Die Älteren mögen sich erinnern – mit diesem Thema quälte uns der Lehrkörper regelmäßig nach den Schulferien. Sicher, um wenigstens in den Deutschstunden eine weitere Verlängerung der unterrichtsfreien Zeit zu heimschen. Ich bin mir ebenso sicher, dass mein Deutschlehrer es absolut nicht bemerkt hat, wenn ich Jahr für Jahr über dasselbe „schönste Urlaubserlebnis“ berichtet habe. Nur die Zensuren differierten in einer unergründlichen Bandbreite.
Wie dem auch sein, heute gehe ich wesentlich entspannter an dieses Thema. Teil eins unseres Urlaubes verbrachten wir – wie immer – am Comer See. Leider jedoch nicht bei Mario Colombo sondern bei Alex. Colombo hatte sich aufs Altenteil zurückgezogen. Ein neues Domizil musste gefunden werden. Neugierig folgten wir einer Empfehlung, nicht ohne einen wehmütigen Blick auf das geliebte, beliebte Hotel Royal zu werfen. Es wartet noch auf einen Käufer / Nachfolger.
Der neue rote Roadster forderte allerlei Geschicklichkeit beim Packen der Garderobe. Ließ jedoch genügend Raum für nahezu jede Wetterlage. Und, für eventuelle textile Ergatterungen in den Filialen der Sale-Gruppe in Como, später Bozen oder Meran.
Wir starteten bereits in Nonnenweier oben ohne, also offen – entsprechend dem originären Sinn unserer Neuanschaffung. Einzige Herausforderung war die Anordnung aller Hebel und Multifunktionsinstrumente exakt entgegengesetzt zum Erstfahrzeug. Sinnvoll, mit dem Lernen des Instrumentariums beschäftigt, cruisten wir unserem Ziel entgegen. Auf dem Gotthard lag noch Schnee, eine frische Brise veranlasste uns die Heizung zu testen. Erfolgreich. Im weiteren Verlauf sogen wir, nach einem cabriolosen Jahr, Eindrücke und Düfte in uns auf, und beglückwünschten uns mehrfach zu der spontanen Entscheidung.
Es sollte uns zu denken geben, dass weder Straße noch Hotel im Navi registriert war. Dafür allerdings alle Blitzer, vor denen wir rechtzeitig gewarnt wurden. Es war reiner Zufall, dass wir am Zielort das Hinweisschild zu Alex nicht verpassten. Gut, die paar Meter bis zum U-Turn seien verziehen. Was dann allerdings folgte erforderte die totale Erfahrung und den ganzen Mut des Chauffeurs. Eng, enger, am engsten, steil, steiler, am steilsten, unübersichtlich, kurvig aber befahren – so lässt sich der Weg zur Herberge nachvollziehbar beschreiben. Eng, unübersichtlich und steil war nicht nur der Weg als solches, eine Steigerung bescherte uns die Zufahrt zum hoteleigenen Parkplatz. Trotz der Hitze perlte eiskalter Schweiß auf der Stirn und der Beifahrerin lag es anheim, sowohl auf ausreichend Bodenfreiheit sowie Abstand ringsum abzusichern. Ohne jede Rücksichtnahme, ob wir jemals den Weg retour bewältigen würden.
Nachdem es zum Parkplatz nur steil bergauf ging, ging es zum Hotel nun wieder steil bergab. Diverse Natursteintreppen in Richtung Rezeption. Im Außenbereich erwartete uns Alex mit einer munteren Schar wild gestikulierender Italiener. Offen bis heute, ob es ausschließlich Familienmitglieder waren, oder auch Freunde und womöglich Angestellte. Erneut treppauf erreichten wir unser Zimmer – sauber und ordentlich, mit epochalem Panoramablick auf See und Berge und überhaupt.
Der kalte Angstschweiß auf der Stirn erwärmte sich alsbald beim Entladen und Transport der Kleidung. Selbstredend treppauf, treppab. Danach ein Besichtigungs-Rundgang über die verschiedenen Ebenen der Außenanlage. Pool und Liegeterrasse, sowie das Restaurant alles Richtung Panorama. Im Schatten eines Feigenbaumes ließen wir der Begeisterung dann freien Lauf und krönten sie mit einem ersten Gläschen kühlen Weißwein.
Den ersten Sinnesrausch schamlos ausnützend beichtete uns Alex, dass am Abend keine normale Karte angesagt sei, sondern ein einheitliches Menü eingerahmt von Disco inclusive Karaoke. Außerdem sei das Menü nicht repräsentativ für die Küche, weil besondere Umstände. Es sollte sich auch so bewahrheiten. Der Wein entschädigte, die Musik war ok, Gesänge fanden nicht statt und die zahlreich erschienene Dorfgemeinschaft benahm sich sittsam. Nach den Strapazen der Anreise sanken wir erschöpft aber glücklich ins Linnen.
Ein Trip nach Como, ein Ausflug nach Menaggio und ein Pool-Tag warteten auf uns. Die Küche war in der Tat deutlich besser als die Disco-Happen, der Wein verlor nicht an Genuss. Allein das Frühstücksbuffet servierte einen eher italienischen Standard.
Herzlich, als ob wir treue Stammgäste wären, verabschiedete sich Alex von. Er freute sich schon auf unseren Besuch 2019. Das Auschecken verlief ebenso schweißtreibend wie bei Ankunft. Die Weiterreise nach Südtirol einmal quer durch die Alpen war Lebensfreude pur. Streckenweise fuhren wir mutterseelenallein über die schönsten Pässe. Sogar der Mann am Steuer fand die Muse die Landschaft zu genießen.
Südtirol, Eppan, ein Viersterneplus Hotel war der Höhepunkt der Tour des Tages. Der Lift bewältigte die Etagen mit Bravur, Zimmer mit Klima-Anlage statt Ventilator und eine den Sternen angemessene Küche, nebst Degustation ließen Leib und Seele vollends erblühen.
Der Tag mit dem Bus nach Bozen verlief unspektakulär. Die Temperaturen bremsten Schuh- und Handtaschenkäufe nachhaltig, sodass sich das Kofferraumproblem gar nicht erst stellte. Tag zwei avancierte zum Abenteuertag schlechthin. Das baumlose Hochgebirge schied zum Erwandern mangels Schatten aus. Blieb eine schattige Halbhochwanderung unterhalb der Baumgrenze. Gespickt mit einem Abstecher durch die Rastenbachklamm. Gemütlich ging es zunächst dahin. Nach ca. 4km erreichten wir den Einstieg in die Klamm. Geübt in Berganpassagen erklommen wir den höchsten Punkt der Klamm. Entlang des munter murmelnden Rastenbachs, vorbei an stürzenden Fällen und über gurgelnde Strudel kletterten wir talwärts. Es gab immer wieder Gelegenheiten uns in den eisblauen Fluten des Rastenbach abzukühlen. Weniger von der Hitze als von der Anstrengung. Wie ein Damoklesschwert hing der Rückweg über uns. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die prognostizierten 500 Höhenmeter wollten noch erklommen sein. Und so kam was kommen musste. Der Aufstieg zurück zum Wanderrundweg entpuppte sich als nah der Steigeisengrenze. Wer auch immer diesen Weg als „mittelschwer“ eingestuft hat, muss mit einer Gämse verwand sein. Natürlich war es für mich, als geborener Steinbock, keine ernsthafte Herausforderung. Versteht sich von selbst. Eine derartige sollte jedoch noch auf mich warten. Angelangt an einem Punkt, an dem ein geordneter Weg zurück sinnvoll wäre, erblickte ich in einem Steilstück voller Tücken oben, in und durch Baumwipfel, eine Hängebrücke. Augenblicklich stellte sich meine gesamte Restbehaarung senkrecht wie die Eiger-Nordwand vom Körper ab. Trotz bekennendem, praktizierendem Atheismus bat ich um Beistand, dass diese Kelch in Gestalt einer Hängebrücke an mir vorbei geht. Es war offensichtlich die Rache des Angeflehten, die mein Bitten ins Leere laufen ließ und ich stand, mit vollen Hosen, am Rande des Wahnsinns. Es waren die schrecklichsten Meter meines Daseins und ich möchte aus verständlichen Gründen nicht detailliert darauf eingehen. Eingegangen bin ich nicht, aber! Harmonisch verbrachten wir den Abend bei Speis und Trank und schwärmten von unseren glorreich überstandenen Abenteuern.
Über diverse wunderschöne Pässe schipperten wir zurück zu unseren verdorrten Pflanzen. Eine gute Woche voller neuer Erlebnisse und Abenteuer. Jetzt warten die Läden der Terrassentüren auf meine Schwarzmalerei.
Lieber Armin,
angesichts meiner „üblen“ Vergangenheit bin ich extra nicht auf deine Überschrift eingegangen. Ich kann mich nicht erinnern, je ein solches Thema gestellt zu haben.
Das ist was für fantasielose und denkfaule Deutschlehrer/innen.
Liebe Eva, die Hitze lähmt dann doch bei mir die Gedanken. Bist du denn nie mit diesem Thema konfrontiert worden? Also,
als du noch gelernt hast,nicht gelehrt. Zu „meiner Zeit“ da wurden die Lehrkörper in Gestalt meiner Klassenlehrerin
noch mit Fräulein angesprochen – auch, als sie kurz vor der Pensionierung stand: Frl.Büser. Auch die Zwillingsschwestern
Frl. Jonscher + Frl. Jonscher waren gattenlos, und eigentlich uralt. Aber beschriebenes Thema führten sie knallhart durch!
Leider fällt mir nicht mehr ein, welches Dauerthema ich über ein paar Jahre zu meinem schönsten Ferienerlebnis erkohren hatte.
Eigentlich schade. Sollte es mir einfallen, reiche ich es nach! Versprochen! Unter uns: Es war aber auf jeden Fall arg geschönt!
Hallo Armin, als Zweibeiner bist halt doch noch ein Stückchen von einer Gämse entfernt! Gottseidank bist du heil wieder zurück oder sollen wir dem nicht danken? Sicher hat er nichts damit zu tun.
Liebe Eva! Vielen Dank für deine Besorgnis! Sitze / schwitze gerade im Schatten und bringe meine Gedanken
zur WM aufs „Papier“. Folgt dann im nächsten Monatsrückblick. ABER: Eigentlich hätte ich von dir eher einen
passenden Kommentar zu meiner Headline bzw. Einleitung gerechnet. Ich jedenfalls habe beim Schreiben dabei
sofort an dich gedacht! Ganz liebe Grüße vom Steinbock!