Wer kennt ihn nicht, den Wahlspruch des Briten Winston Churchills. Schließlich trug er ja sein Lebensmotto plakativ bereits im Namen: …chill-en! Seinem Namen nach war Winston ein ausgewiesener Kirchenschläfer. Aber das nur am Rande. Turnvater Jahn hingegen attestierte jedem gesunden Körper auch einen gesunden Geist. Von jedem Etwas begegne ich in der Muckibude meines Vertrauens. Arge Zweifel an den hehren Absichten hege ich allerdings in so manch` anderer Muckibude, in der sich kerngesunde Körper vehement gegen einen gesunden Geist stemmen. In dem von mir heimgesuchten Rehazentrum nebst moderner Gerätewelt foltert sich der ein oder andere keuchlings, aber täglich konsequent und überaus adrealinlastig. Andere beschränken sich hingebungsvoll, unregelmäßig auf das promillearme Geistige. Den Unterschied der Muckibuden erkennt man insbesondere an der Nahrungsaufnahme. Während in der einen Ergänzungs- und Eiweissprodukte, sowie Energiedrinks und gar halluzinogenes Gebäck an der Theke konsumiert wird, herrscht in meinem Fall die Einnahme von ständig wechselndem Kekssortiment, Brezeln und anderen Gewichtsergänzungsmitteln vor. Respektive dienen sie der Prophylaxe einer möglichen Unterzuckerung oder Dehydrierung. Dass man an den Keksen, ohne besondere Vorkenntnisse als Bäcker oder Konditor, die Jahreszeiten erkennen kann, ist reine Frage des Geschmacks. Einhergehend mit der Diversifizierung der dargebotenen Plätzchen unterscheidet sich auch die muntere Schar der aktiven Nascher. An dieser Stelle möchte ich ein paar der prächtigsten Exemplare näher vorstellen. Nein, selbstverständlich sind nicht die Kekse gemeint!
Um die Persönlichkeitsrechte der Athleten zu wahren, verwende ich frei erfundene Pseudonyme. Dämlichkeiten mit anwesenden Probanden sind weder zufällig noch ungewollt.
Starten möchte ich mit einer Katalogisierung einzelner Gruppen. Da sind die Aktivistinnen, die sich kommod auf den Geräten einrichten, um unüberhörbar den neusten Tratsch und Klatsch aus der Gemein-de ausschwallen. Gerne auch über die Distanz mehrerer Geräte und Köpfe hinweg. Die Disziplin an den Geräten selbst verkommt zur reinen Nebensache. Atemlosigkeit wäre ein absolutes no go.
Einige Kraftsportler arbeiten aktiv an dem Bachelor in Körperkult. Gut, weniger der gebildete* Körper steht dabei im Focus, getreu dem olympischen Geist „Nicht gewinnen, dabeisein ist alles“, trainieren sie nicht nur täglich ihre Muskulatur, sondern darüber hinaus auch in den Sporthallen der Gemeinden die Beherrschung der Glieder bei Pilatus, Yoga und auf dem Trampolin.
*Um jedweden Missverständnissen vorzubeugen: Hier ist ausschließlich der Körper gemeint!
Die Komplizen einer weiteren, alteingesessenen Spezies sind intensiv mit dem Studium der Sujets von Verbraucherinformationen beschäftigt. Noch bevor sie ihr hartes, tägliches Training auf sich nehmen, haben sie bereits die Odyssee von Aldi zu Netto und von Lidl bis Real hinter sich und sind stolze Besitzer günstigster Sonderangebote. Bei computerunterstützter Routenplanung zahlen sich die frühen Shoppingtouren durchaus aus.
Eher im femininen Umfeld sind die Frischluftintoleranzler (genderneutral) zu verorten. Ihr Trainingsspektrum konzentriert sich gezielt auf die Gesprächsmuskulatur. Obwohl für die Gesäßmuskulatur durchaus auch eine Straffung ratsam erscheint. (Es wäre auch die folgende Wortkombination sinnreich gewesen: Backenmuskulatur und Backenmuskulatur). Man findet diese omnipräsente Klientel am Hot Spot Kaffeetheke. In dieser Rotte fällt auch der am häufigsten strapazierte Satz: „Willst du auf dieses Gerät?“ Im Hintergrund schwingt die Hoffnung mit, auf geschickte konziliante Art die Übungen an diesem Gerät auf einen unbestimmten späteren Zeitpunkt zu verschieben. Oder gar in Gänze zu vermeiden.
Besonders zum Jahresbeginn starten die Heros mit ihren vorsätzlichen Abnehm-Programmen. An dieser Stelle möchte ich ohne Absatz oder Interpunktion von den Gruppen auf Einzelschiksale überleiten. Zunächst auf Bruder Tuck, der Robin Hoods treuem Gefährten Bruder Tuck auf´s I-Tüpfelchen gleicht. Allerdings eher atheistische Tendenzen aufweist, dafür aber äußerst leichtgläubig ist. Selbst die Tonsur auf dem Hinterkopf hätte beim Original nicht plazierter rasiert werden können. Zurück zum Thema Abnehmen. Hier ist unser Bruder Tuck einsame Spitze! Kaum eine Diät, kaum eine Kasteiung, mit der er seinem Gewicht nicht schon zu Leibe gerückt wäre. Selbst den bedingungslosen Einsatz auf dem Cross Walker scheut er nicht. Mit atemberaubender aber limitierter Frequenz zwischen Slow Motion und Cool Down spult er sein Pensum minutenlang herunter. Sollte das Folterinstrument belegt sein, nimmt er es ohne Umschweife zum willkommenen Anlass, sich einem weiteren Espresso zu widmen. Die Pein, mit der sein maroder Körper geplagt ist, hat tiefe Sorgenfalten in sein Antlitz gefräst. Mit nicht zu übertreffender Leidensmine quält er sich seit Jahren in die Praxis. Möge ihm nachhaltige Besserung gegönnt sein.
In das Sortiment der Körperreichen fällt auch die Blaumiese. Er trägt seinen Spitznamen zu Recht, denn er trägt ausschließlich ein komplett blau-schwarzes Outfit mit den drei Streifen. Das in dem Begriff Outfit „fit“ vorkommt bitte ich zu entschuldigen. Ebenso sollte nicht der Verdacht aufkommen, dass Längsstreifen schlank machen würden. Also wenigstens optisch. Er hat trotz regelmäßigem Einsatz kaum an Masse verloren. Sicher ist sein Plan zunächst Masse auf zu bauen, um sie später in Muskulatur umzuwandeln. Zu seinem Dress sei ergänzend bemerkt, dass ich ihn bisher ausschließlich in diesem Blau-Schwarz gesehen habe. Entweder er besitzt diverse wallende Shirts, knieumspielte Hosen etc. identischen Designs, welches er preiswert mit Mengenrabatt erworben hat, oder…, auch diese Variante ist
denkbar. Da ich an ihm allerdings noch nie, ich wiederhole, noch nie, auch nur den Hauch eines Ansatzes einer Schweißperle beobachten konnte, ja sogar noch nicht einmal einen Tropfen Kondenswasser erahnte, ist ein Dauereinsatz ohne Versagen des Deodorants unwahrscheinlich. Manchmal, wenn es ganz ungünstig läuft, und er ein potentielles, regionalpolitisches Gesprächsopfer in Zwangsgewahrsam genommen hat, schafft er gerade die Disziplin Garderobe, Kaffeetheke, Garderobe, bevor es ihn zum nächsten Auswärtstermin drängt.
Die Kaffeetheke ist auch zentraler Treff der Sonderangebotler, deren Neigungen weitestgehend deckungsgleich mit den bekennenden Volks(verdummungs)musik- Konsumenten sind. Sie entwickeln nahezu vorpubertäre Schwärmereien für singende Geschwisterpaare, füllige Volklore Gesangsgruppen mit überwiegend (welch treffender Begriff!) und andere Troubadoure mit alpenländischem Dialekt. Sie bevorzugen natürlich auch eine äußerst ausgewogene Ernährung, die wahlweise in Bäckereishops, Cafeterias von Möbelhäusern oder Großfloristen sowie in den geräumigen Vorkassenzonen von Verbrauchermärkten eingenommen werden. Dass das Preis-Leistungsverhältnis auch stimmen muss, versteht sich von selbst. Gerne bestimmen auch die Coupons aus den Zeitungsbeilagen der besagten Möbelhäuser etc. den ausgewogenen wöchentlichen Menüplan.
Nicht unerwähnt bleiben darf selbstverständlich die Krankenkassen-Fraktion der Rekonvaleszenten. Rücken, Hüften, Knie, Schultern und weiteres Ungemach sehnen sich nach heilenden Händen, die sie in den Separees der Praxis entbeinen.
Last, but not geleast finden sich regelmäßig ein paar Unverbesserliche ein, die einfach nur ihren Körper in Form halten wollen. Quasi freiwillig kommen, um nicht hingehen zu müssen.
Zu guter Letzt schließe ich mit einem Zitat von Karl Valentin: „Gar nicht krank ist aber auch nicht gesund!“
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