Mit gemeinsamen Terminen von Rentnern ist das bekanntlich so eine Sache. Um vier Personen unter eine Hut zu bekommen, können durchaus ein paar Monate vergehen. So auch in beschriebenem Fall. Tief in den Analen schlummerten vage Erinnerungen an eine mehrtägige Wanderung über die Pfingstfeiertage entlang der Route de Cretes im Elsass. Hier sollte ein Revival stattfinden – allerdings auf nur einen Tag begrenzt. Und so buchten wir, ganz spontan, eine geführte Tour mit Halbpension bei Bekannten, die uns in punkto Wanderungen diverse Etappen voraus waren.

Pünktlich um 08:30 Uhr stand das Taxi vor unserer Tür. Voll freudiger Erwartungen startete die Gruppe in Richtung Lac Blanc, den die Tourguides als Ausgangspunkt erkoren hatten. Nach ca.1,5 Std. parkte der Shuttle am Ufer des Sees in 954m Höhe über n.N.. Ohne Rücksicht auf das Alter ging es steil bergauf, im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein. Exakter über Wurzel und Fels. Der Aufstieg konnte gerade noch ohne Steigeisen, Seilschaften und Sauerstoffmasken bewältigt werden. Und schon nach wenigen Höhenmetern machte sich die Zwiebeltechnik der Sportkleidung bezahlt – wir entledigten uns der obersten „Schalen“ und der Flüssigkeitsverlust musste erstmals an einem sicheren Standort ausgeglichen werden. Während sich ¾ der Gruppe an dem herrlichen Panoramablick erfreute, rang ich mit den Schauerwellen der Höhenangst, die wie Ameisenhorden meinen Körper hoch und runter marschierten. Neben den Schweißtropfen im Rückenbereich, unter dem Rucksack, gesellten sich Panikschweisstropfen auf der Stirn hinzu. Den Blick starr und konzentriert nach oben gerichtet hangelten wir uns bis in schwindelnde Höhen auf ca. 1.300m über n.N..

Oberhalb der Baumgrenze konnte ich dann erleichtert durchatmen und den Blick über Landschaft und Flora befreit schweifen lassen. Der frische Wind zwang uns zurück in die abgelegte „Schale“ und der Guide barg sein Haupt sogar unter einer Strickmütze. Ich vergaß zu erwähnen, dass wir natürlich auch etliche Schneefelder zu überwinden hatten, die wir jedoch routiniert, souverän meisterten.

Die Mittagssonne hatte bereits hinter den Wolken den Zenit überschritten, als wir im Windschatten einiger ungeordnet herumliegender Felsblöcke der Halbpension frönten. Nachdem die Köchin und Guidin (oder wie ist die weibliche Form von Guide?) den Tisch gedeckt hatte, ließen wir uns Fleischpflanzerln mit Dijonsenf, Käse und frisches, vorzügliches Baguette munden. Dieses hatten wir auf der Fahrt, einen kleinen Umweg in Kauf nehmend, in einem armseligen Dorf erworben. Es hatte sich jedoch gelohnt, denn das Backwerk war im wahrsten Sinne des Wortes „ausgezeichnet“!

Etwa 2/3 der Tour lag noch vor uns, als wir uns wieder auf die Socken machten. Es folgten Aufstiege und Abstiege, steinige Passagen und Anhäufungen von Felsblöcken, die wir zu überwinden hatten. Schließlich ließen wir den Lac Vert rechts liegen und erblickten in der Tiefe den Lac des Truites mit der Ferme Ou du Forlett. Sogleich spulte bei mir das Kopfkino einen bekannten Film ab, denn exakt diese Ferme hatten Schorschi und ich im Herbst vergangenen Jahres als Ziel einer Zweiertour. Den runden, langen Abgang des Grauburgunders hatte ich noch auf der Zunge und so war die Frage nach dem Getränk gleich geklärt. Ohne ausführliches Studium der Karte.

Die letzte Etappe führte uns zunächst vorbei an Almwiesen (ohne Rindviecher) mit blühenden Veilchen in kräftigem Blau, knalligem Gelb und sowohl als auch. Wir wähnten uns schon auf gemütlichem Heimweg, als uns rund um den Lac Noir erneut Felsen, Geröll und größere Gruppen eifriger Wanderer in die Quere kamen. Schließlich tasteten wir uns den finalen steilen Abstieg zu den Ufern des Lac Blanc hinab. Eine anstrengende aber wunderschöne, geführte Tour mit Halbpension war vollbracht. An dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank an Guide und Guidin, in Personalunion mit Köchin, sowie an die Sherpas, die sich mit Getränken und Fleischpflanzerln, etc. abschleppen durften!

Die Heimfahrt verlief eigentlich zügig und ordentlich, bis auf einige unausweichliche Schlaglöcher, die dem Rücken nicht so wohltaten.

Summery: Gesamtstrecke 19km, 29.481 Schritte, 161 Etagen (3m = 1 Etage!), höchster Punkt 1.302m über n.N., Gesamtzeit 6,21 Std. (abzüglich Pausen).