scharfsinnig - unsinnig - kurzweilig

M-ein Nach-Ruf

Ihr müsst schon entschuldigen, dass mein Nach-Ruf erst jetzt erscheint. Aber, ich hatte echt keine Zeit! Ich war gefesselt vor dem Fernsehen, um stundenlang live auf den Transport der Verstorbenen und den andächtig folgenden Trauerumzug zu starren. Zu meiner Schande muss ich gestehen – ich war zwischendurch zweimal pinkeln. Zurück auf dem Sofa stellte ich dann mit Erstaunen fest: ich hatte nichts, aber auch gar nichts verpasst! Theoretisch hätte ich auch Einkaufen gehen können oder Joggen oder Rasenmähen.

Meine Hochachtung gilt den Moderatoren, die mit gedämpfter Stimme Historisches kundtaten, familiäre Zusammenhänge zerpflückten, Wohltaten zelebrierten und Missetaten geißelten. Reporter Vorort interviewten andächtig immer wieder Trauernde, vor wieviel Tagen sie bereits angereist waren und wie ihre weitere Lebensplanung aussieht. Jetzt, wo Lisbett tatsächlich nicht mehr ist. Ich muss gestehen, auch ich hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt einmal das Zeitliche segnet.

Nahezu alle Sender zelebrierten in epischer Länge die pausenlosen Wartezeiten zwischen nichts und gar nichts. Kaum war man in einen tranceähnlichen Dämmerzustand abgedriftet, erschienen neue Königshausexperten aus den Gruften und Kerkern der Adelssitze, um Unwissenswertes aus Schlössern und Burgen (Castles) zu berichten. Wovon leben diese Heerscharen von erlauchten Berichterstattern der Wohlgeborenen zukünftig? Und warum sprechen sie mit derart zurückhaltender Stimme, wie es sonst nur bei Liveübertragungen von Dressur-Reitveranstaltungen üblich ist, um die Pferde nicht zu erschrecken? Als ob die Fernsehen sehen würden! Nicht nur diese Frage ist bis Dato ungeklärt. Ebenso das Mysterium, ob für Notfälle, also Krankheiten, Unfälle oder Attentate, auch ausreichend blaues Blut für den Adel in Konserven gelagert wird. Und, fällt die Küchenschlacht, sowie Bares für Rares schon wieder aus? Oder, um wieviel Prozent schmälert sich das Bruttosozialprodukt, durch die körperliche und geistige Abwesenheit am Arbeitsplatz, bis das Senden der kilometerlangen Kondolenz-schlange abgeschritten ist?

Nun, es ist ja auch noch lange nicht das ersehnte Ende der Halbmastfahnenstange. Auf uns wartet noch die Beerdigung selbst. Millionen Neugierige können es kaum erwarten: was trägt Kate heute für einen Hut und von welchem Schöpfer ist denn das Kleid? Schwarz steht ihr gut.

So, muss noch schnell ein paar Tütchen Chips kaufen, um für die Stunden der royalen Beisetzung vorbereitet zu sein. God shave the King!

10 Kommentare

  1. Eva

    Hab ich heute in der taz gelesen: „Haben die Briten noch alle Teetassen im Schrank?“

    • Armin

      Treffender kann man es wohl nicht auf den Punkt bringen.
      Ich weiss noch gar nicht, was ich morgen machen soll!
      LG!

  2. Eva Werer

    Gerne gelesen, gut gelacht.
    Was kümmert uns eigentlich die Queen?
    Ich glaube, die Deutschen hätten gerne ihre Monarchie wieder.

    • Armin

      Liebe Eva, „Wir wollen unseren Kaiser Wilhelm wieder ham!“
      Der anderen Kaiser, die Zwielichtestalt aus München, ist ja nun auch nicht gerade verehrungswürdig!
      Und Olaf der Erste? Dann doch lieber Sissi!

  3. Jürgen Kopp

    Sehr treffender Kondolenz Bericht. Wir haben uns köstlich amüsiert und warten gespannt auf deinen Bericht über die Beerdigung.
    Auch wir haben uns schon mit Chips, Salzstangen und Wein eingedeckt.
    Grüße aus Kippenheim

    • Armin

      Good morning Kippenheim!
      You`ll never walk / wait alone!
      Aber bitte nicht zuviel Wein-en!!!

  4. Hans2

    Lieber Armin ,

    um es mit den Worten von Elizabeth II zu sagen :
    „Never complain, never explain“

    RIP
    Hans II

    • Armin

      Moin Hans2!
      You`ll never walk / wait alone!

      • Hans2

        Griaß di Armin ….habe die Ehre !

        „keep calm and carry on“

        Pfüat di
        Hans2

        • Armin

          Wie sagt der Ostwestfale: “ Wat mut dat mut!
          Und der Rheinländer: „Et hät noch ever gut jegan“
          So far, so well! Gell!
          Armin1

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