Nach nur drei Jahren detaillierter, dilettantischer Planung ist das Bauvorhaben „Vogelhäuschen“ überraschend zeitnah realisiert worden. Was als urbanes, ornithologisch-soziales Projekt angedacht war, fand schließlich als baumogulisches Anwesen seinen Platz in der kargen Winterlandschaft. Dem frostigen Umfeld angepasst, wurde es auf den Namen „Weißes Haus“ der Öffentlichkeit übergeben. Nur eine kleine beschränkte Schar schenkte der Eröffnungsfeier ihre Aufmerksamkeit. Ohne großes Federlesen nahmen ein paar schräge Vögel Besitz vom Weißen Haus. Die Dreckspatzen frohlockten hämisch. Sie zwitscherten mit 140 Piepsern allerlei Unsinniges und Unwahrheiten in die bunte Welt der Gefiederten. Die Besetzung kam einem Handstreich gleich, denn die Mehrzahl der heimischen Rassen hegten sozialere Pläne.

Aufgeregt flatterten die bunten Meisen um die Villa, sie sahen sich um ihre Neigungen und Zukunft betrogen. Den Buchfinken warf man vor, dass sie nicht richtig Lesen können, und die begehrten Plätze am Napf den schrägen Vögeln und Dreckspatzen nicht gönnen würden. Man beschimpft sie ohne Unterlass als Schmutzfinken. Die schwarzen Amseln gar sollen das Terrain ganz verlassen. Stare, Lerchen und Nachtigallen versagten ihren Gesang zu Ehren der schrägen Vögel und Dreckspatzen, und nur die Nebelkrähen krächzten erbarmungswürdig. Alle Zugvögel, die aus dem Süden die bunte Welt in Büschen und Hecken saisonal bereichern, erhalten keine Aufenthaltsgenehmigung, sie würden den Platzhirschen das Futter streitig machen – und nur selber Essen mache schließlich fett.

Aufgeplustert hocken die Spatzenhirne im Weißen Haus und wehren jeden noch so kleinen Anflug futterneidischer Gattungen. Selbst die Zaunkönige sehen sich ihrer Krone beraubt und wollen nicht länger eine kleine Minderheit bleiben. Sie verbünden sich mit den Rotkehlchen zu einer royalen, sozialornithologischen Allianz. S/Gimpel und Kiebitze ficht das Ganze nicht an. Sie stelzen unbeirrt und uninteressiert durch die Vorgärten des Hofstaates und flattern umher, ihren Gedanken gleich.

Nun müssen wir unwohl oder übel mit den schrägen Vögeln und Dreckspatzen zurechtkommen. Wohl eher schlecht als recht! Hoffen wir, dass der Vogelhändler die falsche Brut alsbald aus ihrer Voliere verscheucht, und fröhliches Zwitschern anstelle stumpfsinnigem Twittern Oberhand gewinnt.

Januar am 20ten 2017