„Kunst und Genuss“ im Lahrer Stadtpark ist ein Event im Stadtpark von Lahr mit Kunst und Genuss. Der Sinn liegt darin begründet, dass es eine Kunst ist, den Genuss auch als solchen zu empfinden. Und wir waren erstmals dabei!

Es lagen keine wirklichen Alternativen für den Samstagabend vor. Die Fernsehanstalten vergeudeten unsere Gebühren mit dem üblichen Schwachsinn, wie, inzwischen täglichem Fußball, Wiederholungen von Krimis, mit denselben Toten und Mördern und irrtümlich Verdächtigen und Hauptkommissarinnen und Hauptkommissaren, und schrägen Hauptkommissar-Anwärtern, und stets freien Parkplätzen vor den Tatorten, und selbstverständlich den Ausgeburten einschläfernder Quizshows. Die Formate beeindrucken durch ihre niveaulose, kreatiefe Vielseitigkeit, wie: Hyperaktive Kinder gegen Helikoptereltern, Promille-Promis gegen nüchterne Beamte, Spätaussiedler gegen Frühaufsteher, Politiker gegen unbescholtene Bürger, Google gegen Konrad Duden, Veganer gegen Hamburger, Herrenknecht gegen Windräder, usw.. Moderiert werden alle Shows grundsätzlich durch seine Selbstherrlichkeit Johannes B-Punkt Kerner, und im Rahmenprogramm die unvermeidliche, atemlose Helene Fischer, der nuschelnde Gnom Peter Maffay, und all die anderen abgehalfterten, reanimierten Veteranen aus der Schlagergruft. Also dann doch lieber „Kunst und Genuss“!

Ich darf es vorwegnehmen: Uns ist das Kunststück nicht gelungen, den Genuss zu genießen. Aber der Reihe nach. Die Anfahrt verlief ohne große Hindernisse auch nicht vor und in den Kreisverkehren. Trotz frühzeitigem Aufbruch waren die Parkplätze bereits belegt. Ohne schlechtes Gewissen habe ich eine weitere Parkreihe eröffnet, auf die die örtlichen Verkehrsplaner noch nicht gekommen sind. Zugegeben, ein wenig Risiko war dabei. Aber eine knöllchenfreie Windschutzscheibe rehabilitierte meine Entscheidung nachträglich. Die Kassenhäuschen-Insassin wollte partout auf unsere Rentner-Ausweise keinen Nachlass gewähren, und auch einen Gruppentarif für zwei Teilnehmer wurde achselzuckend nicht akzeptiert. Das abendliche Lüftchen wehte lau, das Ambiente im Lahrer Stadtpark war berauschend, ein lauschiges Fest harrte unser.

Auf staubigen Pfaden, unter uralten Bäumen, vorbei an Weckgläsern mit Teelichtern von Ikea, die ursprünglich Glasuff beherbergen sollten, führte uns der Hunger auf den Eventplatz. Noch warteten hier und da Sitzgelegenheiten auf Zweisitzer und so beschlossen wir uns hemmungslos dem Genuss hinzugeben. Die Entscheidung fiel uns schwer, aus dem armhaltigen Angebot unseren Wunschgenuß zu ermitteln. Zwischen Spanferkel mit Bratkartoffeln und asiatischer Nudelpfanne mit Hähnchenbrust pendelten die Gelüste. Der Hunger siegte über den Geschmack und auch Plastikteller und Plastikbesteck ließen keinen spontanen Genuss aufkommen.

Voller Vorfreude steuerten wir auf den einzigen Weinstand zu, deren Winzer uns so fremd war, wie ägyptische Hieroglyphen auf Grabtafeln in Pharao-Pyramiden. Da sich das Gros der Kunst- und Genußsuchenden dem Mahl hingaben, war die Reihe schnell an mir. Umgehend führte das Kopfkino in meinem Kopf Regie, und spielte mir Szenen vor Augen, wie es wohl ablaufen würde, wenn mehr als zwei Trinkfeste gleichzeitig ihr Ansinnen äußern würden. Das Kopfkino war eine schamlose Untertreibung der Realität! Wer mit viel Glück, starken Nerven und einer ordentlichen Portion Stehvermögen ein Viertele ergattert hatte, dem sei zu raten gewesen sich umgehend erneut einzureihen, bevor ihm der Durst und nicht die Promille Fatamorganen vorgaukelte. Der Spuk erreichte in Bälde weitere, himmelschreiende Dimensionen. Die Gläser waren ausgegangen. Was allerdings nicht so schlimm war, denn es gab ohnehin keinen Wein und keine Cocktails mehr. Die Polizeibehörde der Ortenau löste augenblicklich ihre Kontrollen auf, da mit zu beschlagnahmten Führerscheinen an diesem Abend nicht zu rechnen war. Müßig zu erwähnen, dass der Wein, so noch vorhanden, sowohl untrinkbar als auch hoffnungslos überteuert war. Insofern hatte der Mangel auch sein Gutes! Zusammen mit dem Glaspfand zog es mir nahezu den finanziellen Boden unter den Füßen weg.

Gesäumt wurden die Plätzchen und Wege von Ausstellern von allerlei nutzlosem Zeugs, wie man es nur von Jahr- bzw. Wochenmärkten in Regionen mit überwiegend ländlicher Struktur antrifft. Glasperlen und geschliffene Steine, wie man sie in der Jungsteinzeit zum Tauschen verwendete, hübsche gedrechselte Holz-Rumstehchen, gebatikte, luftig leichte Tücher, Lakritze in Stangen- oder Schneckenform – die Kunst hat sich hauptsächlich in künstlichem Schnickschnack präsentiert. Ich muss gestehen, dass wir uns eher weniger intensiv mit den gutgemeinten Auslagen beschäftigt haben.

Ein Schwätzchen hier, ein Hallöchen da, viele durstige Seelen suchten alsbald ergiebigere Trinkstätten auf, die auf mehrere Gäste eingerichtet waren. Und so plätscherte der Abend dahin und wir sehnten uns nach einem gemütlichen Abend mit einem Gläschen Rotwein, einer langweiligen Quizshow und der einschläfernden Berieselung durch Johannes B-Punkt Kerner.

Ach ja, die Live-Musikdarbietungen im Lahrer Stadtpark waren echt um Klassen besser als Fischer, Maffay und Co.