Warnung: Vor dem geistigen Verzehr dieses Artikels wird eindringlich gewarnt. Gefährdet sind besonders folgende Personengruppen: Der gemeine Esser und Mitesser, sowie Vegetarier, Veganer und Streichwurstlegastheniker. Aus- und Nebenwirkungen sind akute Schädigungen des vegetativen Nervensystems bis hin zur selbstzerstörerischen Zerfleischung.
Während o.g. Verweigerern des traditionellen Wurstbrotes jede Sensibilität für die urbane Schnitten-Essthetik abhandengekommen ist, werden die praktizierenden, bekennenden Wurstbrot-Geometriker jede Zeile dieses Berichtes gierig verzehren. Grundsätzlich sei bemerkt, dass die Nahrungsaufnahme nicht ausschließlich dazu dient, den banalen Hunger zu stillen, respektive schlechthin zu Überleben. Wurstbrot-Geometriker genießen mit allen Sinnen – das Auge isst bekanntlich mit!
Das unbestrichene Wurstbrot ist im Urzustand bar jeder essbaren Geometrie. Erst durch die Zuwendung des Geometrikers reift es zunächst in der Fantasie zu einem Meisterwerk der Essthetik. Kein gestaltetes Wurstbrot ohne einen gesunden Belegungsplan. Bereits beim Ansatz des Brotmessers an den Laib gilt es die finale Form vor Augen zu haben. Da grobschlächtige Metzger generell die Scheiben ohne Rücksicht auf den späteren Genuss elektromechanisch herunterschneiden, bleibt es der Kreativität des Lebensmittel-Gestalters überlassen, Form und Funktion in einen harmonischen Einklang zu bringen. Nichts ist unappetitlicher, wenn unförmige Wurstscheiben das Brot an schief geschnittenen Rändern überlappen, oder zum Rand der Schnitte unbelegte Butterfelder sichtbar bleiben.
Die unnatürlichen Formen der Wurst und des Brotes werden leider allzu häufig zu Gunsten von höheren Margen technisch optimierten Herstellungsprozessen geopfert. Dabei stimmen sich die Handwerker – selbst in unmittelbarer regionaler Nähe – selten untereinander ab. So kommt es immer wieder zu Kollisionen zwischen rund und eckig. Die Wahl des Handwerkers seines Vertrauens ist hier von vorentscheidender Bedeutung!
In den südlichen Regionen Europas sind die Hersteller der Grundnahrungsmittel bereits seit Generation schlauer. Denken wir an die Italiener, deren guter Geschmack sich nicht nur bei den Lebensmitteln dokumentiert, sondern auch bei Schuhen, Handtäschchen, Kleidung allgemein und: Natürlich den Autos! Wer sich die Pane und Salamis genauer betrachtet wird zwangsläufig in Verzückung geraten, da die Formen, bestens aufeinander abgestimmt, bereits im Regal und in der Theke eine optimale Belegung erahnen lassen. Kleinere Salamischeiben können mit leichten aber schicken Überlappungen im Kreis auf eine formal größere Panescheibe drapiert werden. Hier treibt die Vorfreude schon lange vor dem Zubiss die Geschmacksfäden in die Mundhöhle. Dabei spielen die Verfeinerungen der Wurst keine ausschlag-gebende Rolle. Fenchel, Knoblauch oder Pfeffer runden den Genuss wohltuend ab. Man darf sich nicht dem Trugschluss hingeben, dass Streichwürste einfacher zu servieren sind. Die Gleichmäßigkeit der Auftragsstärke, ohne sonderliche Wellenstrukturen, sowie komplette Bedeckung bis in die letzten Ecken erfordern Konzentration und Hingabe. Bei raschen, oberflächlichen Streichungen kann es zu fettigen Seitenrändern kommen. Wie häufig ist dem Hungrigen dabei schon das ersehnte Wurstbrot entglitten, und der Physik folgend auf dem sogenannten Gesicht zum Liegen gekommen. Man möge uns davor bewahren!
Zum guten Schluss noch ein paar hilfreiche Anmerkungen. Das oben aufgeführte Prozedere ist im Grunde auch für Käse zu adaptieren – auch wenn hier der Begriff „Wurstbrot“ fehl am Platze ist. In diesem Fall verweise ich speziell auf die Sorte Velveta Käseecken „Vollfett mit Salami“, die sich bereits seit Generationen als besonders appetitlich und streichfähig bewährt hat. Die Geschmacksvariante mit Salami erlaubt hier sicher eine akzeptable Ausnahme.
Verfasst zum Ende des Ramadan in Juni 2017
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