Da denkt man nichts Böses und begibt sich an einem sonnigen Sonntag auf einen mit viel Lob gehudelten Wanderweg: Den Panoramaweg bei Zell a.H.. Abfahrt vom Treffpunkt, Aufteilung der Fahrgemeinschaften und der Konvoi mit zwei Autos verlief geschmeidig. An den bekannten Blitzersäulen musste die Geschwindigkeit nicht angepasst werden, der gefürchtete Sonntagsmittagsausflugsverkehr sorgte automatisch für strassenverkehrsordnungsmäßiges Crusen. Der Abmarsch war an dem ausgeschilderten Parkplatz goldrichtig geplant. Ohne den Einsatz von Navis wurde dieser auch auf Anhieb angesteuert. Große Bäume spendeten den ersehnten Schatten. Ich sage nur Ledersitze! Unter dem ersten Baum hatte ein sichtlich in die Jahre gekommenes Pärchen das Vesperpaket in Arbeit. Wie sich später herausstellte, gehörte der Kleinwagen den Ausflüglern, die zwischen zwei prächtigen Eichen im Schatten eingeparkt hatten. Die Lücken rechts und links daneben waren gerade noch ausreichend für je ein Fahrzeug, jedoch hätten jeweils der Fahrer bzw. Beifahrer auf die Teilnahme an der Wanderung verzichten müssen. Die Eichen machten keine Anzeichen zum Weichen. Es blieb ein halbschattiges Parkplätzchen auf der dürren Wiese. Das staubige Rangieren hielt die Picknicker nicht vom herzhaften Biss in ihre Stullen ab. Der Belag wurde nicht erkundschaftet.
Wer ohne Nutzung des Navis den Parkplatz findet, der verläuft sich auch auf dem ordentlich ausgeschilderten Panoramaweg nicht. Quasi parallel zum Panoramaweg hatte Sebastian Kneipp diverse Wassertretstellen erbaut. Allerdings ohne Wasser! Die Dürre machte eben auch für Sebastian Kneipp keine Ausnahme. Somit waren die Wassertretstellen eigentlich überflüssig.
So schlenderte die sportive Gruppe über den Panoramaweg. Doch im Wald war das Panorama weg. Lichte Momente offerierten uns hin und wieder das angepriesene Panorama auf Wiesen und Felder rings um Zell a. H.. Sinniger Weise hatte die ersehnte Wanderhütte im August geschlossen. Die Erfrischung musste hinten anstehen und die mitgeführte Flasche Wasser neigte sich dem Flaschenboden zu. Mein kühler Vorrat hatte die Grenze zwischen halbvoll und halbleer fließend überschritten, da der Verschluss unsachgemäß geschlossen wurde. Der Vorteil einer gekühlten Rückenpartie nebst dem oberen Teil der fünf Buchstaben war bei den Temperaturen jedoch nur von kurzer Dauer.
Nach gefühlten zwei Dritteln des hochgelobten Panoramaweges führten uns die Schilder aus dem Wald heraus unmittelbar hinein ins Panorama zurück nach Zell.a.H.. Die ersten Fata Morganen flimmerten vor unserem geistigen Auge. Das Kondenswasser perlte außen am Glas, reichlich gefüllt mit einem gespritzten Bier. Mit jedem Schritt auf dem asphaltierten Panoramaweg, mitten im Panorama, wuchs das Fassungsvermögen des Glases. Jetzt nur noch durch das Neubaugebiet die Hauptstraße entlang ins Zentrum. Es ist erstaunlich wie lang sich in solchen Dörflein Hauptstraßen, deckungsgleich mit einem Panoramaweg, ziehen können! Verwundert ordneten wir die ganz in jungfräulichem weiß gehaltenen Hinweisschilder an den Türen der örtlichen Gastronomie unter „Halluzinationen“ ein. Hier stand in großen Buchstaben: Sonntags Ruhetag bzw. Geöffnet ab 17:30 Uhr. Offensichtlich wähnte man die munteren Wanderer dann doch länger auf dem Panoramaweg. Eiscafés und eine Dönerbude luden eher zur Einkehr aus. Trotz der quälenden Tortur über Asphalt und Kopfsteinpflaster und wider aller Fata Morganen beschlossen wir direkt den Parkplatz aufzusuchen um nachzuschauen, ob das Picknickpärchen noch dem Dessert frönte oder ihren persönlichen Parkplatz für weitere Schattenparker zur Verfügung gestellt hatte.
Am Leben hielt uns die vage Hoffnung, dass die reservierten Sitzplätze im wunderschönen Gartenrestaurant schon frei sein würden. Das Picknickpärchen hatten wir ja nicht mehr zu befürchten. Die ersten Überlegungen fanden statt, ob man den Inhalt der Gläser mit den Kondenzperlen auch ohne jegliche Hinzugabe von Wasser zu sich nehmen könnte.
Der Tisch war frei! Obwohl sich doch noch ein paar Gruppen vom Mittagstisch an dem Panorama und den kühlen Getränken berauschten. Ohne auf zwei fußkranke Nachzügler zu warten, wollten wir umgehend die Getränke ordern. Andrew, der Wirt verkündete uns noch bevor wir auch nur einen einzigen Wunsch äußern konnten, dass auf Grund der Temperaturen und der großen Anzahl durstiger Seelen das letzte Bierfass leider gänzlich zur Neige gegangen sei. Aus lauter Frust haben wir uns mit alkoholfreiem, aber wenigstens kühlem, Bier die Kante gegeben. Das Essen war ok. So neigte sich dann, dem letzten Fässchen Bier folgend, der Wandertag dem Ende zu. Ich fürchte, dass der Panoramaweg in Zukunft ohne uns bewandert wird. Selbst wenn Sebastian Kneipp wieder Wasser unter die Füße bekommen sollte, alle Hütten wieder geöffnet sein sollten und die Fässer den Darbenden die ersehnte Labsal gewähren könnten.
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