Kaiser – Kronen, Kaiser – Stuhl und Kaiser – Wetter!
Das Leben ist voller Überraschungen. Nachdem im Spätherbst 2015 die eher zufälligen Grabungen unter der Abdeckung im Kofferraum zum Fund eines historischen Artefaktes führten, traf die nächste Überraschung am 11. August 2016 gegen 09:30 Uhr in Nonnenweier ein. Ohne große Widrigkeiten gelang es dem Bekronten sowohl Anhängerkupplung als auch Fahrradständer nebst Velo fachgerecht und verkehrssicher zu montieren. Diesem Umstand war es auch zu verdanken, dass ER, ewig vor der vereinbarten Zeit, rückwärts in die Hofeinfahrt des Elsnerschen Anwesens rangierte.
An dieser Stelle sein vermerkt, dass wir mit einer Gedenkminute unseres treuen Partners Flak gedachten, der uns im Großen und Ganzen sicher begleitete. Auch wenn seine Vorhersagen nicht gänzlich dem Ideal entsprachen, so war er doch einer von uns! Wahre Freundschaften verzeihen auch Fehler!
Wie sich im Verlaufe der Umzingelung der Sitzgelegenheit des Kaisers noch manifestieren sollte, wich die Vorfreude über den neuen Kollegen GARMIN bereits bei der ersten Bewährungsprobe. Er war eben nicht Falk! Soviel muss an dieser Stelle gesagt werden – ohne hier bereits näher auf die Details einzugehen. Auch möchte ich für den Verlauf weiterer Dokumentationen mögliche Irritationen mit meinem Namen von vorne herein ausschließen. Naheliegend ist die konsequente Abkürzung. Ich werde ihn ab sofort ausschließlich als „G-Punkt“ (weiter reduziert „G.“) benennen. Sollte er sich zukünftig als zuverlässiger Radgeber erweisen, und zur Befriedigung der Begnadeten beitragen, so konnte diese Nomenklatur nicht treffender gewählt werden.
Hinzugesellt hatte sich ebenfalls ein bisher namenloser Kollege, der uns mit allerlei Informationen im Nachhinein versorgte, während bei G. sich die Anforderungen eher nach vorne orientierten. Da er u.a. über den Verbrauch von Kalorien Buch führt, möchte ich ihn spontan „Kalli“ taufen. Das Einverständnis des Gekrönten voraus gesetzt.
Wie bei einer Rundfahrt üblich, befinden sich Start und Ziel in unmittelbarer Nähe. Lediglich die Entscheidung „Wo starten wir?“ galt es zu treffen. Mit dem Wissen, dass sich die Eismanufaktur in Königschaffhausen einen überaus positiven Namen erkühlt hatte, gab es keinerlei Diskussionen über den Beginn der Tour. Lockten doch bereits vor den ersten ernsthaften Tritten in die Pedalen wahrlich ausgezeichnete Köstlichkeiten.
Hätte, Wenn und Aber: Dass unerwartet frühe Aufkreuzen des Gekörnten, die Folge glücklicher Umstände, zogen leider eine Verkettung weiterer denkwürdiger Umstände nach sich. So z.B. das Erreichen der Eismanufaktur vor der offiziellen Öffnungszeit um 11:00Uhr! Enttäuschung macht sich breit. Da es bis Breisach allerdings nur ganze 15Km waren, lag die nächste Labung in nicht allzu weiter Ferne. Auch ohne diverse Kugeln Eis entpuppte sich der Fahrtwind als sehr erfrischend. So erfrischend, dass uns die vorsorglich mitgeführten Jäckchen kuscheliges Wohlfühlen angedeihen ließen.
In flotter Fahrt ging es Breisach entgegen, wo uns unmittelbar an der Stadtgrenze die ersten Fangruppen frenetisch empfingen. Anders als erwartet lag der Altersdurchschnitt signifikant über unseren Jahrgängen. Offensichtlich hatten sie werden Lust noch ein gesteigertes Interesse die olympischen Spiele im TV zu verfolgen. Live ist eben life, und nirgends sonst kann die reale Geschwindigkeit so hautnah empfunden werden, wie auf Armlänge an der Strecke selbst. Im Stadtkern, wo wir die Aufnahme von Cerealien geplant hatten, standen wir einer schier undurchdringlichen Mauer von Rentnern gegenüber. Wir bahnten uns eine Schneise zum Café, das mit einem fruchtigen Buffet auf uns lauerte. Wie sollten wir Kalli davon überzeugen, dass seine bisher gespeicherten Daten mit Nichten denen der Angaben der emsigen Bäckereifachverkäuferin entsprachen. Wir entschuldigten es mit den noch vor uns liegenden fünfzig Kilometern und der Aufstockung auf Kallis Speicherkarte. Die ebenfalls emsigen Bedienungen, deren Wiegen nicht in Breisach schaukelten, sondern in südöstlichen Gefilden, versuchten nicht vergebens uns mit freundlich rollendem R zu einem üppigen Trinkgeld zu animieren. Wir erlagen den Verführungskünsten und stellten ihnen sowohl Kalli, als auch den G. vor. Nach kurzer Überlegung beschlossen wir unsere Notdurft während der Fahrt fachgerecht zu verrichten – immer konsequent in Fahrtrichtung.
Entlang von lustig murmelnden Bächen, wogenden Kornfeldern und be-E-biketen Angebern ließen wir Breisach schnell hinter uns. Erste Unstimmigkeit mit G. und der offiziell perfekt ausgeschilderten Route des kaiserlichen Tourismusverbandes führten überraschend doch auf den gewünschten Weg. Jedenfalls solange die Strecke durch Wasserläufe, Straßen und Häuser automatisch begrenzt waren. Gegen besseres Wissen, also meines, steuerte G. den Weinbergen entgegen. Erste Steilhänge wurden noch mit Bravur erklommen. Nun säumten Reben unseren Weg. Trotz all meiner korrekten Räte, wie es erfahrene Westmänner nun mal beherrschen, bestand der Verfahrensmann auf unkritisches Folgen des G..
Es ist müßig zu erwähnen, dass Schorschi jede Gelegenheit nutzte seine Fingerfertigkeit am G. zu trainieren. Auch Kalli sollte nicht hinten anstehen, und ER überprüfte regelmäßig Kontostand der Kalorien, der zurückgelegten Wegstrecke und des Durchschnittstempos. Dieses sank mit jedem Meter, den wir den Vorschlägen des Laienhaften folgten. Inzwischen fehlten sogar ausreichend kleine Gänge, um den Steigungen Herr zu werden. Was bei den Ritzeln mangelte, war an Kg zu viel. Diese Hangabtriebskraft allerdings erwies sich in den Bergab-Passagen als förderlich, um Geschwindigkeit ohne körperliche Anstrengung aufzunehmen.
Kalli summierte neben Höhenmetern auch Kalorien, was Schorschi umgehend in die beliebte Währung von Eisbollen brillant und fehlerfrei umrechnete. Die Piste wechselte von Asphalt auf Schotter, die Steigung tendierte gen Senkrecht, beherztes Einschreiten meinerseits war die einzige Möglichkeit ein drohendes Debakel abzuwenden. G. hatte die Übersicht nun völlig verloren. Und Kalli war mit anderen Aufgaben rund um die Uhr ausgelastet. Schorschi schaute hilfesuchend zu mir. Geistesgegenwärtig gelang es mir einen betreckerten Kaiserstühler Jungwinzer zu stoppen, um seinen ortskundigen Rat einzuholen. Wie vermutet, das Ziel befand sich in 180 Grad Richtung. Schotterpiste hangabwärts zurück, den G. keines Blickes würdigend erreichten wir nach gerade einmal zwei Kilometern Endingen. Jetzt trennte uns die Winzigkeit von zweitausend lächerlichen Metern von der ausgelobten Eismanufaktur.
In Windeseile waren unsere Stahlrösser geparkt, und Schorschi stürmte auf die Eisauslagen zu. Ich hätte mir diese seine Dynamik in den Bergetappen gewünscht. Ohne auch nur einen müden Blick auf Kalli zu verschwenden, wanderte die Bestellung über den Tresen. Schokolade, Walnuss und Joghurt-Kirsch. Noch bevor ich die zweite Kugel anlöffeln konnte, eilte der Unterkühlte schon wieder Richtung Tresen, um mit weiteren Kugeln Mango, Erdbeer und Weissnichtmehr sein Kompotpurri zu vervollständigen. Sahne wurde mit einer fahrigen Handbewegung abgelehnt. Kalli schlug sinnbildlich die Datenspeicher über dem Display zusammen. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, die letzten Reste Erdbeereis vom Löffel saugend, konnte er Kalli nicht länger ignorieren. Seine klammen Finger huschten zusehends langsamer über Tastatur. Doch die Daten ließen das Grinsen noch breiter werden! 6.430 Kalorien – da konnten selbst die 6 Kugeln feinstes Eis kein Wässerchen trüben.
Unaufgeregt entlockte der Herrscher über Nullen und Einser an seinem Handgelenk weitere bemerkenswerte Tatsachen aus Kallis digitalem Datenspeicher: Sechzig Kilometer in viereinhalb Stunden – abzüglich dreißig Minuten Pause entspricht einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 16,3 Km/h. Immerhin, bei der Steilheit der Rebetappen…! Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass die Hangabtriebskraft uns zu einer Höchstgeschwindigkeit von 48,6 Km/h katapultierte. Was will man mehr?
Schreibe einen Kommentar