Der Norden hat es uns angetan. Erst Norditalien, dann Nordsee. Die Elfi lag da quasi auf dem Weg. Und selbst die Rekord-Rolltreppe, den Panorama-Hafenrundblick, die imposante Architektur sowie die gigantischen Kosten habe ich mit meiner Höhenangst ohne volle Hosen überstanden.
Von Hamburg ging es weiter zum Epizentrum Deutschlands, nach Sylt. Dort ins Epizentrum von Sylt, nach Kampen. Und zur Einstimmung ins Epizentrum von Kampen: Ins Gogärtchen. Wer sich über die hohen Benzinpreise echauffiert, der sollte sich mal im Gogärtchen ein Gläschen Wein kredenzen lassen! Im Preis inbegriffen ist jedoch der perfekte Blick auf die Welt der Pfeffersäcke und die der gerne Gesehenwerdenwollenden. Oder auch nicht. Hier regiert die Dekadenz.
Das meistgefahrene Verkehrsmittel ist zweifelsfrei das E-Bike. Es folgt eine epidemische Dichte an Porsche. Daimler kontert mit den G-Modellen ab 6 Zylinder aufwärts. Ansonsten flanieren die GT, GS, RS, M, AMG, X, Y, Z und weitere Varianten des Alphabetes. Ehrensache, dass das BlueTech oder BlueMotion-Logo ein absolut umweltbewusstes Verhalten dokumentiert. Der stete Wind führt allerdings einen aussichtslosen Kampf, wie dereinst Don Quijote, gegen die alliierte Artillerie der V-Motoren mit vierfach bestückten Auspuffrohren. Erfreulich gilt es zu vermelden, dass das Gaspedal nicht ständig im Posingrhythmus durchgetreten wird und die Frisöre der Chauvinisten offensichtlich keinen Undercut kennen.
In der Kleidung gibt Mann und Frau sich deutlich markentreuer. Die Moncler Jäckchen, natürlich sowohl mit und ohne Ärmel, in jedem Fall aber gesteppt, sind quasi das National-Trikot der Neu- und Altreichen. Soweit, so teuer.
Nach Alpen, Pasta und Pizza nun also Dünen, Krabben und Scholle. Apropos Dünen – die höchste Erhebung ist die erhabene, legendäre Düne Uwe. Mit einer Sandprise höher als 52 Meter über NHN. Wusstet ihr eigentlich, dass man auf Sylt am Ellenbogen laufen kann?
Die Sansibar haben wir dieses Mal ignoriert. Unser Ziel am Strand war die Buhne 16 und, logisch Gosch, die nördlichste Fischbude Deutschlands. Hier konnte man den Brand nach der stürmischen Brandung genüsslich löschen. Während man auf sein Essen wartete, konnte man in aller Ruhe die Ideenflut auf den T-Shirts in aller Ruhe auf sich wirken lassen. Die Dienstkleidung des Service-Personals war erfreulich nicht mit dem Moncler-Logo bedruckt, sondern mit allerlei lustigen Texten, wie zum Beispiel: „Ich habe auch nur vier Flossen!“
Während man für wirklich „Kleines Geld“ gut, schmackhaft und sättigend essen kann, wird man bei den Getränken im wahrsten Sinne des Wortes über die Düne gezogen. Nicht nur beim Wein! An MAGNUS kam man einfach nicht vorbei! Ob Gogärtchen, Gosch oder Strandbar, es wurde ausschließlich Magnus offeriert. Dieses allgegenwärtige Allheilwasser war angereichert mit mehreren hundert Prozent Marge. Unter 7,50€ pro Flasche war kein Durst zu erquicken. Es sei denn mit einem Flens. Plopp!
Im zuverlässig täglichen Schichtdienst zerren Ebbe und Flut an dem eigentlichen Reichtum der Insel – dem Strand und Sand. Die Insel wird in den Zyklen sukzessiv Opfer der Erosion, während die Freikörperkulturler ihr Silikon, Botox, ihre Intimfrisuren und Tattoos in die Brandung werfen. Der Plastikmüll in den Weltmeeren nimmt atemberaubend zu. Aus dem Strandkorb 105 (keine Primzahl, da sich die Quersumme durch drei teilen lässt!) war es uns vergönnt das Strandtreiben aus erster Reihe zu studieren. Wendete man sich für ein paar Augenblicke von der Literatur ab, stellte man zwei Trends fest:
- Neopren-Anzüge oder -Hosen waren der Renner. Nicht nur beim Surfen! Wer sich jemals von der Brandung hat peitschen lassen, der weiß warum.
- Im Nachhinein fällt es mir schwer zu verstehen, dass wir als hundeloses Paar den Aufenthalt genehmigt bekommen haben. Wie bei den Porsche bzw. den Moncler-Jäckchen gab es auch hier eine Rangliste zu verzeichnen. Die Labradore absolut konkurrenzlos! Erstaunlich, dass die Dackel repräsentativ stark vertreten waren. Die diversen Schoßhündchen und getunten Ratten lasse ich mangels Abscheulichkeit unerwähnt. Zu erwähnen sind allerdings die Wesen am anderen Ende der Leine. Bemerkenswert ihre offensichtliche Seh-und Hirnschwäche, ihre schier unglaubliche Ignoranz und Selbstherrlichkeit. Obwohl nahezu alle hundert Meter in großen Lettern darauf hingewiesen wurde, dass Hunde immer an der Leine zu führen sind, dass an vielen Stränden sogar gar keine Hunde erlaubt sind, liefen die Vierbeiner frei herum und durften ihre Duftmarken an jede Staude Strandhafer setzen.
In den Flaniermeilen von Westerland, Kampen und Keitum erspähten wir neben den edelsten Edelboutiquen ebensolche für die Dünenpinkler. Hier gab es alles was der Geldbeutel hergab. Von Halsbändern aus Leder von seltenen Amazonas-Süßwasser-Krokodilen, bestickt mit Namen und Blutgruppe aus Kaschmir von freilaufenden Himalaya-Ziegen, über Dental-Pflegesets aus geschmuggeltem Elfenbein bis zu pfotenlosen, aber gesteppten Jäckchen (ausnahmsweise nicht von Moncler! Eine echte Marktlücke!).
Auf Sylt ist eben alles ein wenig anders. Allen Umweltaktivitäten zum Trotz nimmt man seine Longdrinks und Sundowner via Plastik-Röhrchen zu sich. Die Strohhalme hingegen tackert man in großen Mengen schichtweise auf die Dächer! By the way – das war der einzige Textbeitrag am vorletzten eines ansonsten gedankenlosen Strandtages.
Am leider schon letzten Tag hat uns der Blanke Hans noch einmal ordentlich den Marsch geblasen. Die Sylter-Eismanufaktur sollte wandernd aufgesucht werden. Gegen den böigen Wind und durch den Sand und über die Dünen entpuppte sich die an sich famose Idee als echte Herausforderung. Ich habe mir gleich drei Kugeln gegeben, ohne mich von dem Sylter Highprice abschrecken zu lassen. Für 1,70 € / Kugel stand man dann doch gerne gut 20 Minuten an.
Wie auch immer – Sylt ist jeden Cent wert. Wir kommen wieder!
Tja, wer sich in Gefahr begibt…
Da lob ich mir Umbrien, Pizzen und Pasta zum Verlieben und die Preise auch. Keine Moncler-Jäckchen o.ä. Wasser/Kaffee 1€ Wein sehr erschwinglich, und in unsere Einöde verirren sich auch keine Porsches etc, eher rostlaubige 4Radantriebe italienischer und englischer Provenienz. Hasta la vista, wie der Italiener sagt: egal Madrid oder Barcelona, Hauptsache: Italien!!
Aber keine Wellen, keinen Sand im „Getriebe“ keinen Gosch und keinen fangfrischen Dorsch. Wer in der Lage ist sich ein paar Meter am Strand zu bewegen, der findet auch seine Ruhe. Ohne brexiter Unwelt Four-Blue-Motion-Vehikles.
Das Zitat hast du von Lodda. Im Original: Mailand oder Madrid. Hauptsache…
LG nach Unbrien!!!