Beim Einwurf gibt es weder Abseits noch ein Pardon. Seit geraumer Zeit finden deshalb auch die Einwürfe generell nie dort statt, wo der Ball die Seitenauslinie überflogen, bzw. überrollt hat. Unqualifizierte Einwürfe von der Trainerbank dagegen tadelt zunächst der Vierte, und bei akuter Uneinsichtigkeit führt der Weg gerne auf einem Tribünenplatz, um von höherem Niveau aus das Geschehen zu begutachten. Statistisch gesehen findet dieser Akt der Verbannung stets bei Trainern der zurückliegenden Mannschaft statt. Offensichtlich herrscht beim Stab ohne Aussicht auf drei Punkte ein wesentlich höheres Gefährdungspotential vor.

Unabhängig von Spielklasse und Liga, vom Alter, Charakter oder IQ, von Grosshessenlohe bis München, von Lokomotive Petersburg bis Sandale Telaviv sind weitere erstaunliche Gesetzmäßigkeiten zu registrieren. Sie bedürfen eines weiteren verbalen Einwurfes.

Vorweg möchte ich an dieser Stelle die erste Einschränkung loswerden. Bestimmte Verhaltensmuster sind zwar nicht zwingend vom Alter abhängig, jedoch in unmittelbarem Einklang mit dem Bildungsstand. Akteure, die nicht auf eine schwere Kindheit verweisen können, bestehen darauf, dass häufiges Kopfballspiel keinen Einfluss auf die Persönlichkeits-Struktur hat. Mancher mag daran zweifeln.

Großmanns Gehabe mit extremem Hang zur Selbstdarstellung, der Verlust der eigenen Wahrnehmung über die wahre Persönlichkeit beherrscht die Szene. Einer der in dieser Hinsicht beispielhaften Exemplare, Th. M. aus M., vor ihm ist kein Mikro sicher. Der Drang mit seinen Belanglosigkeiten das Publikum anzuöden ist exorbitant.  Es täte allen gut, wenn er einfach mal seine Nerv tötenden Ergüsse nicht ständig in aller Öffentlichkeit breit treten würde. Gerade ihm stände es gut zu Gesicht. Und besonders in englischen Wochen wäre es angebracht. J.B. aus M. z.B. sammelt Schuhe. Über Fünfhundert füllen zwei Zimmer. Ob die Kickschuhe inklusive sind ist nicht überliefert. Oder M.R.aus D., der meint seinen Ferrari lizenzfrei chauffieren zu dürfen. Wieder andere tragen Frisuren wie Hähne in der Balz, rasieren sich fragwürdige Muster ins Haupthaar oder kolorieren sie in unnatürlichen Tönen. Manche vollführen Solo-Tanzformationen andere in Gruppen.

So, wie die Silberrücken ihr Alpha-Männchen-Gehabe zur Schau stellen, so gebärden sich auch einige Torschützen. Nach erfolgreicher Vollendung reißen sie sich das Fell vom Leib, wedeln damit in der Gegend herum und rennen Haken schlagend von ihren Mannschaftskameraden davon. Zunächst Richtung Eckfahne, dann entlang der Einwurf Linie zur Ersatzbank. Irgendwo zwischen Pfosten, Fahne und Reservebank wird er von der Horde seiner Verfolger gestellt. Bzw. gelegt und erdrückt. Der Schiri belohnt es regelkonform mit dem Zücken eines gelben Kartons.

Als Gegenpart zum Einwurf steht der Auswurf. Ein lamatöses Verhalten, dass wir nahezu ausschließlich beim Fußball feststellen. Müssen! Leider beschränkt sich das Absondern von Schleimen nicht nur aufs Verbale und nicht nur auf bildungsneutrale Spieler. Unabhängig von Volumen, Farbe und Konsistenz bleiben die Auswürfe auch von Ansichts-Karten unbedacht. Hygienische und ästhetische Gründe spielen ebenfalls keine Rolle. Bleibt die Frage nach dem „Warum“.

Nicht repräsentativen Beobachtungen zu Folge handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Um im Torrausch bzw. Siegestaumel verletzungsfrei Diven zu können, wird mit Eigengleitmitteln in den bevorzugten Diving-Zonen für ausgedehnte bäuchlings Rutschphasen gesorgt. Dann machen auch die Beregnungsanlagen Sinn, die vor jedem Spiel sowie in der Halbzeitpause die Grün-Anlage wieder neutralisiert. Auch der Begriff Grün-Anlage wird seiner Bedeutung gerecht. Und wenn sich die Aktiven über schlechte Platzverhältnisse echauffieren, dann deshalb, dass die Produktion von Gleitflüssigkeit nicht in ausreichender Menge produziert werden kann. Selbst die Unterstützung warmlaufender Ersatzspucker reicht nicht aus, um die Unebenheiten des Rasens zu egalisieren. Bleibt nur auf ein torloses Unentschieden zu hoffen.

20. März 2016