer seinen fahrbaren Untersatz in leicht schräger Anordnung abzustellen. Immerhin tangiert die vordere Ecke der Stossstange den äußersten Punkt der Parkbox. Gut, hinten stellt sich die Position nicht ganz so eindeutig dar. Aber jetzt steht man nun einmal.

Ihr ahnt es sicher schon an dieser Stelle: Es naht zwangsläufig irgendwann das Ende der Konsultation eines Arztes bzw. der Besuch eines lieben Patienten. Was dann folgt ist eine Doublette des Einfahrt-Park-Prozederes. Nur in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Welche Dramen sich zwischenzeitlich am Kassenautomaten abspielen sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Wie herum und wo hinein gehört das Parkticket? Bei Münzmangel, welche Scheine in welchen Schlitz? Und vor allem: Welche Seite muss nach oben bzw. nach vorn? Praktisches Ausprobieren geht zu Lasten theoretischer Bedienungsanleitungen. Hatte ich jetzt diese Variante schon probiert? In diesem Fall erweist sich ein zweiter Kassenautomat als unbezahlbarer Vorteil. Bietet er doch die nicht zu unterschätzende Möglichkeit, seinen Kontrahenten auf kürzester Distanz auszubremsen und beruhigend hinter sich zu lassen.

Rückblickend Mitte Juli 2017

Autobiogrphie

Wer sich heute mit dem Gedanken quält einen Neuwagen anzuschaffen, der muss sich durch nicht enden wollende Zubehörlisten arbeiten, um dann festzustellen, dass der eigentliche fahrbare Untersatz das Preiswerteste an der ganzen Investition ist. Die Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten verlocken zu einem Häkchen hier und einem Kreuzchen da. Für Papa die Sportausstattung, für Mama den Parkassistenten. Sitzheizung und Klimaautomatik sorgen für Wohlbefinden bei jeder Großwetterlage, und die nette junge Dame vom Navi verströmt großes Vertrauen in den Anweisungen zur Fahrtroute. Es gibt nichts was es nicht gibt. Allerlei Angebotspakete und Finanzierungsofferten erleichtern die Entscheidung, anstelle der gerade noch fahrbaren Standard-Ausstattung doch eine exklusivere Variante zu ordern. Der Licht- und Regensensor ist ebenso inklusive wie das Multifunktionslenkrad. Ein lohnendes Geschäft. Und außerdem: Ein Fahren ohne Tempomat ist zwar möglich, aber undenkbar.

Wer erinnert sich eigentlich noch an die guten alten Zeiten? Opel Kadett B, das zweifarbige Coupé: Unten dunkelrot, oben, ab Unterfensterkante, schwarz. Auch in Nappaleder-Optik ein absoluter Hingucker! Oder in schlüpferfarbenem Hellblau! Anstelle Xenon- oder LED-Kurvenadaptierumdieeckevollausleuchtung (Puh!) funzelten klassische Glühbirnchen in der Dunkelheit herum. Diese konnte man sage und schreiben noch eigenhändig auswechseln! Riesige Halogenscheinwerfer und Breitstrahler sollten Finsternis und Nebelbänke aufhellen, brachten allerdings so manche Lichtmaschine an ihr Limit. Ohne Frage: Die gesamten Laternen wurden selbstverständlich nachträglich auf der Stossstange montiert, die aus Stahl bereits grob geschätzte 50% des KFZ-Gesamtgewichtes ausmachte. Von einer farblich abgestimmten Integration in die Karosserie unter dem Kühlergrill waren sie meilenweit entfernt.

Unweit des Lichterbaums, auf dem Kotflügel, wurden die Löcher für die Teleskop-Antenne gebohrt. Beim Abstellen des KFZs wurde diese achtsam eingeschoben, und beim Starten wieder herausgezogen. Das machte auch Sinn, weil sie in den meisten Fällen durch den Kotflügel in den Radkasten ragten, und wo es in Kurven mit den Pneus zu einer Kollision kommen würde. Dies konnte man unmittelbar an den Geräuschen erkennen, da die Karosserie als Klangkörper die Situation dramatisch wiedergab.

Ohne stromlilienförmige Außen-Rückspiegel im Nierentisch-Design ging gar nichts! Nachträglich montiert, auf Höhe der dreieckigen Ausstellfensterchen, ausschließlich manuell verstellbar. Wie bei den Löchern für die Antenne waren auch hier dem Rost in der Stahlkarosse Tür und Tor geöffnet.

Apropos Räder. Keine Alufelgen – Stahlfelgen und Radkappenblender waren vorherrschend, und unzählige dieser Radkappen zierten Straßenränder und –Gräben. Vielerorts dienten sie eifrigen Trophäensammlern als Blumenschale.

Als weiteres optisches Highlight fuhren jüngere Autobesitzer auf Kunststoffkappen ab, die sie über die Radmuttern stülpten. Ob in Wagenfarbe oder komplementär ließen sie jede Alufelge vor Neid erblassen. Nicht selten griff man auch zu verchromten Varianten. Blendende Zierde, ohne Zweifel, jedoch splitterte bereits bei der ersten Montage das ein oder andere Stück aus dem Blendwerk.

Verlassen wir nun das Äußere des Schmuckstückes und wenden uns dem überaus interessanten Innenleben zu. Das Thema Sicherheit stand noch nicht bedingungslos im Fokus – mit gut gemeinten Attrappen gaukelte man hier gerne Ernsthaftigkeit vor.

Wo heute integrierte Kopfstützen keinen Zweifel an schützender Funktion lassen, gab es derzeit, wenn überhaupt, lediglich Kopfstützen zum Aufstecken auf die Rückenlehnen der Frontsitze. Das Vertrauen bekam bereits beim Einsteigen einen jähen Dämpfer, wenn sie ohne Ankündigung oder erkennbaren Grund nach hinten in den Fußraum des Fonds fielen, wo sie weder durch Form, noch durch Funktion überzeugen konnten.

Noch abenteuerlicher als die Kopfstützen gestalteten sich die Sicherheitsgurte. Wer eine Strangulation nicht scheute, der rüstete seinen fahrbaren Untersatz mit Hosenträger-Fünfpunkt-Gurten aus. Allein die Zahl Fünf beeindruckte, garantierte allerdings keineswegs den erwünschten Schutz für Leib und Leben. Rumpf und Beine wurden fixiert, und eine zentrale Fangleine sollte verhindern was bei einem Unglück zu verhindern gewesen wäre. Die Fangleine wurde fachgerecht hinter der Rückbank, unter der Hutablage verankert. Die Schrauben mit dem Potentiometer nach DIN knallhart angezogen, und mit einer zweiten Mutter gekontert. Allerdings hielt die Kofferraumabdeckung, an der sich die Mutter klammerte, nicht den ersehnten Erwartungen auf die erforderliche Widerstandskraft. Aber sicher besser als gar nichts.

Das Lenkrad verfügte über eine zweidimensionale Multifunktion. Man konnte, mit reiner Muskelkraft, also ohne Servo-Unterstützung, jeweils nach links oder rechts chauffieren. So, wie es die allgemeine Verkehrssituation erforderte. Eine haptische Aufwertung konnte man durch einen Handschweiß absorbierenden Leder-Imitat-Schoner verwirklichen. Die Folge waren dunkle Flecken an der Zehnnachzehn-, bzw. Zehnvorzwei-Griffstellung. Waren die Befestigungsschnüre nicht straff genug gezurrt, rutschte es hin und her, was zu manch unübersichtlicher Situation, nicht nur auf kurvigen Alleen, führte.

Ultimativer Bringer war jedoch der Öldruckmesser auf dem Armaturenbrett! Das konnte nur noch getoppt werden, wenn ein Drehzahlmesser daneben zum Einsatz kam. Selbst das hübscheste Paar Beine auf dem Trottoir erlangte nicht annähernd solche Aufmerksamkeit wie dieses Pärchen innovativer Kontrolltechnik.

Gerne genommen wurden auch Kippschalter. Mehr Kippschalter als denkbare Funktionen wurden dabei von jedem Beifahrer anstandslos akzeptiert. In der Regel betätigte man damit die Funktionen „Licht an / aus“, besonders fortschrittliche Karossen auch noch die Scheibenwischer in einer Universalgeschwindigkeit. Natürlich nicht zu vergessen, die zusätzlichen Halogenscheinwerfer auf der Stoßstange!

Das Heck der Fahrzeuge präsentierte sich hingegen etwas aschenputtelig. Der schlichte, einrohrige Auspuff war lediglich durch eine Doppelrohrattrappe aufzupeppen. Sie hing meist schief, ohne jeglichen sicheren Halt in der Landschaft herum. Neben den Radkappen ziert sie weitaus mehr Straßenränder und –gräben als Auspuffrohre. Erfinderisch, wenn auch ein wenig illegal, stellten sich die akustischen Soundtunings dar. Unüberhörbar sorgte bereits ein kleines Löchlein im Auspuffrohr für Aufsehen. Manipulationen am sogenannten Topf garantierten Fehlzündungen und in besonders gründlichen Eingriffen sogar für Stichflämmchen, die dann auch für den Verlust der Doppelrohrattrappe verantwortlich.

Alle Pseudo-Rallye-Amateurpiloten fahren auf das absolut ultimative Tuning ab. Nur für die echten Cruser geeignet, für die Bekenner des reinen Heckantriebs, ist wenige Zentimeter schräg-gestellte Motorraumhaube. Spezielle Halter mit Gummiklammern sollen für zusätzliche Belüftung des Motorraumes sorgen. Die sportliche Optik überwiegt allerdings bei weitem. Oberaffen turbogeil ist dann nur noch der außen liegende Ölkühler. Ein Gerippe von Lamellen, durch die angeblich das Motoröl gepumpt wird, um bei extremer Fahrweise das Öl auf geschmeidigster Betriebstemperatur zu halten. So, wie es für jeden ambitionierten Citticruser unabdingbar erforderlich ist, da sich in den engen Häuserschluchten die Hitze ins uferlose staut.

Am Rande erwähnenswert nach all den technischen Highlights sind lediglich noch die schmückenden Aufkleber: Atomkraft, nein danke! Stoppt Tierversuche, nehmt Opelfahrer! Etc. Gott sei Dank waren derzeit solche Abarten wie: Sven an Board! CannABIs auf Rezept! Oder Kinder und Mütter zuerst in die Boote! noch nicht im freien und fairen Handel zu erwerben.

Mal ehrlich, das war doch noch Autofahren pur! Herrscher über PS statt KW. Keine Servolenkung, kein ABS, kein Bremskraftverstärker, keine Rückfahrkamera, kein Allrad, kein Navi, keine ZV, keine Verkehrsschilder-Erkennung, keine Multifunktion und Sprachsteuerung – aber jeden Samstag waschen, föhnen, polieren.

P.S./K.W.: Fast hätte ich die Romantiker der Chauffeure vergessen. Für diese Klientel entwarfen die Designgurus die Vase to go. Per Saugnapf ans Armaturenbrett fixiert, und der Angebeteten baumelte eine Plastiknelke aus der Schießbude vor der Nase herum. Theoretisch hätte es auch ein leibhaftiges Gewächs in der füllhornförmigen Vase gut gehabt. Bei einer innigen Liebesbezeugung jedoch bestand die latente Gefahr einer Neigung über 90°, was der Liebesbezeugung nicht unbedingt förderlich gewesen wäre.

Frischhaltefolie

Es ist zweifelsfrei einer der Errungenschaften der Menschheit: Die Frischhaltefolie. Was würden wir ohne Frischhaltefolie anstellen? Sie halten nicht nur frisch, sie gewähren auch ungetrübte Einblicke in die Welt der Lebensmittel. Während man bei Tupper und Co generell den Deckel lupfen muss, um den Inhalt fehlerfrei zu erkennen, ohne auf liebevoll, in Oma-Optik gestalteten, selbstklebenden Etiketten, handschriftliche Notizen* gemacht zu haben. Frischhaltefolien sind einfach nicht zu toppen.

*Wichtige Notizen beinhalten grundsätzlich die Informationen, die die moderne Hausfrau, gerne auch der emanzipierte Hausmann, täglich benötigt. Name des Produktes (auch Phantasienamen und Bezeichnungen die das Produkt eindeutiger identifizieren, wie „nach Omas Rezept“ möglich), Herstellungsdatum, Verfallsdatum, Inhaltsstoffe kategorisiert nach den gültigen Verbraucherschutzverordnungen, Hinweise auf potentielle Zutaten die jede Art von Allergien hervorrufen könnten, also für Mitglieder der Familie Ausschläge oder Nesselfieber zur Folge haben könnten, natürlich Angaben zum Hersteller, bei Fleisch und Wurstwaren z.B. auch den Namen des Schweines, die Art der Haltung, die humane Weise der Schlachtung, die kompletten Rezepturen des Futters, einen verbindlichen Auszug des Impfpasses, um nur die elementarsten zu nennen. Darüber hinaus empfiehlt das Amt für Verbraucherschutz, in Abstimmung mit der Bundesärztekammer, einen Frischhaltefolien-Beauftragten zu benennen, der in Zweifelsfällen, zur Schlichtung von Unstimmigkeiten einen Ombudsmann oder alternativ eine Ombudsfrau seines Vertrauens beauftragen kann, die umstrittenen Angaben auf Korrektheit zu prüfen, und übergeordnet einen neutralen Bericht dem Familienausschuß präsentiert, um zu einer nachhaltigen Lösung der Irritation zu kommen.

Doch was wären die Frischhaltefolien ohne die geniale Erfindung der Verpackung mit integrierter Abreißvorrichtung an der vorderen Unterkannte des Deckels? Als emanzipierter Ehemann beteilige ich mich selbstverständlich gerne tatkräftig, und ohne weitere Aufforderungen an der Hausarbeit. Diesem Umstand ist es auch zu verdanken, dass ich neulich in den vollen Genuss der Anwendung von Frischhaltefolien kam. Zur artgerechten Versorgung stand ein Rest Frischwurst. Spontan griff ich zur o.g. Packung Frischhaltefolie, die gleich neben der Alufolie und den Gefrierbeuteln in der rechten oberen Schublade des Küchenblocks auf ihren Einsatz harrte. Per Augenmaß entschied ich mich per Pi X Daumen für die passende Länge. Die Breite war ja durch die Verpackung selbst beschränkt. Dass der erste Abreiß-Versuch kläglich scheiterte lag sicher an meiner arglosen Unerfahrenheit im Umgang mit Frischhaltefolien. Die Frischhaltefolie wollte einfach nicht reißen und im Handumdrehen befand sich ein Knäul selbsthaftender Frischhaltefolie in meiner Handfläche wieder. Es ließ sich weder Anfang noch ein versöhnliches Ende erkennen. Ohne Brille schon gar nicht. Ich wiederholte den Vorgang in unterschiedlichen Neigungswinkeln der Frischhaltefolie zur integrierten Abrißkante. Da ich unachtsamer Weise die jeweiligen exerzierten Winkel nicht korrekt dokumentierte, kam es darüber hinaus zu ungewollten Wiederholungen. Gleich blieb jedoch grundsätzlich das Ergebnis. Bevor die Rolle der Frischhaltefolie sich dem Ende zuneigte, bat ich meine Gattin um Rat. Kopfschüttelnd ergriff sie die Folie, stellte routiniert den richtigen Winkel an, und trennte die gewünschte Länge in absoluter Rekordzeit vom Rest der Rolle. Mein Entschluss ab sofort wieder dem Staubsauger eine größere Aufmerksamkeit zu widmen ist sicher durchaus verständlich. Weitere Übungseinheiten unter fachfraulicher Aufsicht scheiterten an bereits jetzt bloßliegenden Nerven. Und da meine Frau auch außerordentlich routiniert in der Zusammenarbeit mit Ehepartnern bei der Hausarbeit ist, vermied sie weitere Konfrontationen mit Frischhaltefolien, Alufolien oder Gefrierbeutel und dem Personal. Man(n) kann sich ja schließlich auch nicht um alles kümmern. Und, Mann sollte sich auf die eigenen Stärken konzentrieren. Für die Schwächen ist bekanntlich die schwächere Hälfte zuständig.

So entgingen wir am Pfingstsamstagmorgen einem Gewitter in der Küche. Draußen braute sich allerdings gerade ein solches zusammen. Niederschläge bis in einzelne Küchen wurden vorhergesagt.

So ein Glück aber auch

Man soll es nicht für möglich halten, was so ein bisschen Glück alles bedeuten kann. Von Keksen, Zahlen, Tagen, Losen, Kindern, Momenten, Feen, Rädern, Spielen etc. einmal abgesehen. Und selbst Tüchtige soll es geben, die Glück haben. Doch ganz so banal wie es zu sein scheint, ist es eben nicht.

Stell dir vor, du fährst in die Stadt und hast es eilig. Du bist spät dran, und vor dir trödelt ein Opelfahrer. Da, ein freier Parkplatz. Was für ein Glück!

Ist Glück also relativ? Gleichzeitig aktiv und passiv? Glück kann man nicht einfach nur haben. Oder nur sein. Und, muss man zwingend Glück haben, um glücklich zu sein? Wie lange ist die Haltbarkeit vom Glück? Welche Euro-Norm regelt verbindlich das Verfallsdatum? Oder den Mindestgrad der Empathie? Ist das überraschende Finden eines freien Parkplatzes wirklich schon Glück? Oder erst das Finden der Nadel im Heuhaufen? Oder ein Sechser im Lotto? Oder eine Handvoll Reis? Ist Glück international? Gültig für alle Menschen? Für alle Ethnien, Religionen, Veganer oder Kannibalen? Sind Glücksritter glücklicher als Kreuzritter? Glückspilze glücklicher als Kartoffelbovisten? Und sind die Dummen in der Tat glücklicher? Obwohl sie letztlich doch immer die Dummen sind? Und Sonntagskinder?

Sicher ist: Glück ist käuflich! Zu mindestens auf Zeit. „Du hast aber das Glück gepachtet!“ Man besitzt es nicht, bzw. nur auf Zeit. Und von wem kann man es eigentlich Pachten? Wem gehört das Glück? Wenn es also käuflich ist, was kostet es? Wonach richtet sich der Preis? Können sich Hartz IV Empfänger folglich weniger Glück leisten als Manager? Oder Beamte? Alle Menschen sind doch gleich? Aber manche sind wohl doch gleicher. Und damit glücklicher! Oder sind Glückliche gleicher? Fragen über Fragen!

Dein Glück möchte ich haben! Kann ich es mir demnach von dir leihen? Wie lange? Und was geschieht, wenn es sich abgenutzt hat? Muss es regelmäßig gewartet werden? Muss man es füttern, waschen, legen und föhnen? Und wenn ich es von dir geliehen habe, hast du dann Pech? Oder hast du nur Pech, wenn du es nicht mehr von mir zurück bekommst? Ist der Verlust mit einer Rechtsschutz-Versicherung abgedeckt? Kann man es für die Dauer der Leihzeit versichern? So wie eine Reisegepäck-Versicherung? Mit oder ohne Selbstbeteiligung? Bedeuten Unglücke automatisch das die Prämien erhöht werden? Ist die Versicherung des Familienglücks als Paketpreis günstiger? Oder doch die für Singles? Gibt es Rabatte, wenn ich regelmäßig die Glücksshow schaue? Oder einen Glückscent bei mir trage? Oder eine Hasenpfote, oder ein Schwein, oder ein vierblättriges Kleeblatt (sofern man das Glück hat eines zu finden!), oder ein Hufeisen? Wie werden Schornsteinfeger eingruppiert? Wie die Besitzer von schwarzen Katzen? Nur wenn sie von links kommen? Was in Ländern mit Linksverkehr?

In den öffentlich rechtlichen und nichtöffentlich unrechtlichen Sendern schüttet man täglich das Unglück von Menschen über die Fernseher aus. Die GEZ-Gebühren behalten sie allerdings ein. Sie bereichern sich an dem Unglück der Unglücklichen. Ergo zahlen wir doch für das Unglück der anderen – oder? Indirekt jedenfalls. Will heißen: Mit dem selbst finanzierten Konsum dieser Sendungen verdummen wir zusehends. Und werden wir folglich dann nicht auch glücklicher? Oder steckt eine viel größere politische Dimension dahinter? Wenn man die täglichen Nachrichten aufmerksam studiert, liegt der Verdacht sehr sehr nahe!

Die Einen ziehen ein Glückslos, die anderen sind ihr Glück los! Da helfen wirklich nur noch die klassischen Glücksbringer. Sogenannte Talismänner. Nicht Talibanmänner, die bringen weniger Glück! Weniger Glück, das heißt doch aber, ein wenig Glück ist immer noch vorhanden! Die Lage ist nicht aussichtslos!

Der Glücksbringer und der Talis-Mann: Männlich! Was will uns das Schicksal damit sagen? Haben Frauen kein Glück? Oder bringen sie uns kein Glück? Was sagt Alice Schwatzer dazu? Sie hat ja nun wirklich kein Glück gehabt, als ihre Steuer-Unterschlagungen ans genderneutrale Tageslicht gekommen sind. Schadenfreude erzeugt doch besonders prickelnde Glücksgefühle!

Wenden wir uns einer weiteren Modifikation des Glücks zu. Glück kann man haben, es kann gebracht werden, gepachtet – aber nicht holen. Man stelle sich vor es gäbe Abholmärkte für das Glück. Wäre es dort günstiger? Bietet Obi oder Aldi wahres Glück? Gibt es Ende Januar einen Winterglücksschlußverkauf, mit bis zu 50% Rabatt? Lohnt es sich da nicht grundsätzlich auf Sale zu warten, um dann gleich mehr davon zu ergattern? Aber erhält man dann wirklich das 100%ige Glück? Wobei: Ist Glück eigentlich teilbar? Wenn man es mit jemandem teilt? Erhält dann jeder nur ein Stück vom Glückskuchen? Mit Sahne?

Apropos Kuchen: Großer Beliebtheit erfreuen sich auch die Glückskekse (nicht zu verwechseln mit den Scherzkeksen). Bricht man sich beim Verzehr eines Glückskekses ein Stück vom Zahn ab, wie ist dies zu bewerten? Also rein statistisch gesehen. Es beweist jedoch, dass Glück nicht generell überall und immer wirkt. Ein bisschen Restrisiko besteht immer und überall. Nehmen wir z.B. auch Süßigkeiten wie Schokolade. Der Genuss soll ja sprichwörtlich glücklich machen. Auch noch beim Blick auf die Waage? Hm! Seht ihr! Andererseits könnte sich die Bekleidungsindustrie an den Werbekampagnen der Schokoladenhersteller beteiligen, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Beide hätten echt Glück!

Nebenbei bemerkt: Wenn man den obigen Gedanken einmal aufnimmt, dann ergeben sich noch weitere sinnvolle Kooperationen von partizipierenden Branchen. Hersteller von Glatt- und Blitzeis mit Kfz-Werkstätten, Leihwagenanbietern, Autolackierern und Abschleppdiensten. Oder auch Betreiber von Triebwagen mit Gruppenreisen ins Rotlichtmilieu. Oder Green Peace mit Rotbäckchen und Lebertran. Oder so. Das sei nur so am Rande erwähnt.

„Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist!“ Wer sein Glück los ist, sollte tunlichst vergessen, dann hat er es quasi wieder. Eigentlich blödsinnig – aber wenn’s denn sein soll. Meinetwegen! Aber: Wo ist das Glück, wenn man es los ist? Liegt es irgendwo rum, wie ein Schirm, den man einfach stehen lässt? Bringt der Finder das Glück in ein Fundbüro? Oder behält er es lieber für sich? Hat er dann doppeltes Glück? Der Verlierer des Glücks setzt natürlich darauf, dass der grundehrliche Finder bereits im Besitz eines eigenen Glücks ist und schickt sich an sein Glück auf dem Fundbüro zu suchen. Dort läge es ja nur unnütz herum, wo er es doch so gut hätte gebrauchen können. Doch wie denkt eigentlich das Glück selbst darüber? Schließlich ist es ja achtlos irgendwo allein, einsam und verzweifelt zurückgelassen worden. Und nun kommt es wieder zurück zu seinem Glückspilz. Ist unglücklich über sein Schicksal, und fragt sich, ob es vor einer ungewissen Zukunft steht. Das Glück hat  in diesem Fall nicht wirklich Glück. Oder? Daraus ergibt sich dann folgerichtig, dass das Glück nicht unbedingt Glück haben muss. Ist aber immer noch Glück. Das sollte man nicht außer Acht lassen. Bei allem Respekt!

Hat eigentlich irgendjemand schon einmal konsequent darüber nachgedacht, woher das Glück kommt? Es muss doch irgendwo herkommen! Oder wächst es einfach so auf Bäumen? In Treibhäusern (Hi)? Dann würden allerdings die Grachtenrutscher postwendend Tomaten=Tomaten und Tulpen=Tulpen sein lassen und es in Treibhäusern treiben lassen. Getreu dem Motto: Glück aus Amsterdam.

Ich bin mir jedoch ganz sicher: das Glück wächst im Wald. Unter der Erde. Man findet es mit Glücksschweinen. Wie mit Trüffelschweinen. Schließlich kann man sowohl Glück, als auch Schwein haben. Ganz ehrlich – Schwein wäre mir sogar lieber! Dann könnte ich mit dem Schwein und etwas Glück weiteres Glück finden. Allerdings würden dann die Holländer weiter Tomaten und Tulpen züchten. Und jetzt erkläre mir bitte einer, was dies nun mit Glück zu tun haben soll!

Wenn ich die ganzen Gedanken einmal zusammenfassen darf, komme ich zu der Erkenntnis, dass es wirklich ein großes Glück ist, wenn man Glück hat. Aber auch, dass es auch die Kehrseite gibt. Das Unglück. So wie Licht und Schatten, wie Bayern und die Sechziger oder Schalke und Dortmund. Und für die politisch Interessierten Ackermann und sein „totes Humankapital ohne Verzinsung“. Mal ganz unter uns: Glück kann sogar berauschen – Glücksgefühle hervorrufen. Möge der geneigte Leser eine Fülle solcher Glücksgefühle sein Eigen nennen! Das wünsche ich ihm: Herzlichen Glückwunsch!

 

Ostern 2017. Kein Glück mit dem Wetter!

 

 

 

 

Reine Glücksache

Bevor ich das Glück in seiner ganzen epischen Vielfalt seziere, und mich von seiner tiefgründigen Breite verführen lasse, möchte ich ein paar Zeilen den zwei Varianten des Glücks widmen, die ich dann später nicht noch einmal in Betracht ziehen werde. Die es aber durchaus Wert sind, genannt zu werden. Es soll hier also keinesfalls der Eindruck vermittelt werden, dass diese separate Darstellung z.B. dem Platzmangel zum Opfer fiel. Nun aber zum Ernst des Themas.

Alles hat seinen natürlichen Gegenpart. Auch das Glück. Mag man es Unglück nennen oder einfach Pech. Und beides ist relativ, und kann sogar in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Illustre Beispiele sollen Zeugnis geben, wie eng Glück und Pech miteinander verbandelt sind:

Glück im Unglück.

  1. Bei der Bundestagswahl im Herbst gewinnt die Partei deines Mistrauens, aber Uschi von der Leyen wird nicht Bundeskanzlerin!
  2. Du schlenderst über einen Jahrmarkt und eine Losverkäuferin, die im Körper der russischen Kugelstoßerin Anna Bolika gefangen ist, preist dir sechs Lose für sage und schreibe 5,-€ an. Im Vertrauen auf das Glück ziehst du fünf Nieten und einen Hauptgewinn – einen knallpinken Kuschelbären! Bereits bei der ersten spontanen, flüchtigen Beschmusung finden leichte Hautirritationen und Errötungen im Wangenbereich statt. Nach der Entlassung aus der dermatologischen Klinik leitest du umgehend die Entsorgung des Hauptgewinns ein. Innerhalb von wenigen Tagen recherchierst du im Internet eine Sondermülldeponie in Grosshessenlohe, die das Knallpinkfarbene gegen eine geringe Gebühr und der Übernahme der Transportkosten sicher und nachhaltig entsorgt.

 

Erst kein Glück, dann kam noch Pech dazu.

  1. Bei der Bundestagswahl im Herbst gewinnt die Partei deines Mistrauens, und
  2. Uschi von der Leyen wird Bundeskanzlerin!
  3. Du schlenderst über einen Jahrmarkt und eine Losverkäuferin, die im Körper der russischen Kugelstoßerin Anna Bolika gefangen ist, preist dir sechs Lose für sage und schreibe 5,-€ an. Im Vertrauen auf das Glück ziehst du eine Niete und fünf Hauptgewinne – fünf knallbunte Kuschelbären.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen weder zufällig noch unbeabsichtigt sind. Die geschilderten Erlebnisse hingegen sind reine Fiktion.

An meinem Glückstag, dem 13. April 2017

 

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