Ob ihr es glaubt, oder nicht: In unserem Gartenteich herrscht Tide, also Ebbe und Flut. Also eher nur Ebbe. Seit Monaten! Die Frösche sind schon so gut wie gepökelt, obwohl gar kein Salzwasser den Kalkgehalt neutralisiert. Für die Flut zeichnete ich persönlich verantwortlich, durch das ständige Nachfüllen auf das gewünschte Niveau. Und nach dem Schuldigen für die Ebbe fahnde ich nun schon seit Wochen akribisch. Den Mondphasen konnte ich bisher keine arglistige Verschwörung nachweisen, blieb die Suche nach einem ganz simplen Leck in den Schläuchen von und zur Filteranlage.
Zunächst lokalisierte ich eine undichte Stelle, die sicher dem harten Winter geschuldet war. Doch wie dichtet man einen Schlauch, dessen Kern mit Metallstreifen an Unebenheit nicht zu überbieten ist? Wie ihr wisst, liegt meine Stärke beim Dichten nicht unbedingt bei Wasserpumpenschläuchen. Hilflos und, zugegeben, ohne festen Plan irrte ich durch die Regalreihen bei Obi. Mein Hobby-Handwerkerstolz ließ es nicht zu, dass ich mir Rat bei einem der Mitarbeiter holte, die in ihren orangefarbenen Leibchen spielend zu identifizieren waren. Schließlich obsiegte die pure Notwendigkeit über den Stolz. Als nächste Hürde stellte sich mir das Vokabular schier unüberwindlich in die Quere, wie ein Doppeloxer beim Springreiten. Ob die für mich unwirklichen neuen Worte und Wortschöpfungen bereits Eingang in den neuen Duden gefunden hatten, halte ich für ausgeschlossen! Ausgestattet mit allerlei Rohren, Krümmern, Muffen und Schellen bahnte ich mir den Weg durch die nicht enden wollende Schar der Schwarzarbeiter zur Kasse. Ohne goldene Obi-Karte war ich allerdings nur ein Kunde zweiter Klasse. Milde lächelnde Zeitgenossen ahnten wohl schon, dass das Dichtungsproblem damit nicht grundsätzlich zu lösen war. Wie Recht sie doch behalten sollten, diese Schattenwirtschaftler und Steuerhinterzieher.
Stolz wie der Pfau im Lahrer Stadtpark betrachtete ich mein Erstlingswerk. Ein Druck auf die Sicherung der Umlaufpumpen und augenblicklich sprudelte das Wasser munter exakt aus der Stelle, die ich gerade gedichtet hatte. Der Weg zurück zu Obi ähnelte dem Gang nach Kanossa. Das Achselzucken des Orangen verhieß allerdings nichts Gutes. Jetzt musste das vielgepriesene Internet seinen Ruf bestätigen.
Meine Erfahrungen aus den Regalreihen bei Obi erwiesen sich als hilfreich, entpuppten sich jedoch als Kinderkram im Vergleich zu dem reichhaltigen Angebot im weltweiten Netz. Ihr glaubt es nicht, was es alles gibt! Ich möchte euch eine Auflistung der Artikel ersparen, es würde eure Konzentration jäh beeinträchtigen. Aber, lasst euch geschrieben sein: Der Herr der Leckagen ist fündig geworden!
Man versprach umgehende Lieferung und so scharrte ich bereits am Folgetag mit den Füßen, um den Postboten abzufangen. Eine digitale Unterschrift und die neue Muffe war mein. Flugs eingebaut, Wasser marsch………das Leck hatte verloren. Die Familie versammelte sich tief beeindruckt um den Teich. Die Frösche glotzten dämlich wie immer. Der Ritterschlag zum Fachmann in allen undichten Leitungsfragen war vollbracht. Die Nacht verlief in ausgeglichener Harmonie. Morgens vor dem Frühstück ein prüfender Blick auf das Niveau des Teiches: Ebbe.
Sofort erkannte ich als geadelter Fachmann, dass es ein weiteres Leck geben musste. Musste! Mit all meiner Erfahrung grub ich auch noch den Rücklaufschlauch aus. Und, siehe da, munter rieselte das Wasser aus zwei weiteren, unscheinbaren Löchlein. Bei Obi wurde ich freundlich begrüßt, meine Kollegen von der Schwarzarbeiterzunft schlichen auch bereits wieder durch die Regalreihen. Doch dieses Mal hatte ich einen Plan! Zielsicher hastete ich in die Abteilung HT-Rohre, inspizierte die Maße, legte die Beute sorgsam in den Caddy und war im Handumdrehen wieder am Ort des Winterschadens. Mit Geschick wurde auch das Leck 2.0 geschlossen, die Pumpen aktiviert, Wasser im Teich geflutet. Die Frösche verstanden die Welt nicht mehr, aber mein Ansehen in der Familie hatte einen absoluten Höchststand, wie derzeit der DAX.
Mich überraschten die Gezeiten am folgenden Morgen doch ein wenig. Es war erneut Ebbe und neben Verzweiflung kamen erste Gedanken an einen Kieslaster auf. Die Lecks dicht, und Ebbe. Ich entschloss mich ein paar Tage abzuwarten, denn gelegentlich behoben sich Probleme von allein. Auf diese Karte setzte ich zuversichtlich – aber vergebens!
Der Zufall sollte jedoch eine entscheidende Wende bringen. Der Rinnstein für das Rücklaufwasser war in dem durchnässten Boden abgesackt, sodass das Wasser nicht in Gänze in den Teich zurück lief, sondern einen Beipaß bildete und die Uferregion zusehends vermoorte. Ein solides Fundament aus Steinen half rasch für Abhilfe. Der nächste Tag zeigte Wirkung: Eine spiegelglatte Wasseroberfläche auf dem gewünschten Pegel, mit 142,26 m über NN.
Wer die Gestaltung der Wasserläufe in unserem Garten kennt, der weiß, dass auf der Terrasse aus einem Quellstein ein Bächlein in drei kleinen Wasserfällen hinab in den Teich plätschern lässt. Der wiederum wird aus dem Teich mit Nachschub gespeist. Kaum hatten wir diesen Quell der Freude aktiviert, zog sich der Wasserpegel ebbenartig zurück. Ja leck mich doch! Die ersten Frösche sahen sich bereits nach einer neuen, sichereren Bleibe um. Es reichte! Und da ich keine weitere Seite mit diesem unrühmlichen Bericht füllen möchte, schließe ich hier entnervt ab. „Die Staustufen der Wasserfälle müssten neu mit Silikon abgedichtet werden.“ Sagt meine Frau.
Hallo Armin,
das war mal wieder köstlich! Ich kenne das noch von unserem Bielefelder Teich. Der war allerdings so klein, dass durch reine Verdunstung die Ebbe eintrat….Ruhestand…..Übrigens ist nun eingetroffen, was ich nicht glauben konnte: Ich bin ständig mit Terminen vollgepflastert. Allerdings mit einem Unterschied: Ich kann mir für die Sachen, die mir wirklich wichtig sind, die Zeit nehmen. :-))
Ganz liebe Grüße
von Ulrike