Ach du meine Güte! Gütesiegel wohin man schaut. Bio, Öko, Fair Trade, TÜV, GS, Made in Germany (wohl die Mutter aller Gütesiegel!) und hunderte weiterer vernünftigen Auszeichnungen und selbstzweckenden Blendwerken. Alles zum Wohl von unserem Geldbeutel. Oder der Anbieter. Oder der Gesundheit. Oder der Menschheit schlechthin. Jetzt ist es nun endlich soweit – unerwartet aber längst überfällig: Das Tierwohllabel!

Wie haben wir uns die Parameter vorzustellen? Welche Kreatur dieses Signet auch auf die Schinken tätowiert bekommt, die hat echt Schwein gehabt! Begleiten wir ein gleichnamiges Geschöpf durch sein wohlverdientes Dasein. Bereits als Ferkel, wohl gepampert und behütet in der Rotte seiner Erzeuger. Zwischendrin erwähnt sei, dass eine natürliche Befruchtung jederzeit Vorrang vor der künstlichen hat! Nur die amtsärztliche Bescheinigung einer Unfruchtbarkeit, notariell beglaubigt von zwei unabhängigen Veterinären, kann eine künstliche Reproduktion ermöglichen.

Zurück zum Wohlfühlmodus. Ein atmungsaktiver Vier-Boxen-Stall, vollklimatisiert, mit barrierefreiem Auslauf in Mutter Natur. Vollpension mit Vollwertkost, gluten- und laktosefrei, immer pünktlich in den Trog. Natürlich ein Veggie-Day pro Woche. Zum täglichen Suhlen ein angewärmtes Fangobad, und anschließender Ayurveda-Ganzschwartenmassage, mit Sau-na Gang. Fuß- und Klauenpflege nach Bedarf, die Borsten regelmäßig gewaschen, gelegt und geföhnt. Hygieneartikel, wie vierlagiges Toilettenpapier, und Hakle-Feucht Tücher stehen griffbereit zur Verfügung. Alles andere wäre eine große Sauerei! Zum wohlgefälligen Mittagsschläfchen ertönen leise Chillout-Melodien. Abends untermalt die kleine Nachtmusik die Gute-Nacht-Geschichte des Pflegepersonals. Wer möchte da nicht gerne ein Schwein sein?

Man möge es mir nachsehen, dass ich über den konsequenten weiteren Schritt im „Leben“ der zukünftigen Lebensmittel keine detaillierte Schilderung niederschreibe. Ich überspringe den markanten Einschnitt und wir treffen uns in den Kühlregalen der Supermärkte und den Theken der Metzgereien wieder. Liebevoll dekorierte Schnitzel mit biologisch angebauter Petersilie und ökumenisch gezüchteten Cocktailtomaten bereichern das Angebot wohltuend. Für den rechtlich vorgeschriebenen Beipackzettel aus nachwachsenden Rohstoffen stehen separate Leseräume zur Verfügung, die je nach Waren speziell aus- und eingerichtet sind. So z.B. für die besagte Schnitzel, für Schinken (roh, geräuchert oder gekocht), Mettwurst oder Hack. Eine faunagerechte Lösung für gemischtes Hack halb und halb sind zertifizierte Institute beauftragt. Man rechnet mit einem parteienübergreifenden Gesetz noch in diesem Jahrhundert. Na dann: Zum Wohl und Prost Mahlzeit!

Januar, der 24te 2017