„Jeder Zoll ein König“ wusste schon William Shakespeare in der Tragödie „König Lear“ zu formulieren. Ahnte der Brite bereits, was sich in diesen Jahren in den Neubaugebieten dieser unserer Republik ansiedeln würde?

Der Zaunkönig ist der drittkleinste Vogel in Europa! Ja, da staunt ihr! Und sicher werdet ihr euch fragen: „Was hat das Ganze mit Shakespeare und Neubaugebieten zu tun?“ Nun, die Frage ist legitim! Und ich will sie mal so beantworten. Eigentlich nichts. Aber, es dient mir als Metapher für ein leidiges Thema zunehmender und fortwährender optischer Beleidigungen. Einerseits findet man in Neubaugebieten nur noch Parzellen, die, wenn ein neues Wohnklo mit Kochnische jungen Familien eine Heimstätte bietet, kaum noch ausreichend Platz, um selbst den Winzlingen, den Zaunkönige, ein angemessenes Territorium zu bieten. Und das ist eben dann die Tragödie. Oder etwa nicht? Ich sage nur „Artenvielfalt!“

Andererseits irritiert die Gattungsbezeichnung „Zaunkönig“. Er, der Winzling, lebt ja nun einmal nicht im oder am Zaun! Sondern lieber im Gebüsch. Und in Ermangelung solcher, lebt er eben woanders. Also nicht in Neubaugebieten. Und warum mangelt es an Gebüschen? Richtig, weil sich vorzugsweise in Neubaugebieten die jungen Familien statt mit Gebüsch, mit Zäunen einmauern. Weil sie derart aufeinander hocken, dass sie auf ihrer Scholle einen Sichtschutz für dringend nötig erachten, damit der Nachbar ihnen nicht die Butter vom Brot nimmt. So, und derart verkastelt gibt es in diesen Mini-Reichen eben jede Menge Zaun-Könige. Das ist dann die nächste Tragödie! Ist damit eure Frage hinreichend geklärt? Eben!

Nun komme ich noch zu den Zäunen selbst. Also auch keine Artenvielfalt im herkömmlichen Sinne. Nein! Bundesdeutscher Einheitszaun! Stahlgittergeflächte, mit geflochtenen Plastikstreifenbändern wahlweise in schwarz, weiß oder auch in gräulichen Schattierungen. Dazwischen unterbrechen hier und da Gabionen, gefüllt mit eintönigen Schottersteinen, die tristen Palisaden. Was nicht zwingend zur optischen Verbesserung beiträgt! Die Bauherren strafen sich dabei übrigens selber. Von innen sehen diese Verhaue nämlich genauso bescheuert aus, wie von außen. Da bleibt mir nur zu schreiben: „Hier bin ich Mensch. Hier darf ich`s sein!“ Diesen Konter von J.W.v.Goethe musste ich jetzt doch noch gegen den Briten zu Beginn schreiben. Bitte schön!