Die siebzehnte Tour sollte uns Heidelberg historisch, kulturell und kulinarisch näher bringen. Ich nehme es vorweg: Es hat erwartungsgemäß geklappt! Aber beginnen wir von vorn. Der Vatertag fiel dieses Jahr ausnahmsweise vor den Muttertag. Und so konnten wir, die Väter, bereits am Anreisetag diverse Huldigungen entgegennehmen. Es war dieses Jahr eine recht kleine Gruppe, bestehend aus 11 Teilnehmern. Private Termine hinderten den ein oder anderen, das jährliche Highlight zu genießen. Mögen sie eventuell diesen Zeilen entnehmen, was ihnen 2018 entgangen ist.

Wenn die Hotelbar schon als Treffpunkt vereinbart wird, dann wundert es keinesfalls, dass bereits gegen 16:00 Uhr die ersten alkoholischen Erfrischungen gefragt waren. Ein Telefonat brachte kurzfristig ein wenig Unruhe in die Gruppe, und ohne detaillierte Erklärungen verließen zwei Teilnehmer die Runde. Ich komme später auf den Grund zurück, konzentriere mich zunächst auf den parallel stattfindenden Ortswechsel ins Rossi. In schönem Ambiente des Kaffees mit Biergarten (?) war ein Tisch für uns reserviert, um die erste Stärkung einzunehmen. Kuchen vom Büfett sowie Variationen von Vorspeisen fanden reichlich Zuspruch. Und selbstverständlich wahlweise Pils oder Weißwein. Uns gelang es in wenigen Minuten den recht hohen Geräuschpegel anzuheben, im Laufe der Anwesenheit sogar zu überbieten. Über die Entfernung vom Südzipfel des Tisches bis zum Nordzipfel fand ein reger Informationsaustausch statt. Die wesentlichen Inhalte hatten ausschließlich in einer gesteigerten Phonzahl die Chance verstanden zu werden. Auf Nachfragen zu unverstandenen Passagen gab es jedoch noch Reserven.

Zugegeben, die Anfahrt zum Hotel verlief nicht wirklich geschmeidig. Die kommunizierte Adresse führte mich zum Beispiel mehrere Male zum Hauptbahnhof, anstatt zum Hotel. Auf dem daraus resultierenden Rundkurs durch Heidelberg bewunderte ich die Konsequenz der Ampelschaltungen. Alle, aber auch alle standen auf Rot. Sicher eine Aktion des örtlichen Touristik-Verbandes, um sich die Stadt verkehrstechnisch eindrucksvoll zu erschließen. Die zweite Herausforderung bestand im Finden der Tiefgarage. Ohne Ortskenntnis konnte es trotz Navi durchaus zu Irrfahrten kommen. Eine dieser Odysseen endete überraschend in einer privaten Tiefgarage. Hier erkannte man augenblicklich, dass sowohl das Verhältnis zwischen der Größe des Mobils und der der Parkboxen eine gewisse Disharmonie aufwies, als auch, dass der sinnvolle Rückzugsweg ohne autorisierte Schlüsselgewalt nahezu unmöglich war. Mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel und der Hilfsbereitschaft des Hotelpersonals konnten zunächst die Irrfahrer lokalisiert und in beachtlich kurzer Zeit befreit werden. Allerdings bestand nach wie vor das Problem der Disharmonie zwischen Auto und Räumlichkeiten Herr zu werden. Zwischen Schlagbaum und der rettenden Straße war ganz besonderes Vermögen von Nöten. Die mittlerweile angestaute Menschenmenge verwandelte sich im Handumdrehen in ein Outdoor-Wettbüro. Die Quoten standen 40:60. Außerdem trug sie keinesfalls zur Beruhigung des Chauffeurs bei. Dennoch rettete er die Situation mit ruhiger, erfahrener Hand. Unter dem Jubel der Anwesenden erreichte er schließlich sein Ziel und konnte im Rossi seinen Ärger flugs herunterspülen. Gemeinsam wurde im Hotel zu Abend gegessen und der Tag klang da aus, wo er begonnen hatte – in der Hotelbar.

Tag zwei war prall gefüllt mit Aktivitäten. Bereits um 09:00 Uhr wartete Jörg am Löwenbrunnen auf uns. Jörg, der lizensierte Stadtführer. Wissensdurstig lauschten wir seinen Berichten zur Geschichte von Heidelberg und mancher Anekdote. Wir besichtigten Kirche und Karzer, mussten in der Fußgängerzone Acht geben, dass wir nicht überfahren wurden und gewannen den Eindruck, dass Heidelberg doch ein wenig angestaubt war. Im doppelten Sinne des Wortes. An der Universität wird u.a. in den geisteswissenschaftlichen Fakultäten brotlose Kunst unterrichtet und werden zukünftige Taxifahrer ausgebildet. Was aus den Absolventen wird, wenn sich das autonome Fahren etabliert hat, schwebt noch im Nebulösen.

Nächster Höhepunkt das Mittagessen. Vom Hunger zermürbt fand sich die Truppe vorzeitig im Hackteufel ein. Die angedachte Freistunde wurde nicht wahrgenommen, da in der längsten Fußgängerzone Deutschlands neben Autos und Asiaten nur noch Brillengeschäfte sowie Souvenirläden auf uns lauerten. Das Mahl im Hackteufel lähmte die letzten Lebensgeister. Bleierne Müdigkeit breitete sich aus. Doch der nächste Programmpunkt mahnte zum Aufbruch. Es war kaum Zeit zum Luftholen. Zum Eisholen jedoch ergab sich noch eine Gelegenheit. Und so bequemten wir uns ohne zu kleckern zum Anlegesteg der „Weissen Flotte“.

Wir schleppten uns auf das Sonnendeck, denn der Wettergott meinte es wirklich gut mit uns. Wir waren offensichtlich zu schnell gegangen, denn wir erreichten den Seelenverkäufer mehr als rechtzeitig. Und so war es uns vergönnt, dass wir die freie, perfekte Wahl der besten Plätze hatten. Uns zuvor kam nur ein Solotrio undurchsichtiger Typen, die in intimen Verhandlungen mit drei gecharterten Mädels aus dem indonesischen Raum standen. Ob, und welcher Vertrag zustande kam blieb für uns offen.

Eine weisse Flotte der Weissen Flotte notierte unsere Getränkewünsche. Ich erwähne dies deshalb, weil es auch einen flotten Schwarzen der Weissen Flotte gab, der auf der gegenüber liegenden Deckseite bediente. Aber das nur nebenbei. Und so schifften wir flussaufwärts nach Neckarsteinach, wo Kaffee und Kuchen, respektive Bratwurst und Pommes Schranke im schattigen Biergarten auf uns wartete. Auch das Solotrio mit den drei gecharterten indonesischen Mädels erkor den Biergarten als weiteren Verhandlungsort.

Per Fußmarsch zum Bahnhöfchen, von wo die Rückfahrt starten sollte, wurde erheblich beschwerlicher. Die Bahnfahrt war relativ unromantisch und ohne besondere Vorkommnisse. Und sogar pünktlich. Taxis beförderten die Fußlahmen ins Hotel. Duschen und Umziehen standen an. Nächster Treffpunkt im Foyer des Hotels. Das Heidelberger Schloss wartete auf uns! Die Kulisse hatten wir aus diversen Perspektiven, aus Stadt, Land, Fluss bereits in Augenschein genommen.

Was wir von der Bahn erwartet hatten, realisierten die Taxis zum Schlossberg. Verspätungen. Wo sich in Jahrhunderten Könige und andere Blaublüter vergnügten wurden wir zum Sektempfang empfangen. Die Terrasse lud zum gemütlichen Verweilen ein. Eigentlich, denn Heidi, die Schlossführerin, harrte darauf ihr reichlich historisches Wissen an uns weiterzugeben. Das Heidelberger Schloss ist die größte Schlossruine Europas. Ob das Schloss in Teilen ruiniert wurde, um diesen internationalen Titel sein Eigen zu nennen ist nicht hinreichend belegt.

Was die Kulisse aus der Entfernung versprach hielt der näheren Betrachtung stand. Neben beeindruckender Bauweise begeisterte das größte Holzweinfass der Welt, mit einem Fassungsvermögen von 220.000 Litern. Bauern und Winzer hatten ihre Steuern, das Zehnt, darin abzugelten. Welch` glorreiche Zeiten: Ein Zehnt! Ein Gnom soll das Cuvee höchstpersönlich verkostet haben. Manch professioneller Trinker der heutigen Hofnarren, mehr oder weniger bekannt aus Funk und Fernsehen, eifern ihm erfolgreich nach. Ohne allerdings in Funk und Fernsehen die mediale Würdigung dafür zu erhalten.

Dem gegenüber erwies sich unsere 3 Literflasche Weissburgunder (Jeroboam) als überaus enthaltsam. Der weisse Burgunder zeigte sich von seiner besten Seite, vollmundig mit nachhaltigem, langem Abgang. Dazu passend das Dreigang-Spargelmenü. Zur Untermalung von Speisen und Getränken in herrschaftlichem Ambiente erklang Gesang von der Hofbühne. Hier fanden die letzten Proben für das nahende Sommertheater statt. Bitte nicht verwechseln mit dem zu erwartenden Sommertheater der politischen Szene!

Speis und Trank erfreuten sich allgemeiner Wertschätzung, der Abholservice war überraschend pünktlich, und in der Hotelbar ließen wir uns Spargel, Kalbsschnitzel, Weissburgunder und co. noch einmal auf der Zunge zergehen. Ein absolut gelungener Tag fand seinen würdigen Abschluss. Die Runde löste sich alsbald auf, denn wohlige, Zufriedenheit und Müdigkeit suchte alle Freunde Heim.

Zum späten Frühstück erschienen alle wieder in alter Frische. Packen, Auschecken und die Heimreise stellten keine übermäßigen Herausforderungen. Und so freuen sich schon alle Teilnehmer auf den achtzehnten Diskurs, wo immer wir uns in einem Jahr wieder treffen werden. Dem Organisator und Spender sei noch einmal ein herzlicher Dank!