Noch einhundert Tage bis Olympia. In mir keimt sofort der olympische Gedanke auf: Nicht gewinnen, dabei sein ist alles! Doch ich wäre nicht ich, wenn ich nicht an der Redlichkeit des Gedankens zweifeln würde. Allerlei Berichte von investigativen Reportern geben uns ja auch berechtigten Anlass zu kritischen Gedanken.

Nicht dass ich etwas gegen den Russen an sich hätte, aber die Frage sein erlaubt: Wer kennt einen russischen Spitzensportler, der nicht gedopt war oder ist? Sogar über fünfzig Prozent der russischen U-18 Eishockey Mannschaft ist überführt worden. DieU-18! Wahrscheinlich bekommen sie bereits mit der Muttermilch automatisch die entsprechenden Wachstumshormone zugeführt, wenn Mama auch eine Aktive war. Der kümmerliche Rest der Zöglinge wächst in Arbeitslagern auf. Oder so.

Die erste Goldmedaille hat sich Adidas schon hundert Tage vor der Eröffnungsfeier selbst um den Hals gehängt. Alle Teilnehmer und Funktionäre werden natürlich komplett eingekleidet. Insgesamt 75 (in Worten fünfundsiebzig!) verschiedene Teile stehen zur Auswahl. Von Fliegengewichtlern bis Superschwergewicht für 450 Athleten und die 300 unvermeidlichen Funktionäre. Ohne die funktioniert ja nix! Schwarz – rot – goldene Fummel für immerhin über neun Millionen Euro. Wenn das Adolf Dassler noch hätte erleben dürfen! Das bedeutet rein mathematisch, das zusammen 450 Aktive plus 300 Passive für durchschnittlich 12.000,-€ / Person Sportkleidung in Rio tragen. Mein lieber Mann, da klingelt in Herzogenaurach aber ordentlich die Kasse! Sicher sind die goldenen Lack-Schühchen mit originalem Blattgold belegt. Gott sei Dank hat man sich für goldige Lack-Schühchen entschieden, und nicht für rote. Damit bleibt für den Papst eine gewisse Exklusivität. Offen ist die Sorge, ob nicht Erdogan Ansprüche anmeldet! Mal Mutti fragen, sie wird sie ihm ja wohl putzen dürfen!

Mit großer Show wurden die Klamotten präsentiert – schon hier wird der olympische Gedanke zur Klamotte. Ich kann allerdings nicht verbindlich bestätigen, ob die Präsi-Kosten in den neun Millionen enthalten sind. Wohl eher nicht. Denn hier verdient ja logisch ein anderer. Die Kosten hätten sicher auch dem Breitensport gut zu Gesicht gestanden. Oder, alternativ, den medizinischen Laboren, um den Dopingfahndern ein paar Schritte voraus zu sein. Damit auch ein paar bessere Chancen auf ein paar mehr Plätzchen auf den Treppchen.

Irritiert bin ich auch von dem Begriff „Outfit“. Sind die Klamotten nun out und die Olympioniken fit? Oder gar umgekehrt? Aber, wie der olympische Gedanke ja nun impliziert, geht es ja ums dabei sein. Hahaha! Scherzle gemacht. Unsere Siegeschancen reduzieren sich lediglich auf die Disziplinen, in denen Russen oder Chinesen oder Kenianer oder was weiß ich, vor Kraft nicht mehr laufen oder springen können. Oder sich erwischen lassen. Nun engagiert sich der deutsche Präsident des Olympischen Komitees ja mit aller Kraft für eine Teilnahme der flächendeckend gedopten Russen, dass spätestens hier der olympische Gedanke endgültig den Bach runter geht.

Und so freuen wir uns alle auf Olympia. Sind stolz auf die deutschen Medaillengewinner, wundern uns über die Athleten von denen man sich aber mehr erwartet hätte und hängen den Funktionären an den Lippen, wenn sie in ihren 12.000,- € wertigen Adidas-Klamotten sowohl Erfolge loben, als auch Misserfolge rechtfertigen. Hoffen wir mal, dass in den chinesischen und bangladeschigen Konzentrations-Nählagern die 75 verschiedenen Outfits rechtzeitig fertig werden. Sonst wird Adidas ein Streifen aus dem Logo gestrichen.

Zu guter Letzt noch eine weitere wirtschaftliche Betrachtung. Bei 38 – 68 zu erwartenden Medaillen sind es im Schnitt 53. Ergo kostet uns (wen eigentlich?) jede Medaillier im Schnitt 169.811,32 €. Logisch, dass jede unerwartete Medaillier den Break even Point drastisch senkt. Hatte ich etwa vergessen zu erwähnen, dass die Kosten für die deutsche Equipe mit An- und Abreise, Aufenthalt etc. nicht mit den neuen Millionen gedeckt sind. Aber das wäre ja kleinlich, und zu kurz gesprungen.

  1. April 2016